Test

Test: SILENT HILL f

Gar nicht mal so gruselig

Fast zehn Jahre mussten Serienfans nach dem Einstellen der Entwicklung von Silent Hills, dem geplanten Horror-Spiel von Branchenlegende Hideo Kojima, auf die Rückkehr der bekannten Horror-Reihe rund um den namensgebenden Ort warten. Nach dem weniger beliebten Teaser Silent Hill: The Short Message und einem sehr gelungenen Remake des beliebten Serienteils Silent Hill 2, erscheint nun der erste vollwertige neue Teil seit 13 Jahren. Ob und wie dem Studio NeoBards Entertainment gelungen ist, das Erbe der Serie fortzuführen, erfahrt ihr in diesem Test.

Ein echtes Silent Hill?

Klären wir zu Beginn des Tests die wichtigste Frage: Ist SILENT HILL f ein echtes Silent Hill, auch wenn es nicht in der namensgebenden Stadt und nicht einmal in ihrer Umgebung spielt und ist es NeoBards Entertainment gelungen, das Gefühl der Serie zu transportieren? Ja. Absolut. Einhundertprozentig. Dichter Nebel, beklemmende Atmosphäre und eine verzerrte Realität sind dabei und egal woran man bei Silent Hill denkt, fast all das findet sich in SILENT HILL f wieder. Ob SILENT HILL f aber auch ein gutes Silent Hill ist, ist etwas komplizierter zu beantworten…

Aber nun wieder der Reihe nach. Das Spiel führt die Reihe erstmals nach Japan, in das scheinbar beschauliche Bergdorf Ebisugaoka in den 1960er-Jahren. Man schlüpft in die Rolle der Schülerin Hinako Shimizu, die zwischen familiären Konflikten und unter dem Druck ihrer Umgebung steht. Zu Beginn des Spiels möchte sich Hinako mit ihren Freunden im Dorf treffen, doch schnell zeigt sich, dass etwas nicht stimmt. Das Dorf wird bald von unheimlichen roten Blüten, dichtem Nebel und grotesken Kreaturen überrannt und die Freundesgruppe auseinandergerissen. Wenig später wacht Hinako in einer japanischen Tempelanlage auf, wo bereits eine mysteriöse Figur mit Fuchsmaske auf sie wartet. Im Laufe des Spiels wechselt Hinako immer wieder zwischen ihrer eigenen Welt, dem Dorf Ebisugaoka und der Tempelanlage, die als die sogenannte Otherworld dient.

Die Hauptcharakterin von Silent Hill f steht vor einer Straße, die im Nebel umhüllt ist. In ihrer Hand hält sie eine Brechstange.
In my restless dreams, I see that town…

Das Spiel wechselt dabei auf überraschend einfache Weise zwischen Abschnitten im Dorf und der mysteriösen Tempelanlage hin und her. In diesen Bereichen ist Hinako nicht allein, denn verschiedene Monster, die ebenfalls serientypisch phänomenal und unnatürlich gestaltet sind, verfolgen sie. Während Hinako zu Beginn nur fliehen kann, findet sie schon bald verschiedene Waffen, mit denen sie sich zur Wehr setzen kann. Diese Waffen sind ausschließlich Nahkampfwaffen, Schusswaffen oder andere Projektilwaffen gibt es in SILENT HILL f nicht.

Mehr Prügeln, weniger Gruseln

Hier zeigt sich bereits der erste Kritikpunkt: SILENT HILL f ist extrem kampflastig. Quasi die Hälfte des Spiels, wenn nicht mehr, wird man von Gegnern verfolgt. Manchmal kann man einfach vor diesen wegrennen, oft genug wird man aber auch zum Kampf gezwungen. Hinako verfügt über eine Lebensanzeige, eine Leiste für ihre geistige Gesundheit und eine Ausdaueranzeige. Zusätzlich kann sie zwischen leichtem und schwerem Schlag wählen, ausweichen und bei bestimmten Angriffen blocken. Zwar funktioniert das grundsätzlich, fühlt sich aber insgesamt holprig an. Das Kämpfen ist allgegenwärtig, aber kaum befriedigend, was an Hinakos geringen Bewegungstempo, der schnell erschöpfenden Ausdauerleiste und den monotonen Angriffsmustern der Gegner liegt, die nach einiger Zeit ermüdend wirken.

SILENT HILL f hat generell ein Problem mit den Monstern. Zwar sind diese gut gestaltet, es gibt jedoch nur fünf feste Gegnertypen außerhalb der Bosse und von zwei dieser Typen wird einem praktisch alle drei Minuten mindestens einer entgegengeworfen. Das wirkt nicht nur ermüdend, besonders gegen Ende, wo man fast nur noch von Kampf zu Kampf hetzt, sondern schwächt auch das Horror-Gefühl erheblich. Darüber hinaus sind die Kämpfe insgesamt kaum herausfordernd und die wenigen vorhandenen Bosse wirken eher unkreativ. Lediglich eine Zusatzfähigkeit, die man etwa in der Spielmitte erhält, macht die Kämpfe zeitweise deutlich spaßiger.

Ein Monster greift die Hauptcharakterin Hinako mit einem Messer an. Diese wehrt sich.
Auf Knutschkurs: Die Monster in Silent Hill f scheuen keinen Direktangriff

Ein weiteres Element sind die Rätsel, für die die Serie ebenfalls bekannt ist. Diese reichen von in Ordnung bis spaßig und kreativ. Oft handelt es sich um Wörterrätsel, manchmal muss man einfach nur genau hinsehen. Eines der interessantesten Rätsel ist ein im Nebel verborgenes Reisfeld mit verschiedenen Vogelscheuchen, bei dem nur eine den richtigen Weg durch den Nebel weist und ein vorangestellter Text nur einen dezenten Hinweis darauf gibt, welche die richtige ist. Scheitert man hier, muss man kämpfen, was in in diesem Fall wie eine faire Bestrafung wirkte. Es gibt jedoch auch Rätsel, bei denen man linear folgen und denselben Dungeon mehrfach durchlaufen muss, um schließlich eine Tür zu öffnen. Insgesamt ist SILENT HILL f in diesem Bereich nicht revolutionär, aber unterhaltsam genug.

Das Layout des Dorfes und der Tempelanlage verändert sich stetig, wodurch sich immer wieder neue Wege öffnen und zahlreiche Entdeckungen möglich sind. Man findet regelmäßig Heilitems, Gegenstände zum Reparieren der eigenen Waffen, neue Waffen oder Upgrade-Items, mit denen man Lebens- oder Ausdaueranzeige erweitern kann. SILENT HILL f belohnt genaues Hinsehen, und das Item-Balancing ist so gut gelungen, dass während des gesamten Durchspielens weder etwas fehlte noch zu viel vorhanden war, wodurch unbedachtes Spielen, aber auch Frust vermieden wird.

Eine Vogelscheuche in Schuluniform mit weißer Maske weist den weg und zeigt nach rechts. In der Mitte steht die Hauptcharakterin mit einer Brechstange in der Hand. Im Hintergrund ist ein von Nebel umgebenes Feld zu sehen.
Ein Schild hätte es auch getan: Die Vogelscheuche weist den Weg durch den Nebel

Angstfaktor: Null

Zurück zur Narrative und damit auch irgendwie zum Horror… Silent Hill setzt als Serie vor allem auf psychologischen Horror, wobei die Hauptcharaktere mit inneren Konflikten und Traumata kämpfen und das trifft auch auf Hinako zu. Neben übergriffigen Eltern plagt sie ein Gefühl der Nutzlosigkeit und ein innerer Konflikt in ihrer Rolle als heranwachsende Frau, einschließlich der Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen und gesellschaftlichen Normen, die sich zunehmend in der Spielwelt und den Monstern widerspiegeln. Man merkt, wie Hinako im Verlauf des Spiels immer mehr ihre geistige Gesundheit verliert und sich weiter dem Wahnsinn hingibt, in dem kleine Notizen in der Spielwelt die eigene Interpretation ihrer Psyche weiter fördern. Dies gelingt dem Spiel ausgesprochen gut.

Beinahe noch besser sind die Musik und das Sounddesign, bei denen Serienveteran Akira Yamaoka wieder federführend war, was man an nahezu jeder Stelle merkt. Rascheln oder Knacken aus dem Off, Schreie und Schritte im Hintergrund sowie schaurige Geräusche, kombiniert mit der unangenehm fantastischen Musik, machen dies zum mit Abstand gruseligsten Aspekt von SILENT HILL f, an dem sich viele andere Spiele im Horror-Genre ein Beispiel nehmen könnten.

Die Hauptcharakterin ist aus der Vogelperspektive zu sehen. Sie kniet auf dem Boden und blickt nach unten. Ihre Schuluniform ist zerissen. Um sie herum sind blutrote Blumen und Gewächs zu sehen.
Am Ende ihrer Kräfte: Hinakos Psyche verschlechtert sich immer mehr

Das ist leider das einzige Positive, das ich über den Horror in SILENT HILL f berichten kann, denn finde ich das Spiel einfach nicht gruselig. Ganz am Anfang, beim ersten Gegner, verspürte ich zwar kurz Muffensausen, danach jedoch nie wieder. Zwar ist Horror, wie auch dieser Test generell, ein äußerst subjektives Empfinden, doch als Horror-Fan, der sich gerne und oft gruselt, war ich nach wenigen Stunden beinahe schon verwirrt, wie leicht es mir fiel, durch das Spiel zu kommen. Bei einem guten Horror-Spiel bewegt man sich eigentlich nur ungern voran, das Tempo ist schleppend, der Puls steigt und ein unangenehmes Gefühl macht sich im Brustbereich breit.

Durch SILENT HILL f bin ich aber nahezu jede Straße und jeden Raum durchgerannt und habe meist nur mit einem beiläufigen „Hallöchen“ reagiert, wenn mich einer der wenigen Gegnertypen von der Seite überraschte. Die Gegnerdichte am Anfang ist so hoch, dass spätestens nach zwei Stunden jede Spannung in Bezug auf Horror komplett verloren geht und auch das zuvor erwähnte Sounddesign kann das Problem nicht mehr retten. Es gibt zwar eine Szene, die wirklich extrem unangenehm anzusehen ist, was zeigt, dass das Spiel das Prinzip noch versteht und auch insgesamt ist SILENT HILL f nichts für Zartbesaitete, doch könnten Horror- und besonders Serienfans enttäuscht werden.

Das finde ich besonders schade, weil die Serie genau das eigentlich beherrscht und psychologischer Horror ohnehin mein bevorzugtes Horror-Genre ist. Ich möchte mich beim Spielen leicht unwohl fühlen und gleichzeitig vom Spiel in den Bann gezogen werden, sei es durch ein leises Rascheln oder einen Gegner in der Ferne, der plötzlich verschwindet. All diese Elemente sind in SILENT HILL f zwar vorhanden, wirken jedoch unauthentisch, wenn in nahezu jedem neuen Raum und auf fast jeder Straße derselbe Gegnertyp wieder auftaucht.

Am Ende des Nebels

Hübsch ist SILENT HILL f übrigens allemal und läuft auf der PlayStation 5 im Performance-Modus flüssig mit 60 fps, mit nur zwei kleinen, aber kurz etwas länger anhaltenden Ausnahmen. In HDR kommt das Spiel besonders gut zur Geltung, Charaktermodelle wirken zeitgemäß, und die wenigen vorhandenen Gegnertypen sind wie bereits erwähnt, fantastisch gestaltet und hervorragend animiert. Die Synchronisation ist sowohl in Englisch als auch in Japanisch verfügbar und in beiden Sprachen sehr gelungen. Darüber hinaus sind mir keine Bugs oder sonstigen technischen Probleme aufgefallen.

Die Hauptcharakterin steht vor einem Hasenstall. Auf dem Stall ist ein Foto eines echten Hasen zu sein. Im HIntergrund ist eine abgeschlossene Gittertür zu sehen.
Silent Hop: Wer hat Schnüffi freigelassen?

Durchgespielt habe ich SILENT HILL f in 7 Stunden und 20 Minuten, ohne mich dabei zu hetzen. Damit ist f ein eher kurzes Spiel, was grundsätzlich nicht problematisch ist, beim Preis von 79,99 Euro jedoch negativ anzumerken ist, da das Spiel abgesehen von verschiedenen Enden, die man durch erneutes Durchspielen freischalten kann, kaum zusätzlichen Content bietet. Zwar verändert sich der Spielverlauf im New Game + schon etwas, aber ist ein erneutes Durchspielen nichts für jede*n. Bei solchen Vergleichen tue ich mich zwar eigentlich schwer, aber hier liegt der Preis bei über 10 Euro pro Spielstunde. Gleichzeitig liegen Titel mit vergleichbarem Umfang und Länge, wie Mafia: The Old Country bei 49,99, was deutlich fairer wirkt.

Abschließend lässt sich sagen, dass SILENT HILL f den Ton der Serie gut trifft und verstanden hat, was es bedeutet, Teil dieser Reihe zu sein, in seinen Kernpunkten jedoch deutlich schwächelt. Besonders das kampflastige Leveldesign wirkt schnell ermüdend und raubt dem Spiel das Horror-Gefühl. Nur die teils gelungenen Rätsel und eine zwar nicht herausragende, aber dennoch interessante Geschichte motivieren, sodass ich SILENT HILL f insgesamt als eine gute Spielerfahrung im Gedächtnis behalten werde. Serienfans und Neueinsteigern kann f unter Vorbehalt empfohlen werden, wobei Letztere besser zum deutlich stärkeren Silent Hill 2 Remake greifen sollten, da dort Horror, Geschichte und auch das Preis-Leistungs-Verhältnis deutlich stimmiger sind.

Artikelbilder: ©KONAMI

Fazit

SILENT HILL f überzeugt mit dichter Atmosphäre, stimmigem Sounddesign und einer psychologisch tiefgründigen Protagonistin. Leider leidet das Spiel unter einem kampflastigen Leveldesign, zu hoher Gegnerdichte und mangelnder Horror-Spannung, wodurch das Gruselgefühl schnell verloren geht. Die Rätsel schwanken von wenig bemerkenswert bis abwechslungsreich und die Geschichte ist interessant genug, um weiterspielen zu wollen. Insgesamt ist SILENT HILL f ein vollwertiger Serienteil, den Serienfans unter Vorbehalt genießen können, während Neueinsteiger besser zum Silent Hill 2 Remake greifen sollten.
SILENT HILL f überzeugt mit dichter Atmosphäre, stimmigem Sounddesign und einer psychologisch tiefgründigen Protagonistin. Leider leidet das Spiel unter einem kampflastigen Leveldesign, zu hoher Gegnerdichte und mangelnder Horror-Spannung, wodurch das Gruselgefühl schnell verloren geht. Die Rätsel schwanken von wenig bemerkenswert bis abwechslungsreich und die Geschichte ist interessant genug, um weiterspielen zu wollen. Insgesamt ist SILENT HILL f ein vollwertiger Serienteil, den Serienfans unter Vorbehalt genießen können, während Neueinsteiger besser zum Silent Hill 2 Remake greifen sollten.Test: SILENT HILL f