Vögel, es geht um Vögel, eine junge Detektivin, einen (oder zwei? oder mehrere?) Widersacher*innen, eine farbenfrohe Welt voller Perspektive – aber vor allem geht es um Vögel. In 30 Birds reist Zig durch die farbenfrohe Laternenwelt, um die Weltenschöpferin und Schutzgöttin Simurgh (in Form eines Vogels) so schnell wie möglich zu finden und sie nicht dem ewigen Schlaf anheim fallen zu lassen. Mithilfe von Vögeln.
Entspannt fängt das Spiel an. Als das junge Mädchen Zig reisen wir nach Zentralstadt, in der das große Fest zum langersehnten Erwachen Simurghs vorbereitet wird. Ein seltenes Spektakel, das nur alle 50 Jahre stattfindet – ein Grund zum Feiern also. Aber leider werden die Feierlichkeiten durch die Entführung Simurghs getrübt – und Zig erfährt schnell durch ihren etwas genervten Informanten und seinem Astralkojoten, dass ihr die Aufgabe zufällt, das Rätsel um die Entführung Simurghs zu lösen und sie hoffentlich unbeschadet wiederzufinden.
Laterne, Laterne…
Ins Auge fällt Spielenden bei 30 Birds sofort die künstlerische, handgemalte Gestaltung des Spiels, für die sich die beiden Schöpfer*innen des belgischen Studios Ram Ram Games laut eigener Aussagen auf einer Istanbulreise von den frühen nahöstlichen, v.a. der persischen, Kulturen inspirieren ließen. Die fantastischen „Städte“, durch die wir reisen, sind in Form von Laternen gestaltet, auf denen sich Zig durch die 2D-Welt bewegt. Jedoch bedient sich das Spiel auch an 3D-Elementen, um bspw. die Laternenstruktur der Welten hervorzuheben und Tiefe in Form vorglagerter, grafischer Ebenen wie Umwelt oder NPCs zu erzeugen.
Wir bewegen uns also nicht nur in einer geraden Linie über den Bildschirm, sondern erleben die Städte und Geschäfte auf den vier Seiten der Laternen, über deren Kanten wir in die verschiedenen Bezirke gelangen. Zwischen den Städten benutzen wir entweder umweltbewusst die Bahn oder fliegen mit unserem Teppich umher.
Ein bisschen Eingewöhnungszeit war dabei notwendig, um mit dieser Art der Perspektive zurechtzukommen, doch schnell wurden wir eh von den eigentlichen Stars der Welt in Beschlag genommen: den Vögeln. Neben Menschen und weiteren mystischen Wesen wie Dschinns oder Dämonen sind Vögel ein elementarer Bestandteil der Laternenwelt; alle mit ihren eigenen Persönlichkeiten und Stärken – und alle ähnlich kauzig. Unterstützt werden wir in unserer detektivischen Tätigkeit bspw. von Hopfa, einem bunten Wiedehopf, der absolut gar keine Schulden oder ein Glücksspielproblem hat. Ganz ehrlich, also, wirklich jetzt!
Und gut als fedriger Begleiter macht er sich auch noch, um die restlichen 29 Vögel zu finden, von denen nicht jeder freiwillig und ohne Widerstand seine Hilfe anbietet. Oftmals ist Überzeugungskraft oder auch Spielgeschick gefragt, um an die Kontaktdaten zu kommen, sodass man alle schnell anrufen kann, sobald das Ritual zur Befreiung Simurghs losgehen kann. Einmal dürfen wir sogar in einer Radioshow wichtige Tipps zur LIEBE geben, was wir mit Bravour gemeistert haben.
Ergänzt wird das visuelle Spektakel von einem passenden Klangteppich. Elektronische Musik, die von den Genres Ska, Dub und Reggea inspiriert wurden und auch einen nahöstlichen Einfluss durchscheinen lassen, begleitet uns auf unserer Reise. Jede Laternenstadt hat ihren eigenen Sound und auch viele der zu lösenden Aufgaben beziehen sich auf Musik.
Rätselspaß pur?
Spielerisch gesehen ist 30 Birds ein klassisches Rätselspiel. Um in der Geschichte voranzukommen, führen wir als Zig Gespräche mit NPCs, die uns Hinweise und Aufgaben geben, und lösen an vielen Stellen Rätsel oder spielen Geschicklichkeitsspiele. Verlieren können wir dabei nicht, manchmal dauert es einfach nur ein bisschen, bis das Rätsel endlich gelöst oder das Spiel endlich erfolgreich beendet werden konnte.
Dies ist auch eine kleine Schwäche des Spiels. Während viele Puzzle kurz und nicht sonderlich herausfordernd sind, gibt es zwischendrin Rätsel, die sich ohne Hinweise etwas in die Länge ziehen und zu etwas Frustration führen können. Aber wenigstens haben wir herausgefunden, dass Tätowiererin keine Karriere für uns ist. Sorry…
Insgesamt tut dies dem Spielspaß aber keinen Abbruch und auch kleinere „Sidequests“ erlauben es uns, die Städte und deren Bewohner*innen etwas näher kennenzulernen. Wir machen unsere Gegner*innen bei einer Steinlegepartie fertig und sammeln Federn, Hüte oder Zeichnungen für ein paar extra Minuten Spielspaß und Geschichte ein.
Wir hätten nichts dagegen gehabt, noch ein bisschen länger in der Laternenwelt verbringen und noch mehr als die vier Hauptlaternen und etwa zehn Nebenlaternen erforschen zu können. Vielleicht bekommt der* eine oder die* andere neben dem eigentlichen Spielgenuss auch noch Lust darauf, mehr über die der Ausgestaltung des Spiel zugrundeliegenden Kulturen zu lernen:
„Der Name des Spiels, 30 Birds, ist ein Wortspiel, da „Simurgh“ auf Farsi „dreißig Vögel“ bedeutet. Der Titel bezieht sich auf „Die Konferenz der Vögel“, das mystische Gedicht von Attar von Nishapur. Es erzählt die Geschichte einer Gruppe von Vögeln, die von einem Wiedehopf angeführt werden und sich auf ein Abenteuer begeben, um ihre Gottheit Simurgh zu retten. Am Ende ihrer Reise erreichen dreißig dieser Vögel ein Tal und entdecken einen riesigen See, in dem sie ihr eigenes Spiegelbild sehen können…“