Test

Test: It Takes Two

Nur zusammen ist man stark

Erst Ende April – ein Monat nach Veröffentlichung – hat das knuddelige Koop-Spiel It Takes Two des schwedischen Entwicklers Hazelight Studios, das schon 2018 mit dem Titel A Way Out auf sich aufmerksam machte, mit über einer Million verkauften Einheiten den Hit der ersten Hälfte des Jahres 2021 gelandet. Kritiken und Spieler*innenbewertungen überschlagen sich vor Lob, doch ist das Spiel wirklich so großartig wie alle meinen?

In aller Munde

Allein mit der exklusiven Ausrichtung auf den Koop-Modus sticht It Takes Two bereits aus der Masse der Computer- und Videospieltitel heraus. Das Mantra des Weiter- und Wiederspielwerts führt in vielen Spielen zu einer Vielzahl verschiedener Modi, um möglichst alle denkbaren Spieleoptionen abzudecken und Spieler*innen längerfristig an sich zu binden. Doch gerade auf den Wiederspielwert kam es dem Gründer und Creative Director Josef Fares in It Takes Two nicht an, sondern vor allem auf die gemeinsame Erfahrung und Unterhaltung beim Spielen. Der anhaltende Erfolg der beiden Spiele aus der Feder Josef Fares sowie anderer erfolgreicher Koop-Titel wie Portal 2 haben gezeigt, dass dies auch durchaus gut beim Publikum ankommt.

It Takes Two erwartet einen mit einer ergreifenden Story, die ein schwieriges aber auch alltägliches Problem anspricht, und paart diese mit kreativen Umgebungen und teilweise irrwitzigen Ideen in ansprechender Grafik und wunderbarer Synchronisation. Hinzu kommen durchdachte und humorvolle Dialoge sowie eine Reihe an Rätseln und Herausforderungen, die nur gemeinsam gelöst werden können und alle Beteiligten gleichermaßen fordern und ins Spielgeschehen einbinden. Leider ist das auch der Part des Spiels, der die meisten Schwachstellen zeigt – doch alles nacheinander.

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Eine kunterbunte Reise mit ernsten Untertönen

Schon der Beginn der Geschichte ist überraschend traurig und zeigt, dass es sich hierbei nicht um ein schnödes Partyspiel handelt: Die junge Rose, die sich am heimischen Esstisch der plötzlichen Neuigkeit der Scheidung der Eltern ausgesetzt sieht, versucht nun, diese neue Situation zu verarbeiten. Wie so viele Kinder in ihrem Alter wünscht sie sich, dass die Eltern einen Weg fänden, sich wieder zu vertragen und für immer glücklich zusammenblieben. Und zumindest in der magischen Welt von It Takes Two bekommt Rose Hilfe, um diesen Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen. Durch Dr Hakims „Buch der Liebe“ befinden sich Mama und Papa auf einmal in den Körpern tönerner Miniaturfiguren wieder und müssen, nachdem sie sich mit der Situation abgefunden haben, den Weg zurück zu ihrer Tochter finden und sie dazu bringen, den Zauber wieder rückgängig zu machen, um in ihre fleischlichen Körper zurückkehren zu können.
Begleitet werden Cody und May von dem heimlichen Star des Spiels, dem Buch Dr Hakim, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Beziehung der beiden durch seine patentierte Paartherapie zu retten, und ihnen im Verlauf des Spiels immer wieder wertvolle und mehr oder weniger hilfreiche Tipps für eine erfolgreiche Partnerschaft gibt. Auf dem Weg trifft das Duo auch noch viele weitere denkwürdige Charaktere und trifft auf vielerlei Gefahren in ihrem plötzlich bedrohlich erscheinenden Zuhause.

Auf dieser Reise erfahren der*die Spieler*innen nebenbei auch viel über das eigentliche Leben der beiden Protagonist*innen und deren Wünsche und Probleme – und all die Dinge, die manchmal in der Hektik des Alltags auf der Strecke bleiben. It Takes Two bietet eine nahegehende Geschichte, in die sich viele vermutlich nur zu gut selber hineinversetzen können.
Doch das Herzstück ist definitiv die aus der Miniaturperspektive designte Spielwelt. In vielen verschiedenen Szenarios, vom Schuppen voller Gerümpel und eingestaubter Gerätschaften über den Garten mit all seinen Bewohner*innen bis zurück, durch Raum, Zeit, Wasser oder Feuer, ins eigene überraschend schwer bewachte Haus, erwarten einen kreativ gestaltete und oft überraschende Herausforderungen. Wer hätte bspw. gedacht, was alles so im Inneren eines Baumes existieren kann… Und neben dem aufregenden Weg an sich gibt es auch hier immer wieder Endbosse zu bekämpfen, die aber durchaus etwas knackiger hätten ausfallen können.

Von riesigen Astronautplüschaffen und Hummeln mit Selbstzweifeln

Zwar wurden in diesen Kämpfen durchaus unzählige Tode gestorben, jedoch sind die Muster der Gegnerattacken schnell durchschaut und leider sind auch die eigenen Interaktionsmöglichkeiten stark begrenzt. Zumeist gibt es eine spezifische Art, auf die man die aussortierten Haushaltsgeräte oder wahnsinnig gewordene Plüschtiere besiegen kann, und vor allem durchhalten und schnelle Reflexe sind angesagt, um siegreich aus den Kämpfen hervorzugehen. Das Wiederholen von Kämpfen wurde durch das wohldurchdachte Wiederbelebungssystem auf ein Minimum reduziert, denn nur wenn beide Charaktere zur selben Zeit tot sind, müssen Endbosse nochmal von vorne angegangen werden. Solange einer der beiden Charaktere noch lebt, kann sich der*die jeweilige Partner*in fix wiederbeleben und einfach weitermachen.
Leider kamen viele der Tode auch durch die Unübersichtlichkeit des Splitscreens zustande, der den Sichtradius stark einschränkt und dadurch nicht immer den Überblick über das gesamte Geschehen und nahende Attacken zulässt.

Etwas knackiger hätten auch die Rätsel, derer es zahlreiche gibt, sein können. Ein Spiel, das von der Kooperation lebt, es den Spieler*innen aber etwas zu einfach macht, Puzzle zu lösen, macht es sich selbst eben zu einfach. Vielleicht waren wir aber auch nur sehr klug… Doch zumeist sind die Lösungen so offensichtlich vorgegeben und eine Interaktion mit der Umwelt nur minimal möglich, dass es abschnittweise fast langweilig erscheint. Sogar zu drückende Knöpfe oder zu ziehende Seile werden noch mit einer extra angezeigten Aufforderung der richtigen Tastenkombination hervorgehoben. Obwohl der Fokus auf Story und auch Design liegt, hätten die Kopfnüsse und auch die Steuerungsmöglichkeiten durchaus herausfordernder und weniger stringent sein können. Gerade auch im Hinblick darauf, dass das Spiel in Deutschland eine FSK von 12 Jahren hat. Generell können die Hintergrundgeschichte und streckenweise auch bestimmte Situationen im Spiel trotz des niedlichen Designs für Kinder durchaus verstörend wirken. Ob man Kindern das zumuten will, müssen Erwachsene selber entscheiden, jedoch erscheint die Altersfreigabe an der Stelle durchaus ihre Berechtigung zu haben.

Das Ziel ist das Ziel

Ins Auge gefallen sind auch die Hauptcharaktere, die zwar charmant in Szene gesetzt wurden, aber nicht über die Stereotype des witzigen, aber etwas dümmlichen männlichen Parts auf der einen Seite sowie der ständig kritisierenden und alles zerdenkenden weiblichen Figur auf der anderen Seite hinwegtäuschen können. Ein komplexeres Charakterdesign hätte dem Spiel besser getan und auch ein weniger vorhersehbares Ende.
Aber alles in allem tut It Takes Two genau das, was es laut der Entwickler*innen tun soll: unterhalten. Für aufmerksame Spieler*innen zusätzlich noch mit ein paar Easter Eggs und kurzweiligen Minispielen ausgestattet, macht das Spiel zusammen mit dem*der richtige*n Partner*in, Freund*innen oder der Familie gute Laune. Auch die Tatsache, dass EA genau schon wie bei A Way Out einen Freundespass zur Verfügung stellt, sodass nur eine*r von zwei Spieler*innen die Vollversion kaufen muss, hat sich bestimmt auch positiv auf den Erfolg ausgewirkt.

Und falls ihr noch andere Stimmen aus der Redaktion zum Spiel hören wollt, dann hört euch doch die Folge unseres Respawn-Podcasts an, in dem wir nochmal etwas ausgiebiger über den Titel sprechen (überall da, wo es Podcasts gibt).

Fazit

Mit It Takes Two kann man eigentlich nicht viel falsch machen, wenn man nach etwas kurzweiligem Spielspaß mit ernsteren Untertönen sucht. Es unterhält, es sieht schön aus und es bringt zum Lachen und ein bisschen zum Schlucken. Überragend ist es aber nicht und an vielen Stellen hapert es doch ein wenig mit der sonst so großzügig eingesetzten Kreativität, allem voran vor allem bei den leider etwas zu einfach gestrickten Rätseln und der sehr stringenten Geschichtsführung. Und trotz allem macht es gerade dann Spaß, wenn man die richtige Person an seiner*ihrer Seite hat, mit der man sich durch dieses Koop-Spiel hangeln kann, um dann schon wieder auf das nächste Spiel aus dem Hause Hazlelight zu warten.

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Mit It Takes Two kann man eigentlich nicht viel falsch machen, wenn man nach etwas kurzweiligem Spielspaß mit ernsteren Untertönen sucht. Es unterhält, es sieht schön aus und es bringt zum Lachen und ein bisschen zum Schlucken. Überragend ist es aber nicht und an vielen Stellen hapert es doch ein wenig mit der sonst so großzügig eingesetzten Kreativität, allem voran vor allem bei den leider etwas zu einfach gestrickten Rätseln und der sehr stringenten Geschichtsführung. Und trotz allem macht es gerade dann Spaß, wenn man die richtige Person an seiner*ihrer Seite hat, mit der man sich durch dieses Koop-Spiel hangeln kann, um dann schon wieder auf das nächste Spiel aus dem Hause Hazlelight zu warten.Test: It Takes Two