In Bulwark: Falconeer Chronicles verschlägt es uns auf die Ursee, eine raue und unbarmherzige Umgebung, in der wir nach dem Ende eines tobenden Krieges die Zivilisation wieder ansiedeln sollen. Da es praktisch kein Festland gibt, sind wir gezwungen, unsere Siedlungen in seichtem Wasser oder auf scharfkantigen Klippen zu errichten, miteinander zu verbinden und stetig um neue Außenposten zu erweitern. Ob mir dieses gelingt? Die Antwort und wie es sich anfühlt, die Spielwelt unter diesen widrigen Umständen erneut mit Leben zu füllen, findet ihr in diesem Test.
Eine etwas andere Aufbausimulation
Bei Bulwark: Falconeer Chronicles handelt es sich, wie Eingangs kurz angeschnitten, um eine Aufbausimulation, bei der das Hauptaugenmerk definitiv auf dem Aufbau liegt. Bereits der Klapptext spricht von Dingen wie „unbegrenztes Bauen“ oder „keine Grenzen kennende Kreativität“ und ich muss zugeben, dass Bulwark hält, was der Klappentext verspricht. Denn wie es Entwickler Tomas Sala in kurzen Ingame-Monologen bereits erklärt, erwartet mich während des Tests ein entspannter City Builder, in dem ich mich komplett fehlerfrei austoben und ausprobieren kann.
Die Besonderheit bei diesem Spiel liegt nämlich darin, dass ich zum Bauen lediglich eine Hand voll Baumaterialien sowie ein paar helfende Hände in Form von Arbeitern benötige. Schön zu sehen ist die Tatsache, dass sämtliche Arbeiten ohne Einsatz von Geldern getätigt werden, da es dieses materielle Gut auf der Ursee nicht gibt – genau so wenig wie Nahrung. In Bulwark scheinen sich meine Anhänger sogar ausschließlich von Luft und Liebe zu ernähren. Soll mir Recht sein.
Die für einen Bau notwendigen Ressourcen wie Holz, Stein und Eisen, erhalte ich aus Vorratsgebieten, die ich mit Hilfe von Extraktoren in mein Lager bringen lasse. Dem einfachen Spielprinzip entsprechend, kann ein jedes Vorratsgebiet eine bestimmte Anzahl an umliegende Gebäude versorgen, die wiederum weitere Gebäude versorgen bis diese irgendwann leer geräubert sind. Die einzige wirkliche Einschränkung in der Ressourcengewinnung liegt in der Anzahl der mir zur Verfügung stehenden Extraktoren.
Für jede der drei Rohstoffarten wird ein eigener Extraktor benötigt, von denen ich, abhängig der ausgewählten Kampagne, nur einen einzigen in meinem Inventar vorfinde. Weitere dieser benötigten Gebäude erhalte ich während zufällig ausgelöster Events innerhalb der Spielwelt. Treffe ich während einer meiner Erkundungstouren auf der Ursee zum Beispiel auf ein verlassenes Vorratsgebiet, kann ich mit Hilfe meines Flugschiffes den dortigen Extraktor abbauen und in meine Siedlung befördern, um den dortigen Aufbau weiter zu befeuern.
Leichte Taktikkost
Ansonsten gibt es zum Rohstoffmanagement nicht viel zu erzählen, da der Aufbau zwar recht simpel gehalten ist, jedoch den stetigen Ausbau der Siedlungen sowie das generelle Ausprobieren ausgezeichnet unterstützt. Die Hardcore-Aufbausimulations-Spieler werden sich an diesem Punkt unter Umständen etwas stören. Für Gelegenheitsspieler wie mich, ist dieser eingeschlagene Weg jedoch absolut passend, da ich mich somit während des gesamten Spielverlaufs vollends auf den Bau meiner Siedlung und das Erkunden der umliegenden Gefilde konzentrieren kann.
Vor allem der letzte Punkt ist umfangreicher als gedacht, denn die Spielwelt fällt doch größer aus als ich zu Beginn erwartet hatte. Mit Hilfe meines Luftschiffes kann ich ganz entspannt die umliegenden Gebiete erkunden und treffe so, unter anderem, auf andere Kolonien mit denen ich zum Beispiel Handel betreiben oder einen Krieg vom Zaun brechen kann. Ansonsten lösen die ausgedehnten Erkundungstouren auch zufällige Events aus, bei denen ich unter anderem neue Bewohner für meine eigene Siedlung aufnehmen, neue Gebäude in mein Inventar teleportieren oder wichtige Personen für meine Crew anheuern kann.
Unter Ihnen können sich beispielsweise neue Kommandanten oder Schiffskapitäne befinden, die nicht nur unterschiedlichen Fraktionen angehören, sondern mit ihren individuellen Eigenschaften auch direkten Einfluss auf meine Produktionen, meinen Handel oder meine Verteidigungswerte nehmen. So können militärisch erfahrene Schiffskapitäne die eingerichteten Handelsrouten mit hohem Risiko bewachen, während einige Kommandanten beispielsweise den Einzugsbereich meiner Holzversorgung vergrößern. Trotz des leichten Gameplays wartet Bulwark hier durchaus mit taktischen Aspekten auf, ohne mich direkt zu überfordern.
Keine große heile Familie
Doch ganz ohne taktische und strategische Elemente kommt auch Bulwark: Falconeer Chronicles nicht aus. So kann ich mich im Spiel für eine der drei wählbaren Fraktionen „Mancer“, „Imperium“ oder „Freihaus“ entscheiden, während ich mit den den Piraten, als 4. Fraktion, in jeder Kampagne lediglich interagieren kann. Diese Fraktion bildet praktisch einen zunächst allen neutral gegenüberstehenden Partner, der sich, je nach meinem Verhalten, mehr oder weniger auf meine Seite stellt.
Ansonsten ist es ebenfalls wichtig zu wissen, welche Fraktionen sich überhaupt nicht aufs Fell gucken können und welche, die miteinander in Harmonie leben. Ich selber stehe während des Spiels allen Fraktionen neutral und durchaus offenherzig gegenüber, weswegen ich jeden Flüchtling aufnehme und auch entsprechende Außenposten in meiner Siedlung errichten lasse. Ebenso gebe ich allen Kapitänen Arbeit, merke hier aber schnell, dass nicht jeder so offenherzig ist wie ich.
In einem konkreten Fall beauftrage ich einen Kapitän der Mancer damit, Holz in einen weiteren Außenposten von mir zu transportieren, während ich einen Imperiums-Kapitän damit beauftrage, in derselben Route meine Arbeiter zu befördern. Der Kapitän des Imperiums lehnt diese Aufgabe dankend ab, da er nicht bereit ist, mit einem verfeindeten Kollegen zusammen zu arbeiten, der andere Ansichten vertritt. Also muss ich schauen, welchen Kapitän ich womit beauftrage. Zumal auch nicht alle dieselben Dinge befördern. So ist eine Zusammenarbeit zweier Kapitäne in vielen Fällen einfach unumgänglich. Blöd nur, wenn sich diese nicht verstehen.
Ein atmosphärischer Leckerbissen
Was das Gameplay und den Soundtrack anbelangt, macht Bulwark: Falconeer Chronicles in vielen Punkten einiges richtig. Wir haben bisher schon gelernt, dass das Gameplay herrlich intuitiv und leicht zugänglich ist – auch für Spieler die, wie ich, nicht so oft in diesem Genre unterwegs sind. Dazu trägt die minimalistische Steuerung ihren Teil bei, denn im Prinzip erbaue ich meine Kolonie mit nur einem Stick und einer Taste. Egal ob Fundamente für größere Gebäude, die Vernetzung bestehender Quartiere oder das Aufwerten der Kommandotürme: Alles passiert mit nur wenigen Tastendrücken.
Abseits des Gameplays hat der Entwickler ebenfalls viel Liebe ins Detail gesteckt. Neben dem chilligen und zugleich atmosphärischen Soundtrack, sorgt auch die Vertonung einzelner Gespräche für ein wohlig warmes Gefühl in mir. Denn so unterschiedlich die Charaktere sind, so unterschiedlich sind auch ihre Stimmen und Akzente, mit denen sie mir in den vielen kleinen Gesprächen begegnen. So hört sich ein Pirat während meines Besuchs seines Außenpostens ganz anders an, als mein Schiffskapitän auf der Mancer, der aktuell Eisen für mich durch die Gegend transportiert. In dieser Hinsicht ist Bulwark abwechslungsreich und zieht mich noch mehr in seinen Bann.
Doch leider gibt es auch einen Kritikpunkt, denn so leicht und entspannend sich das Aufbauspiel präsentiert, so leicht bzw. nicht vorhanden ist das Kampfsystem. Zwar soll ich im Spiel öfter meine Verteidigung verstärken, neue Truppen rekrutieren und stärkere Kommandanten anheuern, obwohl ich bei einer Auseinandersetzung stets mühelos als Gewinner vom Platz gehe – völlig ohne mein Zutun! Denn erkläre ich einem Außenposten den Krieg, startet unmittelbar nach meiner Aktion ein Kampf, in dem ich mit meinem Flugschiff lediglich um die Gebäude fliegen kann. Am besten und schnellsten enden die Kämpfe jedoch, wenn ich einfach auf der Stelle ausharre und warte, bis mein Widersacher dem Erdboden gleich gemacht wurde. Hier hätte ich mir etwas mehr Detailverliebtheit gewünscht.
Abgesehen von diesem Punkt macht mir Bulwark eine Menge Spaß und wirkt in meinen Augen sehr gelungen. Thomas Sala hat versprochen, einen leichten und intuitiven City Builder zu entwickeln, der sowohl meine Kreativität anspricht und mich gleichzeitig meinen Spieltrieb ausleben lässt – und das ist Ihm gelungen.