Andersspiel: Mosaic

Arbeit ist das halbe Leben, auch wenn es eintönig und grau ist.

Viele unter uns werden sich daher vielleicht in dem einen oder anderen Aspekt des Spiels Mosaic wiedererkennen, denn einen Großteil unseres Erwachsenenlebens ver(sch)wenden wir aufs Arbeiten. Wenn wir Glück haben, ist es in unserem Traumberuf, doch öfter denn nicht nehmen wir die Jobs an, mit denen wir genug Geld verdienen.

So deprimierend ist nicht nur das Setting in Mosaic, sondern auch die Grafik. In einer grau-in-grauen Welt fängt unser Tag wie jeder andere auch an: aufstehen; Zähne putzen; eine SMS lesen, dass wir gefeuert werden, wenn wir zu oft zu spät kommen; sich anhäufende Rechnungen und Mahnungen auf dem Küchentisch ignorieren; den immer leeren Kühlschrank öffnen; uns auf den Weg zur Arbeit machen.
Diesen gehen wir täglich zusammen mit Hunderten anderer namenloser Gestalten, die sich im Aufzug demonstrativ von uns wegdrehen und stur auf ihre Handys starren. Soziale Interaktion existiert nicht, unser Lebensinhalt ist die Arbeit und wir sind Teil eines nie enden wollenden Stroms aus grauen Anzügen, Kostümen und Mobiltelefonen, in dem wir mit unserem weißen Hemd die Einzigen sind, die herausstechen (fällt das keinem auf?).

Aber schon zu Beginn wird deutlich, dass es keine normale Arbeitswoche für uns sein wird. Stattdessen setzen wir uns mit fantastischen Vorkommnissen auseinander und versuchen, diese einzuordnen: farbenfrohe Explosionen seltsame Lichter während wir durch die Luft fliegen; einstürzende Gebäude am Horizont; der Schmetterling, dessen Flugbahn wir minutenlang verfolgen und die Unterhaltung mit unserem einzigen Freund im Waschbecken – einem sprechenden Fisch.
Freiheiten gibt einem das Spiel nicht, es ist ein linear aufgebautes Point-and-Click-Abenteuer, das sich auf die Message und grafischen Elemente konzentriert und nicht auf die Kombinationsleistungen der Spielenden setzt. Herausforderungen gibt es keine in diesem Spiel. Der tägliche Gang zur und von der Arbeit, gespickt mit ungewöhnlichen Situationen hier und dort, sind das Kernelement des Spiels. Auch was uns das Ende sagen will, ist ganz unserer Fantasie überlassen.

Zum Zeitvertreib in dieser öden Welt von Mosaic, einem riesigen Technologieunternehmen, das die ganze Stadt und das Leben darin einzunehmen scheint, stehen uns eine, für uns nicht sehr erfolgreiche, Dating-App, Börsenticker und das Spiel „BlipBlop“, das es auch in der realen Welt für Android und iOS gibt, zur Verfügung. „BlipBlop“ ist ebenso monoton wie die Welt um uns herum. Das Ziel besteht darin, so häufig wie möglich auf den Bildschirm zu klicken, um Boni freizuschalten, die unsere Punktzahl pro geklicktem Blip erhöhen. Nach einiger Zeit macht aber auch dieses Spiel seltsamerweise ziemlich süchtig – und ist nur leider vollkommen optional. Zur Geschichte trägt es nichts bei.
Das einzige Spiel, das notwendig für den Ablauf der Geschichte ist, ist das simple Strategiespiel, aus dem anscheinend unsere Arbeit besteht. In diesem müssen wir Waben in verschiedene Richtungen ausbauen, um mehr Waben generieren zu können und vorgegebene Ziele zu erreichen. Erst dann dürfen wir die Arbeit verlassen, um am nächsten Tag weiterzumachen, eine wenig subtile aber effektvolle Analogie zum Alltag vieler Menschen.

Wenn wir uns fragen, was der Sinn gewisser Spielmechanismen ist, dann haben wir den Kern des Spiels vermutlich schon gefunden. Die einzigen Lichtblicke sind die Situationen, die uns außerhalb des vorgegebenen Schemas führen. Eine Anleitung dafür bietet uns das Spiel allerdings nicht und wirft uns mitten rein ins Geschehen. So kann vor allem das geübte Spielerauge wahrnehmen, dass wir vielleicht etwas mehr sehen, wenn wir nicht immer nur dem Strom folgen.
Das norwegisch Entwicklerstudio Krillbite Studio (Publisher: Raw Fury) kreiert mit Mosaic zwar ein extrem kurzes Spielvergnügen, max. 3 Stunden soll es dauern, mehr würde sich für diese Simulation aber auch nicht lohnen, da der Spielverlauf schnell öde werden kann. Gerade weil dem Spieler keine Freiheiten gegeben werden. Für solche, die aber gern Philosophieren und denen es nicht allzu viel ausmacht, dass das Spiel sich mit durchaus realen Szenarien auseinandersetzt und damit näher am Alltag dran ist als einem lieb ist, wird es sich lohnen.
Der Low Poly-Grafikstil und die atmosphärische Musik, die immer präsent, aber nie aufdringlich ist, tun ihr Übriges für die Atmosphäre des Spiels.

Seit dem 05. Dezember letzten Jahres könnt ihr das preisgekrönte Mosaic auf Steam, GOG, Apple Arcade und auf allen gängigen Konsolen erwerben, das sogar 18 Sprachen in Ton und Text unterstützt.

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