„Als Geist seinen eigenen Mord aufklären?“ klingt zumindest sehr Interessant und ich kann mich persönlich nicht an ein Spiel mit ähnlicher Thematik erinnern. Ob die Spielidee sowie Umsetzung von „Airtight Games“ aufgeht?

Als sich Polizeiermittler Ronan O’Connor eines Nachts zu einem Apartment begibt, ahnt er noch nicht, das dies sein letzter Ort sein würde, den er als lebender Mensch betritt. An der Wohnung angekommen bemerkt Ronan anhand den Lauten eines Kampfs und der sperrangelweit aufgerissenen Tür, das hier etwas nicht stimmt und stürzt sich direkt auf den möglichen Täter, ohne mit der Wimper zu zucken. Was er nicht weiß – Der Täter besitzt eine ungeheure Kraft und schleudert den Polizeiermittler quer durch die Wohnung, bis er am Ende schließlich durch ein Fenster geworfen wird. Ronan wird zu einem Geist und braucht einen Moment um zu verstehen da er gestorben war, doch er sieht noch eine Chance und bemerkt, dass sein Körper noch am Leben ist. Der Versuch seinen Geist erneut mit seinem Körper zu verschmelzen ist zum Scheitern verurteilt, da Ronan dabei zusehen muss, wie der Täter seinen Körper nachträglich mit einigen Schüssen zersiebt. Nun gibt es kein Zurück und O’Connor verlässt seinen Körper endgültig. Als er seine verstorbene Frau Julia sieht, kann er sein Glück kaum fassen und wünscht sich nichts sehnlicher als wieder mit Ihr vereint zu sein. Doch dies ist leider nicht möglich, da seine Seele noch keinen Frieden gefunden hat. Erst wenn Ronan seinen Mord aufgeklärt hat, darf er die Zwischenwelt verlassen und in das Licht treten.

Als Square Enix auf der letztjährigen E3 den Titel Murdered: Soul Suspect (kurz: MSS) vorstellte und auch erstes Gameplay zu sehen war, fand ich die Spielidee durchaus erfrischend. Als Geist seinen eigenen Mord in einem 3rd-Person-Adventure aufdecken? Ein ähnliches Spiel ist mir persönlich nicht bekannt und ich war sehr gespannt selbst Hand anzulegen. Nachdem MSS zunächst nur für die Last-Gen angekündigt wurde, war ich sehr erfreut darüber, als auch die Umsetzung für die Current-Gens Xbox One sowie PlayStation 4 bestätigt wurde und somit habe ich für das Review auf die Xbox One-Version zurückgegriffen.

Düsteres Setting in der kleinen Stadt

Nach dem sehr ernsten Anfang dürfte schnell klar sein – MSS ist ein eher düsteres 3rd-Person-Adventure und dieser Eindruck bleibt auch über die gesamte Spielzeit hinweg bestehen. Auch der Soundtrack, der eigentlich eher weniger aus Musik sondern mehr aus atmosphärischen Soundeffekten besteht, schafft zusätzlich eine drückende Stimmung. Da ihr euren Mord quasi binnen einer Nacht aufdeckt, bewegt ihr euren Protagonisten Ronan somit nur in der Dunkelheit durch Saleem, einer kleinen Stadt die ebenfalls düster und unbelebt wirkt. Natürlich trefft ihr auch auf einige Bewohner, die sich entweder alleine oder in Gruppen aufhalten und über verschiedene Themen sprechen, wobei die Morde meist omnipräsent sind. Lebhaft schaut das ganze aber nicht immer aus. Auch Tiere (mit Ausnahme von Katzen und Krähen die zumindest in manchen Abschnitten zu finden sind) sucht man ansonsten vergebens. Oft kommt es auch vor, dass die Stadtbewohner spazieren gehen und irgendwann in einer Wand verschwinden sowie wieder auftauchen, als wären es ebenfalls Geister. Das ist zwar weniger dramatisch und fällt vielleicht nicht jedem auf, aber logisch ist das ganze sicherlich nicht. Die verschiedenen Schauplätze wie z. B. einem kleinen Strand mit gekenterten Booten, einem Friedhof und einer Irrenanstalt fügen sich sehr stimmungsvoll in das Setting ein und bestätigen die Ernsthaftigkeit dieses Titels.

Murdered: Soul Suspect

In punkto Optik weiß der Titel zu überzeugen und ich persönlich mag den finsteren Look von MSS. Besonders eurem Charakter Ronan wurden einige Details spendiert, so dass sich z. B. Outfit-Merkmale wie eine Kette an der Jeans und die Armmanschetten bewegen. Auch schaut sich Ronan immer mal wieder die Umgebung an und spielt viel mit seinen Augen – Das sieht nicht nur gut aus, sondern verleiht dem ganzen eine gewisse Authentizität. Für etwas Witz sorgt die Zigarette, die Ronan über die gesamte Spielzeit im Mund hält. Nichts auszusetzen gibt es auch bei den anderen Bewohnern und KI-Menschen, die alle samt gut aussehen und nett animiert sind, wenngleich auch die ein oder andere Animation zusätzlich nicht geschadet hätte – doch dazu komme ich noch. Besonders schwer tue ich mich persönlich mit dem Gesamteindruck der Stadt Saleem. Auf der einen Seite gibt es die gelungene Präsentation mit einigen Gebäuden, einer Tankstelle sowie natürlich einem Friedhof und anderen stimmungsvollen Orten, die mit Ausnahme der Grasböden wirklich hübsche Texturen aufweisen. Auf der anderen Seite irritiert mich die doch sehr klein geratene Größe und das wenige Leben auf der Strasse. Alles ist verschlossen sowie lediglich mit dunklem Glas versehen und man kann z. B. nicht mal durch die Scheiben in ein Cafe hineinblicken. Wenn man möchte, könnte man mit Ronan in nicht mal 6 Minuten alle spielbaren Bereiche ablaufen und somit bleibt nicht wirklich Platz für nette Details. Lasst euch jedoch nicht abschrecken, denn für das abfrühstücken des reinen Abenteuers reichen die eingebauten Elemente aus.

„Ja nichts anfassen!“ – Das Gameplay im Detail

Eigentlich logisch, aber dennoch überrascht war ich von der Tatsache, dass man als „Geist“ ja nichts anfassen kann. Ich stellte mir die Frage, ob das Fehlen eines Inventars bei einem Adventure-Titel wirklich eine gute Idee ist und überhaupt durchsetzbar wäre. Tja, was soll ich sagen, es geht! Man braucht von Zeit zur Zeit nur jemand menschliches an seiner Seite, wie z. B. einem Medium. Ansonsten kommt man im Spiel auch gut allein zurecht. Wie anfangs erwähnt besteht eure Hauptaufgabe darin, den eigenen Mord aufzudecken, damit eure Seele den verdienten Frieden findet und Ronan in das grelle Licht voller wärme treten darf. Was zunächst nach einem einfachen Plan klingt, entpuppt sich im späteren Verlauf als ein weitaus schwierigeres Unterfangen voller Verstrickungen, ohne jetzt großartig zu Spoilern. Doch, wie kann man als Geist nun aktiv zur Lösung seines Mordfalls beitragen?

Murdered: Soul Suspect

Ganz einfach: Mittels Beeinflussung! Ihr könnt nämlich kurzerhand Besitz von Personen oder gar Tieren (Katze) übernehmen und somit begrenzte Handlungen vollziehen. Nehmen wir das Beispiel eures Mordes zu Beginn, wo die Polizei einige Zeugenaussagen auf der Strasse aufnimmt. Ein Polizist steht mit geöffnetem Notizblock vor einer Zeugin und stellt ihr offensichtlich ein paar Fragen. Wäre es nicht toll, die Gedanken des Cops zu lesen um zu erfahren, wie er über die Aussagen der Zeugin denkt? Natürlich wäre das cool und mittels einem einfachen Kopfdruck ist das schnell passiert. So erfahrt ihr z. B., das der Polizist die Meinung vertritt: „Die Zeugin ist viel zu aufgebracht um sachliche Aussagen zu treffen“. Natürlich, denn wer findet schon die richtigen Worte bei einer sichtbaren Leiche auf der Strasse. Glücklicherweise könnt ihr mit Ronan auch hier helfen, nehmt Besitz von der Zeugin und ordnet quasi in einem „Minigame“ ihre Gedanken. Dabei gilt es aus den Bildern das richtige Motiv oder die richtigen Motive (bis zu drei) zu finden, so dass die Zeugin wieder weiß, was Sie eigentlich sagen wollte. Diese Art von Minigames gibt es aber nicht nur bei den Gedanken von anderen Personen, sondern auch bei euren eigenen. Meist befindet sich Ronan an einem Ort oder in einem Raum um nach Hinweisen zu suchen. Habt ihr alle Hinweise zusammen, oder meint mit den bislang gefundenen die Lösung herbeizuführen. könnt ihr das Minigame antreten. Deutet ihr alle Bilder richtig und treibt somit die Story voran, erhaltet ihr eine gute Wertung von drei Sternen, doch was ist, wenn ihr einmal falsch liegt? Gar nichts, denn außer das ihr im schlimmsten Fall nur noch einen Stern bekommt, dürft ihr so oft falsch raten, wie ihr wollt. Irgendwann sind alle Kombinationen erschöpft und es bleiben nur noch die richtigen übrig, um auch hier die Story endlich weiterzuführen.

Gelegentlich kommt es auch vor, das ihr Besitz von jemandem übernehmen müsst, um durch die Augen der Person zu sehen. Dies ermöglicht euch z. B. den Blick auf Notizblöcke oder einem PC-Monitor um selbst auf weitere Hinweise zu kommen, oder der betreffenden Person einen Denkanstoß in die richtige Richtung zu geben. In manchen Situationen müsst ihr euch als Poltergeist versuchen und somit Fernseher, Radios, Telefone, Drucker, Kameras sowie Getränkeautomaten zu einem Fehlverhalten bringen um für etwas Ablenkung zu sorgen. Hierbei ist es nicht so schön, wenn die zu ablenkende Person zu dem jeweiligen Objekt wie z. B. einem Radio hin geht und das Gerät ohne eine sichtbare Animation abschaltet. Ich hätte zumindest den Versuch eine Hand zu bewegen schlicht weg erwartet.

„Tach, Geist! – Darf ich mal kurz hier rein?“

Auch als Geist, muss man sich an einige Regeln halten und so darf man Gebäude nur betreten oder verlassen, wenn einem Türen sowie Fenster offen stehen, oder freundlicherweise für euch geöffnet werden. Natürlich könnt ihr einen Menschen dank Besitzübernahme quasi als kostenloses Taxi missbrauchen um über Hindernisse hinweg zu gelangen, oder andere Räume zu betreten. In einem Gebäude dürft ihr euch dann austoben und durch Wände und geschlossene Türen laufen, soviel ihr wollt. Ich persönlich habe mich oft dabei erwischt, wie ich Gänge benutzte, anstatt mal einfach durch die Wand zu gehen. 🙂 Das muss die Macht der Gewohnheit sein.

Murdered: Soul Suspect

Wie vorhin erwähnt kommt es gelegentlich vor, das ihr auf eine Katze trefft. Wenn dies der Fall ist, könnt ihr stark davon ausgehen, das ihr ohne die Hilfe des Stubentigers nicht weiter kommt, denn meist müsst ihr dann Besitz des kleinen pelzigen Vierbeiners übernehmen und euch durch Lüftungskanäle bewegen sowie auf Bäume klettern. Die Steuerung der Katze ist ziemlich witzig und ganz gut umgesetzt worden, denn die Animationen sind durchaus gelungen und auch die niedlichen Töne beim Sprung auf höhere oder niedrigere Ebenen fehlen nicht. Zusätzlich dürft ihr mittels Tastendruck Miauen soviel ihr mögt. Dies ist zwar nicht wichtig für das Spielgeschehen, wurde aber vermutlich einfach als weiterer Spaßfaktor eingebaut. Ein absoluter Spaßkiller hingegen sind für mich die vermeintlichen „Dämonen„, die in keinster Weise das eigentliche Spielgeschehen beeinflussen. Das soll heißen, dass man MSS auch ohne dieses Element normal durchspielen könnte. Klar ist zwar, dass die Dämonen eigentlich Geister sind, die zu lange in der Zwischenwelt präsent waren und sich verloren haben, jedoch ist völlig unklar warum diese in einem Abschnitt plötzlich erscheinen. Aber gut, was bewirken diese bösen Geister denn nun eigentlich? Also, wenn sie euch sehen, seit ihr dran! Mit etwas Glück, habt ihr einige Sekunden um euch mittels Teleportierung in Sicherheit zu bringen und in einem der Seelenschatten zu verstecken. Natürlich werden euch die Dämonen folgen und ihr müsst euch von Seelenschatten zu Seelenschatten bewegen, bis die Fieslinge ihre Suche aufgeben und zu ihren geskripteten Navigationspunkten zurückkehren. Als Geist habt ihr natürlich auch dafür eine wichtige Fähigkeit und könnt mittels Tastendruck in eine andere Ansicht wechseln, die nahezu alle Objekte ausblendet und euch die bösen Dämonen samt der Blickrichtung in Orange anzeigt. Somit könnt ihr eure Taktik planen, um euch den Bösewichten von hinten zu nähern und auszuschalten, denn dies geht nur, wenn euch die Dämonen den Rücken zeigen. Helfen kann euch oft eine kleine Ablenkung in Form eines Raben, die meist in der Nähe zu finden sind. Das krähen einer Rabe lockt einen Dämonen unmittelbar an und ihr könnt die Gunst der Stunde zur Eliminierung nutzen. Man kann sich darüber Streiten, aber dieses Gameplay-Element steckt einfach voller Ungereimtheiten. Wenn ihr einen dieser fiesen Geister erledigt, dauert das ein paar Sekunden und während des Kampfes stößt dieser einen fürchterlichen Schrei aus, so dass andere Dämonen in unmittelbarer Nähe darauf aufmerksam werden sollten, was aber nicht passiert. Schaut jedoch ein anderer Dämon in eure Richtung, während ihr den anderen ausschaltet, nimmt dieser automatisch die Jagd auf euch auf. Der einzig logische Sinn zur Integration dieser Dämonen ist die künstliche Verlängerung der recht kurzen Spielzeit, denn wenn ihr euch nur auf die Hauptstory konzentrieren würdet und es gäbe keine Dämonen, könnten geübte Spieler bereits nach 3-4 Stunden dem Ende entgegen steuern.

Murdered: Soul Suspect

Ronan, der Hilfsbereite Sammler

Selbst als Geist hat Ronan keine Ruhe und so dürft ihr selbst entscheiden, ob ihr ein paar anderen verzweifelten Geistern in ein paar Nebenmissionen helfen möchtet, die sich ebenfalls in einer ähnlichen Situation befinden. Als gutes Vorbild voran habe ich persönlich allen geholfen, endlich ihren Frieden zu finden und das geht auch hier ziemlich einfach. Wie beim bereits bekannten Gameplay sammelt ihr auch in der Nähe des betreffenden Geistes nach Hinweisen, beeinflusst eventuell die ein oder andere Person und setzt die gefundenen Hinweise bis zur Lösung zusammen. Das Ergebnis teilt ihr dem jeweiligen Geist mit, der euch mit anschließendem Dank verlässt. Einen Vorteil verschafft euch die Hilfsbereitschaft nicht wirklich, aber immerhin erhaltet ihr das ein oder andere Achievement. Allgemein ist MSS sehr spendabel in dieser Hinsicht, denn ihr bekommt für nahezu alles eine Belohnung. 🙂

Wesentlich mehr hat man vom Sammeln diverse Fragmente im Spiel wie z. B. kleine Nachrichten von Ronans verstorbenen Frau Julia oder gar kleine Tagebucheinträge des Glockenmörders. Davon gibt es in Saleem sehr viele und ich hatte noch immer nicht alle gefunden, aber einige der Fragmente bringen euch natürlich auch Achievements aber oft auch kleine Rendersequenzen um mehr über die Story zu erfahren. Dies gibt euch oft Einblick in einige Details, die man sonst nicht sehen würde.

Wertungskasten
Grafik
7
Sound
7
Gameplay
8
test-murdered-soul-suspectMit Murdered: Soul Suspect hat Airtight Games ein nettes 3rd-Person-Adventure auf die Beine gestellt, dass das Wort "Gameplay" in manchen Bereichen neu definiert. Als Geist seinen Mord aufzudecken klingt zunächst sehr spannend, aber wird leider durch die oft wechselnde Spannungskurve auf eine harte Probe gestellt. Manchmal ist man gefesselt und wird von plötzlichen Wendungen überrascht, oder man erahnt schon vorher, was genau passieren wird. Nichts desto trotz ist das Abenteuer mit Ausnahme der sehr nervenden Dämonen solide umgesetzt worden. MSS ist aufgrund seines Settings für Abenteurer durchaus interessant, wenngleich es von der Spielzeit nur für einen Sonntag reicht.

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