Lange mussten Fans von „God of War“ auf ein Revival des muskulösen Kriegsgottes Kratos warten. Nun schicken die Santa Monica Studios von Sony den furchtlosen Kämpfer in ein neues Abenteuer und versprechen neben der gewohnten Serienrezeptur einige Neuerungen. Ob dieses Experiment gelingt und „God of War“ trotz neuem Storyfokus nichts von seinem alten Glanz verliert?

Story: Ein trauriger Abschied

Viele Jahre sind ins Land gezogen und haben ihre Spuren an dem Kriegshelden Kratos hinterlassen. Kratos ist sichtlich gealtert und hat nunmehr stets seinen Sohn Atreus an seiner Seite. Diesmal stählt er seine eisernen Muskeln nicht in der Sonne Griechenlands, sondern ist im nordischen Midgard, einer von Kälte und Schnee bestimmten Welt, unterwegs. Doch schon zu Beginn ist ein herber Verlust zu betrauern. Faye, Kratos Frau und Atreus‘ Mutter ist gestorben und hat einen letzten Wunsch: Ihre Asche soll von ihrem Sohn auf dem Gipfel des höchsten Berges in Midgard verstreut werden. Doch der ursprünglich geplante Weg auf den Berg wird schnell zu einem unerwarteten Abenteuer. Denn die Bäume, die Kratos anlässlich der Bestattung seiner Frau fällte, waren nicht nur schmuckes Beiwerk im Vorgarten. Vielmehr dienten sie als unsichtbarer Schutzwall, der Kratos und Atreus vor dem Bösen in Midgard bewahrte. So bahnen sich fortan überirdische Wesen und Trolle den Weg quer über den Familienhain. Auch die nordischen Götter sind mit von der Partie und sehen es garnicht gerne, wenn ein griechischer Gott in ihrem Territorium unterwegs ist. Während das Vater-Sohn-Gespann sich durch Horden von Biestern metzelt, erlernt der kleine Atreus nicht nur die Kunst des Kampfes, sondern schafft es, die harte Schale seines Vaters Stück für Stück zu durchbrechen.

Über das gemeinsame Kämpfen und die Sorgen des Erwachsenwerdens

Wenn auch der Storyfokus in „God of War“ auf den ersten Blick gewagt erscheint, ist es doch gerade die Vielschichtigkeit, die dem Titel neue Facetten verleiht. Denn hinsichtlich der Kämpfe erwartet den Spieler eine ganz neue Mechanik, die auf der Schulterperspektive basiert. Neben der obligatorischen Axt gibt es verschiedenste Spezialangriffe, schwere Hiebe sowie krachende Flächenangriffe, mit denen Gegner zur Strecke gebracht werden können. Eine interessante taktische Komponente erhalten die Duelle zudem durch das kämpferische Geschick von Atreus, der seinem Vater tatkräftig zur Seite steht. So verschießt der Kleine auf Kommando Pfeile, hält Gegner fest und greift sie mit seinem Messer an. Mit gesammelten Erfahrungspunkten lassen sich zudem immer neue Skills und Angriffsvarianten freischalten, die vor allem für spätere Kämpfe essenziell sind. Doch nicht nur im Kampf agieren Kratos und Atreus toll miteinander. Auch schafft es der tapfere Nachwuchsgott Atreus nach und nach Zugang zu Kratos väterlichen Gefühlen zu finden. Und wenn auch man immer wieder spürt, dass Atreus mit der Wortkargheit seines Vaters mitunter nur schwer umgehen kann, ist es seine kindliche Neugier, die letztlich die besondere Verbindung der beiden herausarbeitet.

Von majestätischen Welten und witzigen Charakteren

Neben den üblichen Trollen und Göttern erwarten den Spieler selbstredend auch majestätische Bosskämpfe, die wie immer zu einem wahren Spektakel aufwarten. Aber auch gutgesinnte Gesellen kreuzen immer wieder den Weg des glorreichen Gespanns und könnten sich nicht besser in die Welt der Götter einfügen. So begegnet man den zerstrittenen Zwergenbrüdern, die gerne mal zanken und sich in der Waffenschmiede gegenseitig übertreffen wollen. Aber auch die freundliche Hexe, die unter einer epischen Schildkröte haust, führt den Spieler gerne in die Kunst der Magie ein. Ein weiser alter Mann teilt mit den beiden Helden wiederum sein Wissen über die nordische Mythologie. Auch wenn im nordischen Midgard eisige Temperaturen herrschen, erwarten den Spieler einmal mehr epische und düstere Landschaften. So kämpfen sich die beiden Protagonisten durch eine feurige Lavawelt, hinweg über verschneite Gebirge, hindurch durch unwirkliche Welten samt pastellfarbener Flora und Fauna sowie in verzweigte Höhlen. Auch wenn auf eine Openworld verzichtet wurde, erscheint die Spielwelt doch wie ein riesengroßer Spielplatz, dessen Areale sinnvoll miteinander verbunden sind.

Ein wahrer Grafik-Bombast

Hinsichtlich der Grafik setzt „God of War“ zweifelsohne ganz neue Maßstäbe und stellt so manchen Genrebombast gekonnt in den Schatten. In Schnee getauchte Landschaften, herrliche Lichtspiele, bombastische Spezialeffekte sowie eine gekonnte Kameraführung lassen dem Spieler garkeine andere Wahl, als sich in der göttlichen Welt zu verlieren. Die Dialoge werden von einem unvergleichlichen Detailgrad der Charaktere getragen, die den Titel schon beinahe einem Kinoerlebnis gleichkommen lassen. Auch der Klangteppich überzeugt und wartet mit stimmungsvollem Sound auf, der die einzelnen Sequenzen perfekt untermalt. Auch in Sachen Synchronisation haben die englischen als auch deutschen Sprecher ganze Arbeit geleistet und verleihen den Figuren ihre ganz eigene Persönlichkeit.

Wertungskasten
Präsentation
10
Spieldesign
10
Atmosphäre/Story
9
Balance
8
Umfang
9
Jeanette Kanitz
Freie Redakteurin
test-god-of-war „God of War“ knüpft an alte Traditionen an und macht dennoch vieles besser. Die Serie ist erwachsen geworden und „God of War“ hat zweifelsohne das Potenzial, das Action-Adventure des Jahres zu werden. Facettenreiche Figuren, satte Gegnerbrocken, ein durchdachtes Fertigkeitensystem sind nur einige von vielen Kriterien, die in diesem Titel einfach stimmen. Auch wenn die Kämpfe trotz neuer Perspektive abwechslungsreich und brachial ausfallen, sind es vor allem die ruhigen Momente, in denen „God of War“ ganz besonders glänzt. Es ist die Geschichte eines vom Krieg gezeichneten Vaters, der erst durch die Neugier und Beharrlichkeit seines Sohnes an sich selber zu wachsen beginnt. Eingebettet ist das Ganze in eine beinahe schon unwirkliche Kulisse, begleitet von einem epischen Sound und einer gelungenen Vertonung. Ein Meisterwerk das nicht nur Genrefans fesseln wird.