Diese Artikelreihe widmet sich jenen Videospiel-Serien, die den Mut aufbrachten altbewährte Mechaniken aufzubrechen, um sich neu zu erfinden. Mal aus der Not heraus, mal aus Innovationslust, aber jedes Mal mit Erfolg. In diesem Artikel widmen wir uns einem der Mitbegründer und langjährigen Veteranen des Survival Horror-Genres: Resident Evil
Neuer Kontinent, die selben Probleme
Überraschend erschien der Umstand, dass ein nachfolgender Hauptableger angesichts der enormen Lobpreisungen von Resident Evil 4 auf sich warten ließ – vor allem vor dem Hintergrund, dass bereits 2005 ein erster Trailer veröffentlicht wurde. Die Wartezeit dauerte bis zum Jahr 2009 an, als Resident Evil 5 sowohl für Sonys PlayStation 3, als auch Microsofts Xbox 360 erschien.
Fünf Jahre nach den Geschehnissen von Resident Evil 4 zieht es den Serienveteran Chris Redfield für einen Auftrag nach Kijuju, Afrika. Mittlerweile für die Bioterrorism Security Assessment Alliance (kurz: BSAA) zuständig, besteht seine Aufgabe darin, einen Mann namens Ricardo Irving zu ergreifen, ehe er eine bedrohliche bio-organische Waffe auf dem Schwarzmarkt absetzt.
Professionelle Unterstützung erhält er dabei von seiner Partnerin Sheva Alomar. Vor Ort stellt das Team fest, dass die dort Ansässigen mit dem Parasit Las Plagas infiziert wurden, die Alpha-Einheit der BSAA umkam und Chris’ totgeglaubte Kameradin aus alten Tagen – Jill Valentine – nicht nur lebendig, sondern in den dubiosen Geschehnissen verstrickt zu sein scheint. Umso mehr fühlt sich Chris angetrieben, dem Fall nachzugehen.
Hand in Hand ins Getümmel
Resident Evil 5 orientierte sich (nach dem bahnbrechenden Erfolg des direkten Vorgängers wenig verwunderlich) spielmechanisch stark am vierten Hauptspiel – dabei erhöhte das Team aber merklich den Action-Anteil. So standen dem Spieler in der Regel noch größere Feindmassen im Weg, denen mit entsprechend üppiger Waffenauswahl entgegen gewirkt wurde. Das Inventarsystem des Vorgängers wich zugunsten eines reduzierten, über das Steuerkreuz bedienbaren Schnellwahl-Systems. Besonders herausstechend erschien der neue Koop-Modus, in dem ein weiterer Spieler die Kontrolle über Chris’ Partnerin Sheva übernehmen konnte, um gemeinsam lokal im Splitscreen, oder gar online den Horden von Infizierten einzuheizen.
Der Koop-Aspekt stellte das Herzstück von Resident Evil 5 dar. Sich zu zweit durch eine Mehrheit von aggressiven Gegnern zu schlagen, Aufgaben aufzuteilen, den Rücken des Partners zu decken und ihn in Not mit Munition zu versorgen, führte schlichtweg zu einem befriedigenden Spielerlebnis. Auch ich persönlich erinnere mich an eine enthusiastische Spielzeit mit meinem Bruder zurück, in der wir gleich mehrmals gemeinsam die Kampagne durchspielten.
Toller Shooter, schlechtes Resident Evil?
Aber war das noch Resident Evil? Denn bei aller spaßiger Shooter-Action, blieb ein für die Serie essentielles Kernelement auf der Strecke: der Horror. Natürlich bekämpfte man noch allerhand grotesk gestalteter Mutanten, die Angst blieb dabei aber fern. Erinnern wir uns: Konzentrierte man sich bei Start der Serie darauf, eben nicht in die Rolle einer unerschütterlichen Kampfmaschine zu schlüpfen, war genau dies spätestens ab Resident Evil 5 der Fall. Protagonist Chris Redfield erinnerte optisch mit seinen aberwitzig großen Oberarmen mittlerweile an einen überzeichneten Super-Marine und wenn man als Spieler Gegnerhorden mit einem Geschützturm auf der Ladefläche eines rasenden Trucks zersägte, machte das Spaß, hatte mit Horror aber nichts mehr am Hut.
Gelang Resident Evil 4 der beeindruckende Balanceakt auf dem schmalen Grat zwischen Survival Horror und Action, kippte Resident Evil 5 schnell auf die eine Seite und machte auch keine weiteren Anstalten dies nochmal zu ändern.
Die Grundsatzdiskussion darüber, ob Resident Evil 5 zu weit von seinen Wurzeln abwich, war entsprechend auch Gegenstand diverser Rezensionen und Besprechungen. Ein großer Teil tendierte dazu, den Titel als herausragenden Action-Blockbuster zu beschreiben, gleichzeitig aber auch als schwaches Resident Evil zu kennzeichnen. Vielen Fans und Kritikern war die Tendenz zu westlichen Mainstream-Gepflogenheiten schlicht ein Dorn im Auge – Capcom setzte ihrer Meinung nach den falschen Fokus, trotz der Tatsache ein kompetentes Spiel entwickelt zu haben. Fans der Reihe waren nun natürlich gespannt, wo die Reise für Resident Evil in Zukunft hingehen würde. Stimmen wurden laut, nach denen Capcom sich auf die Wurzeln der Serie zurückbesinnen sollte.
Spin-Off Rundumschlag
Bis zum nächsten Eintrag in die Hauptserie gingen ein paar Jahre ins Land. Natürlich bedeutete dies nicht, dass der Hunger nach neuem Resident Evil-Content nicht gestillt wurde. Es erschienen diverse Spin-Offs für unterschiedliche Konsolen, die jeweils einen anderen Fokus setzten. Während der Railgun-Shooter Darkside Chronicles für Nintendos Wii Lücken, der mittlerweile abstrusen Handlung vor Resident Evil 4 zu schließen versuchte, konzentrierte sich das für Nintendos 3DS veröffentlichte The Mercenaries 3D rein auf den High Score-Modus, der bereits in Resident Evil 4 und 5 mit von der Partie war. Das von arg von Kritik und Fans seiner generischen Shooter-Action wegen zerrissene Operation: Raccoon City hingegen, versuchte sich nur lieblos daran, den Handlungszeitraum von Teil 2 und 3 aus der Perspektive eines Umbrella Security Teams darzustellen.
Unter dem Schwall an Veröffentlichungen, kam der Titel Resident Evil: Revelations deutlich am besten weg. Zunächst für den Nintendo 3DS entwickelt, später auch noch auf diverse weitere Konsolen portiert, erzählt der Titel vom Einsatz der beiden Serienveteranen Jill Valentine und Chris Redfield, welche zwischen den Ereignissen von Teil 4 und 5 die Pläne einer bio-terroristischen Organisation zu vereiteln versuchen. Diese planen nämlich glatt das Kontaminieren des Ozeans durch einen Virus.
Spielmechanisch orientierte sich Revelations klar an den beiden Haupteinträgen 4 und 5, konzentrierte sich nach dem Action-fokussierten Ausflug nach Afrika allerdings wieder auf ein ruhigeres und Horror-orientiertes Szenario. An Bord eines düsteren Kreuzfahrtschiffes stellen wir uns allerhand obskurer Mutanten, die uns wieder das Fürchten lehren, nachdem wir uns wie ein moderner Kriegsgott durch Afrika gewütet waren. Auch die Kritik nahm diese seichte Rückkehr zum Survival Horror angetan auf und würdigte den Titel mit überwiegend wohlwollenden Besprechungen.
Okay, aber wie ging es für die Hauptserie weiter? Wie würde das verquerte Bio-Terrorismus-Epos nicht nur handlungs-, sondern vor allem spieltechnisch fortgeführt werden? Die Antwort auf diese Fragen erhielten Fans im Oktober 2012, als Resident Evil 6 für PlayStation 3 und Xbox 360 erschien.
Globaler Bio-Terrorismus
Für Resident Evil 6 galt: Alles musste lauter, größer, weiter sein. Die Story des Titels erstreckt sich über mehrere, miteinander verknüpfte Handlungsstränge. Jake Muller etwa, von dem wir bald erfahren, dass er der Sohn des Serienfieslings Albert Wesker ist, sieht sich inmitten eines bio-terroristischen Anschlags in Edonia. Er tut sich mit der jungen Agentin der Division of Security Operations Sherry Birkin zusammen, die von den Ereignissen in Raccoon City geprägt wurde und sich nun selbst der Bekämpfung des Bio-Terrorismus verschrieben hat.
An anderer Stelle agiert Chris Redfield als Führer eines BSAA-Strike Teams, welcher dem Angriff einer neuen Organisation zum Opfer fällt, welche vermeintlich von Ada Wong angeführt wird. Sein Team wird mit dem C-Virus infiziert, lediglich er und Kamerad Piers Nivans können unbeschadet fliehen. Mit den traumatischen Nachwirkungen dieses Ereignis hadernd, macht sich Chris bald gemeinsam mit Piers zu einem Einsatz nach China auf, um Rache für sein ermordetes Team zu üben.
Bei diesem großen Klassentreffen der Serienhelden darf natürlich Leon S. Kennedy nicht fehlen, der seinerseits mit folgenreichen Intrigen konfrontiert wird. Nach einem Anschlag auf die US-amerikanische Stadt Tall Oaks, sieht sich Leon gezwungen, den infizierten US-Präsidenten zu erschießen. Ihm gelingt die Flucht aus der Stadt und gemeinsam mit US Secret Service-Agentin Helena Harper verfolgt er eine Spur zur Aufdeckung dieses Komplotts, die ihn ebenso nach China führt.
Gipfeltreffen der Serienhelden
Ja, Resident Evil wusste immer seine Handlung zu überzeichnen. Teil 6 setzt allem bisher da Gewesenen jedoch mit Leichtigkeit die Krone auf. Das Geflecht an Intrigen umspannt nun den gesamten Globus und nimmt Weltuntergangs-Stimmung an. Das kann gefallen, oder aber wiederholt zum schmunzelnden Kopfschütteln einladen.
Das große Gipfeltreffen der Serienveteranen spiegelte sich auch deutlich im Gameplay wieder. So kann der Spieler wahlweise eine der (zunächst) drei Handlungsstränge auswählen, um in die Haut des ihm liebsten Helden zu schlüpfen. In (aus den beiden Vorgängern gewohnter) Third Person Shooter-Manier schießt und schlägt er sich folglich allein oder gemeinsam mit einem Mitspieler durch die an Bombast beileibe nicht geizende Kampagne. Ganz im Zeichen Blockbuster-reifer Action steht auch das Gunplay, welches mit neuen Funktionen, wie dem gleichzeitigen Zielen und Laufen, als auch der Möglichkeit zum Sprint und Hechtsprung aufwartet. Alle Protagonisten verfügen ferner über spezifische Spezialfertigkeiten, die angesichts der zahlreichen Bedrohungen auch bitter nötig sind – mutierte Feinde begegnen uns etwa mittlerweile mit Schusswaffen.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Capcom mit Resident Evil 6 klar darauf abzielte, den Action-Fokus des Vorgängers noch weiter auszubauen. Das kann gerade im kooperativen Modus gewiss für spaßige Spielstunden sorgen. Fans und Kritiker waren sich aber einig: weiter als mit diesem aberwitzigen Superlativ von einem Blockbuster war Resident Evil nie von den eigenen Wurzeln entfernt. Die Rezension spiegelten die Enttäuschung über den Pfad, den die Marke eingeschlagen hatte wieder. Ja, es lag abermals ein kompetenter Shooter vor, den Survival Horror vermisste man aber an allen Ecken. Resident Evil hatte seine Grundausrichtung zugunsten westlicher Spielgewohnheiten drastisch abgeändert – ein Umstand der vielen Fans missfiel.
Dies schlug sich auch in den Verkaufszahlen des Titels nieder. Zwar verzeichnete Capcom durchaus einen finanziellen Erfolg – dieser fiel aber bei weitem nicht so hoch aus, wie erhofft. In Folge dessen verabschiedete sich die Hauptserie zunächst in einen verhältnismäßig langen Winterschlaf.
Aufbruch in neue Gefilde
Ähnlich wie im Vorfeld zu Resident Evil 6 füllten Spin-Offs und Sortierungen die hinterlassene Lücke in der ungewissen Wartezeit zum nächsten Hauptserien-Eintrag. Nennenswert erscheint hier nur der Nachfolger zum beliebten Revelations, welcher für alle gängigen Konsolen und den PC erschien und dem Spieler ein Wiedersehen mit Serien-Urgestein Claire Redfield und dem bärtigen Barry Burton, dem Fanliebling aus Resident Evil 1 bescherte. Dem Zeitgeist entsprechend erfolgte die Erstveröffentlichung im Episoden-Format, nach dem einzelne Kapitel in zeitlichen Abständen verfügbar gemacht wurden.
Erste Hinweise auf Resident Evil 7 gab es im Jahr 2015, auch wenn dies wohl noch niemandem so recht bewusst war. Der erste Kontakt mit dem siebten Eintrag in die Hauptserie fiel nämlich ungewöhnlich und erfrischend kryptisch aus. Im Rahmen der E3 2015 ließ Capcom Besucher der Messe eine VR-Demo mit dem Titel Kitchen spielen, welches ganz dem Medium entsprechend, in Ego-Perspektive mit klarem Horror-Setting aufwartet. Der Spieler nimmt in der virtuellen Realität gefesselt Platz auf einem Stuhl. Wir haben gerade Zeit uns umzusehen und festzustellen, dass wir uns in einer heruntergekommenen Räumlichkeit befinden – eine Kamera auf uns gerichtet. Wenig später schleicht eine düstere Gestalt durch den Raum, wirft uns einen abgetrennten Kopf vor die Füße, ehe sie sich uns widmet.
Kitchen baut eindrucksvoll eine bedrohliche Atmosphäre auf – die Demo wusste den Spielern zu gefallen und auf eben diese Reaktion zielte Capcom ab. Die Vorführung diente nämlich dazu, herauszustellen, wie zum einen die eigens für Resident Evil 7 entwickelte RE-Engine (die auch in Kitchen Verwendung fand) und zum anderen das Konzept Virtual Reality bei den Spielern Anklang fand. Von der positiven Resonanz begeistert, implementierte das zuständige Entwicklerteam unter der Leitung von Koshi Nakanishi das VR-Konzept in die laufenden Arbeiten an Resident Evil 7.
Für die Gestaltung der Narrativen zeichnete sich erstmalig ein Designer aus westlichen Gefilden verantwortlich. Capcom verpflichtete Richard Pearsley, der sich in der Industrie bereits einen Namen durch seine Arbeit an Spec Ops: The Line, oder auch als Schreiber der beiden Story-Erweiterungen für F.E.A.R. gemacht hatte.
Erfrischende Marketing-Offensive
Das kreative Marketing ging 2016 in die nächste Runde, als Capcom passend zur Ankündigung des Titels eine spielbare Demo mit dem Titel Beginning Hour veröffentlichte, in welcher der Spieler sich in einem heruntergekommenem Haus wiederfindet, aus dem er fliehen muss. Je nach Vorgehen kann er dabei drei unterschiedliche Enden erreichen. Die Fans waren augenscheinlich von der kryptischen Anspielversion angetan, denn zum Juli 2016 war die Demo bereits über zwei Millionen Mal heruntergeladen worden. Folgerichtig legte Capcom im Laufe des Jahres mit den Twilight– und Midnight-Updates nach, welche zusätzliche Räume und Items erschlossen, welche die Lösung der konfusen Rätsel im Haus und damit die endgültige Flucht möglich machten.
Fans mussten sich daraufhin nicht mehr lange gedulden, denn die Veröffentlichung von Resident Evil 7 erfolgte einen Monat nach dem letzten Demo-Update im Januar 2017 – und wie die Anspielversion im Voraus bereits angedeutet hatte, krempelte Capcom das Spielprinzip seiner beliebten Serie einmal mehr so fundamental um, wie zuletzt mit Resident Evil 4.
Zeit für den nächsten Neustart
Entwickelten sich die Protagonisten von den anfangs unerfahrenen Helden wider Willen mit Voranschreiten der Serie mehr und mehr zu abgebrühten Kampfmaschinen, besinnt sich Resident Evil 7 wieder auf die Anfänge der Reihe und lässt den Spieler Kontrolle über den einfachen Allerweltsmann Ethan Winters übernehmen. Dieser erhält eine verstörende Video-Nachricht seiner Ehefrau Mia, welche nachdem sie vor Jahren vermisst gemeldet, eigentlich für tot gehalten wurde. Ethan verfolgt ihr Lebenssignal bis auf eine verfallene Plantage in Louisiana, wo er seine Frau tatsächlich im Kellergewölbe eines verfallenen Hauses vorfindet.
Die Wiedersehensfreude hält aber nicht lang an. Mia warnt ihn zu verschwinden, ehe sie die Kontrolle über sich verliert und Ethan brutal angreift. Ethan erschlägt sie in Notwehr – wenig später steht sie aber auf und revanchiert sich damit, dass sie ihm die Hand mit einer Kettensäge abtrennt. Er wird von einem Mann aufgefunden, der ihn verschleppt. Von seiner Ohnmacht erwacht, findet sich Ethan in einer weiteren bizarren Situation wieder – er ist unfreiwilliger Gast eines makaberen Abendmahls in schauderhafter Gesellschaft einer bedrohlichen Familie.
Eine schreckliche nette Familie
Resident Evil 7 beweist gleich mit seinem aufwühlenden Einstieg in das finstere Abenteuer, dass es eine klare Antithese zum direkten Vorgänger darstellt. Obwohl es nach dem chaotischen Global-Chaos von Teil 6 angesiedelt ist, konzentriert sich die Handlung auf das grausige Schicksal einer Familie in den sumpfigen Tiefen von Louisiana. Die schweren Geschütze werden gegen die einfache Waffenauswahl der ersten Serieneinträge eingetauscht und selbst mit einer Pistole bewaffnet, lernen wir als Spieler wieder das Fürchten vor übermächtig erscheinenden Feinden.
Im üppigen, wenn auch maroden Haus der Bakers eingesperrt, sehen wir uns nämlich vor allem mit den Mitgliedern der bedrohlichen Familie konfrontiert. Familienvater Jack jagt uns etwa mit einem Spaten bewaffnet durch die Gänge seines verfallenen Anwesens und lässt uns erschaudern, wenn er sich lockere Sprüche lachend von gut platzierten Kopfschüssen erholt. Ähnliches gilt für seine Herzensdame Marguerite, die mit einer Laterne durch ein anderes Haus auf dem weiten Grundstück der Bakers patroulliert. Wir versuchen sie zu umschleichen, denn bei Sichtkontakt hetzt sie kreischend Insekten in unsere Richtung.
Resident Evil 7 ist voll von diesen unangenehmen Begegnungen, die uns das Blut in den Adern gefrieren lassen. Die Action auf ein Minimum reduziert, konzentriert sich unsere gesamte Spielerfahrung endlich wieder darauf, um unser Überleben zu bangen und zu kämpfen. Auch bezüglich des Level-Designs orientierte sich das Entwicklerteam an den Wurzeln der Serie. Wir unternehmen keine Ausflüge mehr in die Weiten der Welt, sondern verbringen den größten Teil der Spielzeit auf dem schaurigen Landgut der Bakers. Wie in alten Tagen suchen wir nach Schlüsseln und lösen Rätsel, um anfänglich verschlossene Türen zu öffnen und unseren Weg durch die Häuser zu erschließen.
Wunderschöner (VR-)Alptraum
Überzeugt Resident Evil 7 schon im normalen Spielmodus durch eine einnehmende, beängstigende Atmosphäre, die nicht zuletzt an Horrorfilm-Klassiker wie Evil Dead (1980, Sam Raimi) oder The Texas Chainsaw Massacre (1978, Tobe Hooper) erinnert, erfährt man durch Einsatz der Sony PlayStation VR die volle Immersion in diesen wunderschönen Alptraum. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Titels, steckte das VR-Medium noch in den Kinderschuhen – entsprechend überwältigend gestaltete sich diese neue und frische Erfahrung. Mittlerweile hat die virtuelle Realität natürlich schon prägnante Sprünge nach vorn gemacht, nichtsdestotrotz sticht Resident Evil 7 auch heute noch als eines der herausragenden Beispiele für immersive VR-Erlebnisse heraus.
Verglichen mit dem klassischen Spielerlebnis, ermöglicht uns die VR-Version das Ausloten feiner Details, wie beispielsweise den Blick in mit fragwürdigen Inhalten gefüllte Kochtöpfe. Haben wir uns an allerlei Kleinigkeiten satt gesehen, wartet der Modus aber vor allem mit Mechaniken auf, die das Spielgefühl gänzlich verändern. Lauert uns Papa Baker etwa auf, können wir uns vorsichtig aus unserer Deckung hervor beugen, um ungesehen zu ermitteln, wo unser Feind hinsteuert. Kommt es zum Kampf, zielen wir zudem mit unserer Waffe, indem wir unseren Kopf und damit das Fadenkreuz, auf das gewünschte Ziel ausrichten – nie fühlte sich das Zielen präziser an. Der VR-Modus krönt eine ohnehin schon grandiose Rückkehr zu den Wurzeln der Serie, die an den richtigen Stellen innoviert und nie antiquiert wirkt.
All das wirkte sich wenig verwunderlich auf die Reaktion der Fans und Kritiker aus, welche das Spiel überwiegend in hohen Tönen lobten und in allerlei Spiel des Jahres-Listen auftauchen ließen.
Ein langjähriger Fan-Wunsch geht in Erfüllung
Resident Evil 7 beschwichtigte also die nach dem Action-fokussierten Vorgänger verärgerten Survival Horror-Fans und Capcom stand wieder ganz in der Gunst der Spieler – ein Trend der fortgeführt werden sollte, wie die nächste große Ankündigung zur Serie zeigte.
Nach zahlreichen Spin-Offs und Portierungen beliebter Ableger für diverse Konsolen wurde nämlich ein spezieller Fan-Wunsch besonders laut. Nachdem das erste Resident Evil bereits ein Remake für Nintendos Gamecube erhalten hatte, hofften Fans auf eine entsprechende Fortführung dieses Fahrplans und baten immer wieder lautstark um eine Revitalisierung des populären zweiten Teils. Dieser Wunsch blieb aber jahrelang (vermeintlich) ungehört.
Die ungewisse Zeit des Wartens hatte zur E3 2018 ein Ende, als Capcom den Reveal-Trailer zum heißerwarteten Resident Evil 2-Remake präsentierte.
Der Trailer zeigt einen Kampf zwischen einem Police Officer und einem widerständigen Verdächtigen aus der Perspektive einer Ratte, welche letztlich von einem im Getümmel umgestoßenen Schrank erschlagen wird. Wir erkennen bald, dass es sich bei dem Widersacher um einen (fauligen) alten Bekannten handelt, als er den Polizisten zu Boden ringt, ihm beherzt in den Nacken beißt und ein feines Stück Fleisch herausreißt. Das Mahl wird kurzerhand beendet, indem der Untote von einer Kugel niedergestreckt wird und das E3-Publikum jubelt laut, als der Schütze enthüllt wird: ein junger Leon S. Kennedy in ungewohnt neuem Look. Resident Evil 2 ist zurück.
Nicht nur außen schön
Die große Euphorie war mehr als berechtigt, denn Resident Evil 2 (wie das Remake schlicht benannt wurde) sollte nicht nur wie das Remake zum ersten Teil mit einem schönen, neuen Grafikkleid geschmückt, sondern vor allem auch spielmechanisch modernisiert werden.
Das Entwicklerteam um Kazunori Kadoi und Yasuhiro Anpo, welche sich den Regie-Stuhl teilten, kehrte nämlich nicht zu den antiquierten, festen Kameraeinstellungen und der schwerfälligen Panzersteuerung zurück. Vielmehr orientierte sich das Team, nach einem Ausflug in First Person-Gefilde mit Teil 7, wieder an Resident Evil 4-6 und ließ Spieler eine Third Person-Perspektive einnehmen.
“Oh weh..” mochte man denken – würde dies zu einer Action-Parade führen, wie wir sie zuletzt bei dem globalen Mutanten-Krieg von Teil 6 erlebten? Capcom gab Entwarnung: Wie auch schon der Reveal-Trailer andeutete, sollte sich Resident Evil 2 stark an seiner Vorlage orientieren und ihren Geist zeitgemäß umsetzen. Selbst davon überzeugen konnten Spieler sich in einer 1-Shot-Demo, die uns einmalig für eine begrenzte Zeit durch das neue alte Polizeirevier streifen ließ, ehe die Vollversion am 25. Januar 2019 erschien.
Vertraut und neu zugleich
Wie schon in der Vorlage lässt uns das Remake wahlweise die Position von Polizei-Rookie Leon S. Kennedy, oder jene der abgebrühten Studentin Claire Redfield einnehmen. Die erste Neuerung präsentiert sich gleich in einer neuen Einstiegssequenz, die uns atmosphärisch in das Abenteuer führt. Anstatt in einem Flammenmeer von Zombies umzingelt, setzt die Neuauflage nämlich etwas früher an, als wir an einer Tankstelle Halt machen. Wir stellen schnell fest, dass etwas nicht stimmt und treffen im stockdusteren und verwüsteten Geschäft auf die Opfer eines Zombies. Wo die Beute liegt, ist der Jäger nicht fern und wir sehen uns bald mit mehreren schlurfenden Untoten konfrontiert, denen wir instinktiv ausweichen, oder mit den wenigen, wertvollen Kugeln die wir mit uns führen, einheizen.
Diese Startsequenz lässt nicht nur unsere Haare der dichten Atmosphäre wegen zu Berge stehen, sondern spielt sich auch butterweich. Das Entwicklerteam machte Gebrauch von der RE-Engine, die auch bei Resident Evil 7 zum Einsatz kam, das Ergebnis: die wohl intuitivste Steuerung aller Third Person-Ableger der Serie und eine fantastische Grundoptik, die vor allem im Verlauf des Spiels mehrfach zum Tragen kommt.
Im berühmten Polizeirevier angekommen, fühlen wir uns vertraut und spüren dennoch regelmäßigen frischen Wind um die Ohren. Denn spätestens hier erkennen wir das Konzept, mit dem die Entwickler das Remake angingen. Ja, wir hangeln uns von altbekannten Orten und Story-Beats zu den nächsten, hinterfragen unsere Erinnerungen aber regelmäßig, wenn wir neu gestaltete Räumlichkeiten erkunden oder auf Feinde treffen, die wir anderswo erwarteten. Resident Evil 2 schafft einen erstaunlichen Spagat zwischen alter Vertrautheit und dem Gefühl ein gänzlich neues Spiel zu spielen.
Neue Messlatte für Remakes
Dieses Modernisierungsprinzip alter Konzepte erreicht seinen Zenit bei der Wiederbelebung unseres alten Bekannten, Mr. X. Der stille Koloss kreuzte in der Vorlage immer mal wieder den Weg des Spielers, um ihn das Schaudern zu lehren. Doch Schluss mit halben Sachen: Mr. X wurde kurzerhand zur permanenten Bedrohung befördert, die euch unermüdlich durch die Gänge des Polizeireviers jagt. Das imposante Stampfen des Ungetüms im Nacken, flüchten wir uns bemüht in den vorläufigen Schutz eines Speicherraums. Wirklich sicher fühlen wir uns aber nie, denn wenn sich der baumlange Goliath in der Nähe befindet, warnen seine dumpfen Schritte schon eine Etage über uns, dass die Bedrohung nicht fern ist. So wird der Spieler bei jedem Fortschrittsversuch von der ungewissen Angst einer Begegnung mit dem Mutanten begleitet. Ein Umstand, der beträchtlich zu der ohnehin schon eindringlichen Atmosphäre beiträgt.
Diese Kreativität bei dem Neudenken des beliebten Serienablegers durchsetzt Resident Evil 2. Es strotzt vor durchdachten, modernisierten Mechaniken, welche die Vorlage zeitgemäß erfahrbar machen. Dies resultiert in einem Remake, das seinen Namen nicht nur verdient, sondern den Maßstab für künftige Neuinterpretationen alter Titel darstellt. Dies schlug sich natürlich auch in der Reaktion von Fans und Medien nieder, welche Resident Evil 2 euphorisch feierten.
Was für einen Lauf Capcom doch hatte, nachdem die Serie sich bereits von ihren Wurzeln zu verabschieden drohte. Es bleibt abzuwarten, wie das japanische Entwicklerstudio in Zukunft mit der Serie umgehen wird – in jedem Fall darf man angesichts der ereignisreichen Geschichte der Reihe gespannt bleiben, wo die weitere Reise hingeht.
Zunächst darf aber ab dem heutigen Tag, den 03. April 2020, in Resident Evil 3 eingetaucht werden. Das Remake zu ‘Resident Evil 3: Nemesis’ unterzieht den Klassiker einem ähnlichen Revitalisierungsprozess, wie ‘Resident Evil 2’. Welche Neuerungen euch in diesem Abenteuer erwarten, könnt ihr in unserem Beitrag Resident Evil 3: Diese Neuerungen bringt das Remake mit sich nachlesen.