Nachdem wir auf der Gamescom 2013 bereits eine Preview anspielen konnten, haben wir uns die Retail-Fassung von Air Conflicts: Vietnam geschnappt. Wie sich der neue Ableger schlägt, erfahrt ihr in unserem Test.
Im dritten Teil der Air Conflicts-Reihe erlebt ihr die Geschichte von Joe Thompson, einem Piloten der US Air Force während des Vietnamkriegs 1962. Der Grund: Ein Konflikt, der bereits 20 Jahre zuvor begann und sich allmählich zuspitzt. Der kommunistische Norden kämpft in einem erbitterten Bürgerkrieg gegen den antikommunistischen Süden. Die USA befinden sich im kalten Krieg mit der Sowjetunion und unterstützen Südvietnam im Kampf gegen die Vietcong-Truppen.
Ob eine gute Story für eine Arcade-Flugkampfsimulation überhaupt notwendig ist, muss jeder für sich entscheiden. Damalige Spiele wie After Burner oder G-LOC haben gezeigt, dass man auch ohne eine wirkliche Story zum Ziel kommt. Titel der Ace Combat oder H.A.W.X.-Reihe bauen jedoch auf fiktiven Storys auf und setzen diese im Spiel auch gut und glaubwürdig um. Ich persönlich brauche keine gute Story in diesem Genre, aber wenn man schon eine Geschichte einbaut, sollte meiner Meinung nach alles Hand und Fuß haben. Hier kommen wir zum eigentlichen Knackpunkt von Air Conflicts: Vietnam. So schön sich die Story auch anhört, fühlt man im eigentlichen Gameplay nicht wirklich viel davon. In der Kampagne wird euch vor jeder Mission ein vorgerendertes Video präsentiert, das entweder die aktuelle Aufgabe zeigt, oder was in der Geschichte des Vietnam-Konflikts gerade passiert. Um die Geschichte um Joe Thompson etwas glaubwürdiger zu gestalten, haben die Entwickler auch private Brief-Konversationen zwischen den Familienmitgliedern eingebaut und die Dramatik so etwas vertieft. Warum die Story und das Gameplay dennoch nicht harmonieren, werde ich euch im späteren Verlauf erläutern.
Schwache Videos aber schicke Flugzeuge
Bereits nach dem Start von Air Conflicts: Vietnam, wird euch ein sehr pixeliges sowie ruckeliges Intro in sehr niedriger Auflösung präsentiert. Das diese Qualität im späteren Verlauf auf nahezu allen Videos fortgeführt wird, ahnt man in diesem Moment noch nicht. Hier wäre es meiner Meinung nach besser gewesen, auf eine andere Form der Erzählung auszuweichen, wie z. B. hochauflösende Bilder mit Untertiteln. Für fertig vorgerenderte Videos, ist dieses Videomaterial schlicht zu schwach.
Ganz anders hingegen, sieht es bei den Flugzeugen aus. Obwohl manche Modelle schwache Texturen aufweisen, sehen diese insgesamt wirklich schön und wahrheitsgemäß aus. Auch das ein oder andere Detail lässt sich erkennen, besonders wenn man sein Vehikel in einem 360°-Blick bestaunt, was im Flugzeug-Auswahlmenü möglich ist. Ebenfalls die Animationen der Flugzeuge sind sehr anschaulich, wenn auch beim Abschuss mancher Raketen (z. B. Hydras) nur eine grelle Leuchtkugel zu sehen ist und keine Spur vom eigentlichen Projektil. Dies ist aber weniger tragisch, da wir hier ein Arcade-Game vor uns haben. Das Gameplay läuft sehr locker von der Hand und auch Neuankömmlinge dieses Genres sind nach wenigen Runden mit der Steuerung vertraut. Dabei könnt ihr frei wählen, ob ihr das Spiel lieber mit Maus sowie Tastatur, einem Gamepad oder Joystick spielt. In meinem Fall habe ich mich für die Steuerung mit einem Xbox 360 Wired Controller entschieden, zumal das Spiel offiziell auch für die Konsolen verfügbar ist. Speziell dazu gibt es im Optionsmenü die Auswahlmöglichkeit eines Xbox 360 Controllers, wonach sich das Spiel samt Menü komplett über das Joypad steuern lässt.
Recht simples aber effektives Gameplay
Ganz am Anfang der ersten Kampagnen-Mission, werdet ihr in die Steuerung eures Flugzeugs eingewiesen und erhaltet so sehr schnell einen Eindruck zum Flugverhalten des Vehikels. Das Flugzeug fliegt mit einer Standardgeschwindigkeit und ihr könnt mit jeweils einem Button abbremsen oder den Nachbrenner dazu schalten. Die Richtung gebt ihr lediglich mit dem linken Analogstick vor. Um Feindfeuer auszuweichen, könnt ihr per Schultertaste eine Rolle nach links oder rechts vollziehen. Alternativ könnt ihr durch drücken beider Schultertasten einen Looping durchführen, was aber auch mit der normalen Steuerung möglich ist. Sofern euer Flugzeug mit Raketen bzw. Bomben ausgestattet ist, könnt ihr die Bewaffnungstypen per Steuerkreuz auswählen und mittels linkem Trigger-Button abfeuern. Bei einer Bombe solltet ihr per Tastendruck auf dem linken Analogstick zunächst in den Bomben-Zielmodus wechseln um eure Bodenziele zu erfassen und bei Raketen fliegt ihr einfach bis zur passenden Entfernung an euren Gegner heran, wonach die Zielerfassung aktiv wird, wenn ihr das Ziel mittig im HUD-Display haltet. Die Bordkanone ist hingegen immer verfügbar und wird bei Bedarf über den rechten Trigger-Button ausgelöst. Abwehrmaßnahmen in Form von „Flares“ werft ihr ebenfalls über einen Button ab um die feindlichen Raketen abzulenken.
Ihr werdet in der Kampagne auch auf Hubschrauber treffen, die sich etwas anders steuern. Die Änderungen sind aber nur minimal, denn die Buttons für das „abbremsen“ und den „Nachbrenner“ werden hier zu „runter“ und „rauf“. Auch bei der Richtung geht ihr bei Helis anders vor, denn während ihr mit dem linken Analogstick euren Helikopter kippt und rollt, müsst ihr mit dem rechten Analogstick beschleunigen und abbremsen. Zusätzlich könnt ihr ebenfalls mit dem rechten Analogstick seitwärts fliegen.
Es gibt insgesamt 15 Flugzeuge sowie 6 Helikopter, die sich fast gleich steuern und nur in ihrer Trägheit unterscheiden. Sprich, Bomber steuern sich natürlich nicht so fix wie Kampfflugzeuge und Transport-Helikopter nicht wie Kampfhubschrauber, aber ansonsten gibt es im Handling keinen wirklichen Unterschied.
Unüberraschendes Missionsdesign mit schwacher Umgebung
Habt ihr euch nun zu Beginn der Kampagne mit eurem Flugzeug vertraut gemacht, dürft ihr auch schon in die erste richtige Mission einsteigen und einige Bodenziele bombardieren. So, oder so ähnlich laufen auch alle zukünftigen Missionen in Air Conflicts: Vietnam ab, was ich bei einer Acarde-Flugsimulation im Vorfeld schon erwartet hatte. Eure Aufträge beschränken sich, bis auf wenige Ausnahmen, stets darauf zu einem Wegpunkt zu fliegen um dort Bodenziele in pixeligen Wäldern und auf künstlich aussehendem Wasser zu zerstören oder feindliche Flugzeuge vom wolkenreichen Himmel zu holen. Belohnt werdet ihr dabei mit schönen und dichten Rauch-Effekten sowie netten Explosionen am Himmel. Nette Wetterwechsel von Sonne und Regen gibt es in einigen Missionen ebenfalls zu bestaunen. Gelegentlich dürft ihr einen Transport-Hubschrauber voller Soldaten in ein feindliches Gebiet bringen und absetzen, damit diese z. B. Dörfer einnehmen. Zuvor schaltet ihr jedoch mit einem anderen Kampfhubschrauber Bodenziele aus, um nicht direkt ein Opfer der Flugabwehrmaßnahmen zu werden. Hierbei wird oft das strikt geskriptete Missionsdesign spürbar, denn obwohl ihr die Route bis zum Ziel mit eurem Kampf-Heli abfliegt und alle feindlichen Truppen auf dem Boden eliminiert, kommt es nicht zu selten vor, dass plötzlich ganze Flak-Stellungen auftauchen, die man mit Sicherheit gesehen hätte. RPG-Soldaten mal ausgenommen, da diese sich natürlich in den Wäldern verstecken könnten. Ansonsten gibt es auch sehr haarige Missionen, die einem unüberwindbar vorkommen und für Frust sorgen. Ein gutes Beispiel: Ihr sollt einen Bomber sicher nach Hause eskortieren und werdet dabei von vier MIG’s angegriffen, die noch ca. 4km entfernt sind. Mit drei eigenen Jägern, die jeweils mit acht Sidewinder-Raketen sowie einer großzügigen Bordkanone bestückt sind, stehen die Chancen dafür eigentlich ganz gut, wenn sich die eigene KI dementsprechend verhalten würde. Doch es kommt anders. Während ihr euch auf Abfangkurs begebt, könnt ihr euch recht schnell hinter einem der schnellen Gegner hängen und diesen unter Beschuss nehmen. Die erste Rakete wird abgewehrt und die Gruppe löst sich paarweise auf, während eine Gruppe direkt in Richtung Bomber unterwegs ist. Folglich fliegen schon die ersten Raketen auf den Bomber zu, die auch ihr Ziel nicht verfehlen. Mit großer Mühe eilt ihr auf das Paar zu, um dieses davon ab zu bringen das Ziel weiter unter Feuer zu nehmen. Doch die ersten beiden Raketen der anderen Gruppe nähern sich und schlagen ein. Der Bomber ist zerstört, die Mission gescheitert und ihr fangt noch einmal an.
Nach einigen Versuchen und verschiedenen Strategien hat es dann doch noch geklappt. Aber leider ohne die Hilfe der eigenen KI-Kollegen. Während ihr euch mit vollem Einsatz in den Kampf begeben habt, haben eure Kameraden einen Kaffeeflug unternommen und keine einzige Rakete verschossen. Dies wird sehr deutlich, wenn man in die verschiedenen Flugzeuge shifted (wechselt). An dieser Stelle greife ich gleichzeitig den anfangs erwähnten Knackpunkt zwischen Story und Gameplay auf. Die Möglichkeit andere Vehikel zu kontrollieren, bringt etwas mehr Dynamik in das Gameplay hinein und lässt euch den Missionsverlauf nach eurer Vorstellung gestalten. Im Umkehrschluss verliert die Story um Joe Thompson jedoch an Bedeutung, denn wenn man eine Mission auch in einem anderen Flugzeug samt anderen Piloten bewältigt, verliert man dieses Gefühl „der eine“ zu sein.
Abseits dessen gibt es auch kleine Passagen, in denen ihr als Schütze an einem Maschinengewehr in Moorhuhn-Manier auf virtuelle Koreaner sowie andere Bodenziele ballert. Alternativ könnt ihr auch Granaten einsetzen, deren Wurfanimation ebenso fragwürdig wie die Bewegungsanimation der gegnerischen Soldaten ist. Wurde einer eurer Flügelmänner während der Mission abgeschossen, könnt ihr vor Antritt der nächsten Aufgabe eine Bergungsmission starten. Der Ablauf ist auch hier in der Regel gleich, so dass ihr mit einem Transport-Hubschrauber und einem Kampfhubschrauber als Geleitschutz in die Rettung startet. Dabei kommen zuerst ein oder zwei feindliche Helikopter, die ihr zunächst vom Himmel holt, bevor ihr euch um die Bodenziele in der Nähe der Rettungszone kümmert. Erst dann, sollte der Transport-Heli zur schnellen Landung ansetzen, da euch für solch eine Bergungsmission nur ein schmales Zeitfenster offen steht. Da die KI-Kollegen einen Abschuss scheinbar jedes mal überleben, kommt so eine Bergungsmission oft vor. Glücklicherweise könnt ihr diese Art von Missionen auch überspringen, was keine Konsequenzen nach sich zieht, außer das eurer neuer KI-Kollege einen anderen Namen trägt.
Guter Sound mit „passender“ Musik
Während euren Flug-Sessions, dürft ihr euch über teils gute Soundeffekte freuen, die sicher keine neuen Maßstäbe setzen, jedoch in meinen Augen insgesamt stimmig sind. Der kernige Klang des Nachbrenners gefällt mir persönlich am Besten. Für die musikalische Untermalung sorgt rockige Musik, die ich persönlich in die Kategorie „Oldies“ einsortieren würde und für mich deaktiviert habe, da ich sie einfach nicht passend finde. Das ist aber mehr eine eigene Entscheidung, denn es mag sein, dass die US-Soldaten früher so eine Musik gehört haben, zumal mir das in diversen Kriegsfilmen auch aufgefallen ist.
Fazit
Als ich die Preview von Air Conflicts: Vietnam auf der diesjährigen Gamescom kurz anspielen durfte, fand ich den Titel schnuckelig. Ich war mir sicher, dass es kein Blockbuster werden würde, aber da das Arcade-FlightSim-Genre noch einige Titel vertragen könnte, hatte ich mir einen soliden Titel für Zwischendurch gewünscht. Das Endprodukt weißt jedoch einige Knackpunkte auf, über die man teilweise nicht hinwegsehen kann. Die Grafik des gesamten Terrains, die zum Teil schlechten Animationen und das unspektakuläre Missionsdesign sind nur einige Punkte, die dem Langzeitspaß im Wege stehen. Der Gedanke eine Story zu integrieren ist prinzipiell eine gute Idee, die jedoch nicht konsequent genug umgesetzt wurde. Wer ein Spiel mit sehr einfachem Gameplay, netten Flugzeumodellen sowie Soundeffekten für den kleinen Spaß in Erwägung zieht und vielleicht sogar noch neu in diesem Gerne ist, könnte gefallen an diesem Titel finden. Für alle anderen, die speziell ein Spiel a la H.A.W.X. oder Ace Combat erwarten, ist Air Conflicts: Vietnam nicht die richtige Wahl.