Im März 2014 wurde es ziemlich heiß auf den digitalen Schlachtfeldern und Entwickler Respawn Entertainment traf mit Titanfall buchstäblich den Nagel auf dem Kopf! Die Grundidee war zwar nicht völlig neu, da EAs Battlefield 2142 bereits einige Jahre zuvor mit einem ähnlichen Konzept aufwartete, jedoch war Respawns Umsetzung um Längen besser und durchdachter. Jetzt ist mit Titanfall 2 der unmittelbare Nachfolger da und soll mit mehr Titan-Klassen sowie einer Singleplayer-Kampagne noch Mal frischen Wind in die Sache bringen. Ob dies geglückt ist, verrate ich euch mit diesem Test der Xbox One-Version.
Der größte Kritikpunkt in Titanfall galt der fehlenden Singleplayer-Kampagne. Respawn Entertainment legte den Fokus des Titels aus Kostengründen rein auf den Multiplayer, da die Ressourcen und Kapazitäten einfach nicht vorhanden waren. Es gab zwar den Versuch eine Geschichte in Multiplayer-Missionen zu erzählen, jedoch wirkte dies nicht nur fehl am Platz, sondern fühlte sich auch so an. Mit Titanfall 2 erhält nun eine waschechte Singleplayer-Kampagne Einzug, in der ihr die turbulente Entwicklung von Jack Cooper, einem einfachen Schützen der Miliz, hautnah erlebt. In ein neues Universum einzutauchen fällt deutlich leichter, wenn einem dieses erzählerisch präsentiert wird. Üblicherweise nutzt man hierzu eine Kampagne und wenn diese nicht vorhanden ist, geht für meinen Geschmack bspw. der Bezug zu Klassen, Rassen oder Charakteren schlichtweg verloren. Vielleicht sogar soweit, dass man das Spiel bereits nach kurzer Zeit in ein staubiges Regal legt. Für diejenigen unter euch, die den Vorgänger gar nicht gespielt haben gibt es eine gute Nachricht: Um die Handlung in Titanfall 2 nachvollziehen zu können, muss man den Vorgänger gar nicht kennen! Sämtliche Charakter sowie Titan-Klassen sind neu und erstmalig vertreten. Einzig Captain Lastimosa kam zumindest namentlich im Vorgänger vor, jedoch ist sein Auftritt im aktuellen Teil nicht von langer Dauer. Wie gut die erste Titanfall-Kampagne ist klären wir nun – ohne wesentliche Spoiler! 😉
Auf einem Schiff der Miliz absolviert ihr in der Haut von Jack Cooper gerade ein paar Trainingsrunden im Simulator als plötzlich ein Alarm ertönt. Die feindlichen Truppen der IMC greifen gemeinsam mit den APEX Predators die Frontlinie der Miliz auf dem Planeten Typhon an und alle verfügbaren Truppen werden zur Verteidigung abkommandiert! Daher geht es für euch direkt aus dem Simulator ab in eine Transportkapsel, um auf dem schnellsten Wege Unterstützung zu leisten. Kaum angekommen geht es auch schon richtig zur Sache und nachdem ihr ein paar Predators auf dem Gewissen hattet, werdet ihr durch die Wucht eines unmittelbar vor euch aufprallenden Titans der IMC zurückgeworfen. Völlig benommen und fast Regungslos müsst ihr mit ansehen, wie der gegnerische Titan zwei verbündete Miliz-Soldaten ausschaltet und auf euch zukommt. In letzter Sekunde eilt euch Captain Lastimosa in seinem Titan BT-7274 zur Hilfe und heizt dem Gegner gewaltig ein, doch ein weiterer Titan der Ronin-Klasse nutzt die Gunst der Stunde um sein Schwert von hinten in Lastimosas Titan zu rammen. Kurz darauf werdet ihr für eine kurze Zeit Ohnmächtig und seht zwei Gestalten auf die ihr im späteren Spielverlauf noch einmal treffen werdet. Noch völlig angeschlagen von den Ereignissen brecht ihr erneut zusammen.
Zugegeben, es liest sich fast so als hätte ich euch das halbe Spiel verraten, aber all die Dinge haben sich in den ersten 3-5 Minuten des Spiels ereignet und damit übertreibe ich wirklich nicht. 😉 Wie ihr vielleicht bemerkt habt, geht es mit recht schnellem Tempo zur Sache. Ohne viel Umschweife voran zu kommen mag dem ein oder anderen sicher gefallen, hat jedoch zur Folge, dass ihr in der Regel bereits nach 4-6 Stunden den Abspann der Kampagne zu sehen bekommt. Ich hätte mir persönlich einen etwas seichteren Einstieg gewünscht um mehr Bindung zu Jack aufbauen zu können. Der Weg von der Grundausbildung bis hin zum Schützen, der darauf hinarbeitet ein Titan-Pilot zu werden und eines Tages völlig unverhofft den Titan seines Mentors auf tragischer Weise zugesprochen bekommt, hätte je nach Umsetzung durchaus spannend werden können. Der Rest in Bezug auf euch und eurem Titan ist Respawn absolut gelungen, denn das Zusammenspiel zwischen Jack und BT-7274 harmonisiert überaus gut.
Meine anfängliche Skepsis zum Missions- bzw. Level Design wurde glücklicherweise nicht bestätigt und so bietet euch Titanfall 2 Abwechslungsreiche Passagen sowohl mit als auch ohne Titan. Etwas Schade ist nur die Tatsache, dass die Kampagne nicht durchgängig verläuft. Soll heißen: Anstatt euch nach Ende eines Kapitels ohne Pause mit einer Zwischensequenz auf das nächste einzuleiten, wird euch stattdessen ein Ladescreen in Form eines Standbilds gezeigt, der einen kurzen Text zur aktuellen Situation beinhaltet. Dieses „Cut & Go“-Prinzip ist leicht Altbacken und reißt mich persönlich aus der Story raus. Für ein nächstes mögliches Titanfall wünsche ich mir in dieser Hinsicht etwas mehr Liebe. Wenn BT mal nicht in der Nähe ist, hält dieser oft Funkkontakt mit euch und ihr dürft sogar stets aus zwei wählbaren Antworten bzw. Kommentaren darauf reagieren. Auch wenn die eine Antwortmöglichkeit sehr Selbstbewusst klingt und die andere eher Zurückhaltend, hat eure Auswahl keinerlei Einfluss auf das Spielgeschehen. Dafür ist zumindest ab und zu mal für einen Schmunzler gesorgt, wenn ihr bspw. BT im Dialog die Frage stellt, ob ihr nach einer Aktion noch am Leben bleibt und dieser trocken aber durchaus logisch antwortet, dass eure Chance bei gut 60% liegt. 🙂 Im Laufe der Kampagne werdet ihr auf einige Boss-Gegner stoßen, die im Vergleich zur AI in „normalen“ Titans unwesentlich schwerer zu knacken sind. Schließlich kann BT-7274 instant auf alle Titan-Loadouts zurückgreifen, die im Laufe der Kampagne gesammelt werden und sich somit theoretisch jeder Situation anpassen. Ich persönlich empfinde die Bosse nicht als Bereicherung und wären sie in der Kampagne gar nicht vorhanden, würde ich sie nicht vermissen. Immerhin wird um einen besiegten Boss kein großes Palaver gemacht und ihr setzt die Mission lässig fort. Solltet ihr selbst doch mal sterben, werdet ihr euch sicher über schnelle Respawns freuen, denn binnen weniger Sekunden geht es direkt wieder zurück ins geschehen. Für den Ausgang der Kampagne gibt nur ein mögliches Ende und ich war schon ein wenig Traurig, als das Abenteuer um Jack und BT sein Ende gefunden hatte. Für mich war die Kampagne nüchtern betrachtet zwar nicht Bahnbrechend, jedoch hatte ich wirklich meinen Spaß gehabt und durfte tolle Momente erleben. Noch einmal würde ich sie vermutlich aber nicht spielen wollen.
Falls ihr euch wundert warum ich der Kampagne so viele Worte gewidmet habe liegt es einerseits daran, dass der Singleplayer erstmalig ein hauch mehr Fokus erhalten hat. Andererseits muss man einfach auch kurz und bündig sagen, dass sich der Multiplayer von Titanfall 2 unwesentlich vom Vorgänger unterscheidet. Das klingt im ersten Moment schon hart wobei es ja nicht automatisches etwas schlechtes bedeuten muss, aber würde mir jemand die einfache Frage stellen, was der Nachfolger hinsichtlich des Multiplayers großartig anders macht wie sein Vorgänger, müsste ich schon länger überlegen. Es sind vielmehr die kleinen Dinge an die Respawn gefeilt hat, so dass sich einige Verbesserungen ergeben haben und kritische Aspekte aus dem ersten Teil (Stichwort: „Smart Pistol“) eliminiert wurden. Während man bei Titanfall z. B. noch ein nettes Auto Aiming-Spielzeug als Zweit-Waffe dauerhaft mit sich herumtragen durfte, ist die „Smart Pistol“ beim Nachfolger nur als kurzeitiger Boost-Bonus verfügbar. Das Boost-System dient als Ablösung der „Burning-Cards“ aus dem Vorgänger und gibt euch die Möglichkeit bestimmte Skills für einen begrenzten Zeitraum einzusetzen, die euch taktische Vorteile bringen können. Im Gegensatz zu den Burning-Cards können Boosts gleich mehrfach angewendet werden, sofern ihr stets für einen vollen Ladestand sorgt. Diesen erreicht ihr durch solide Hilfestellung zum Erreichen des Teamziels oder durch töten von Grunts, die im Übrigen wieder zahlreich vertreten sind.
Der „Grappling Hook“ ist vermutlich die Inventar-Neuerung schlechthin, denn dieses Werkzeug hat es wirklich in sich und kann offensiv sowie defensiv eingesetzt werden. Falls ihr dachtet gezielte Walljumps gefolgt von Wallruns würden euch schnelle Bewegungen erlauben, dann wartet mal bis ihr diese noch mit dem Hook kombiniert. Sich schnell zu Objekten oder Oberflächen auf kurzer bzw. langer Distanz hinzubewegen ist das eine, aber mit etwas Training und Geschick lassen sich Gegner auch wunderbar zu sich heranziehen. Folglich fehlt dann abschließend nur noch ein direkter Tritt in der Luft und der wohlmöglich überraschte Feind ist Geschichte. Wer das Tempo von Titanfall bereits mochte, wird auch das Gameplay des direkten Nachfolgers lieben und für mein Empfinden ist alles sogar noch eine Nuance rasanter geworden. Mit insgesamt zwölf Spielmodi ist das Multiplayer-Repertoire gegenüber dem Vorgänger um sieben weitere gewachsen. Mit dabei sind neben bekannten Varianten wie „Attrition“, „Capture The Flag“, „Pilots Vs. Pilots“ oder „Last Titan Standing“ aber auch neue Modis wie „Bounty Hunt“ und „Amped Hardpoint“. Gut, letzteres fand sich auch im Vorgänger wieder, jedoch wurde der Modus leicht modifiziert. Neben dem einnehmen und halten der drei Punkte können diese nun noch zusätzlich verstärkt werden. Dies bringt doppelte Punkte und führt zu einem schnelleren Sieg, wenn man solide im Team zusammenarbeitet. Mit „Bounty Hunt“ steht Abwechslung auf der Tagesordnung, denn in diesem spaßigen Modus müsst ihr zufällige Aufträge erledigen und so Titans oder andere Gegenspieler beseitigen, auf die ein sattes Kopfgeld ausgesetzt ist. Alternativ könnt ihr so richtig abgezockt sein und euch das bereits gesammelte Kopfgeld eines Gegners stibitzen, der quasi für euch die Drecksarbeit gemacht hat. Egal für welche Option ihr euch entscheidet, solltet ihr die Beute auf dem schnellsten Wege zur Bank bringen. Am besten bevor andere Spieler Jagd auf euch machen, denn am Ende gewinnt nunmal das Team, welches am meisten Cash gemacht hat. Für alle Team-Gamer ist euch ein nettes Feature an Bord, denn in Titanfall 2 könnt ihr euch erstmalig bestimmten Netzwerken anschließen oder selbst eröffnen. Somit könnt ihr stets Matches mit Spielern, Freunden und Kollegen bestreiten ohne Gefahr zu laufen, ständig irgendwo hineingewürfelt zu werden. Auch könnt ihr als Admin der Gruppe definieren, wann z. B. die Happy Hour stattfindet und besonders viel XP für alle zu holen ist.
Wer den Vorgänger gespielt hat wird keinen der sechs Titans wiedererkennen, denn alle Stahlboliden haben ein Rework erhalten. Gleiches gilt auch für die Bewaffnung, die bis auf sehr wenige Ausnahmen komplett neu ausfällt aber auf Vortex-Schilde und zielsuchende Raketen müsst ihr hingegen nicht verzichten. Falls es einmal dunkel über euch wird, könnte ein fliegender Koloss über euch sein, denn mit Northstar ist erstmalig ein Titan vorhanden, der in der Lage ist einen kurzen Schwebeflug hinzulegen. Auch vor Schwertangriffen eines Ronins sollte man sich möglichst fernhalten, da dieser keinen unwesentlichen Schaden an eurem Titan anrichten kann. Ebenfalls imposant und Kraftvoll fallen dieses mal die Angriffe bei überladenen Kernen aus, denn im passenden Moment eingesetzt könnt ihr gleich mehrere feindliche Titans ins Jenseits befördern.
Titanfall 2 ist seit dem 28. Oktober 2016 für PC, PlayStation 4 und Xbox One erhältlich.