Test

Test: The Dark Pictures Anthology – House of Ashes

Es ist 2021, Zeit für Teil 3 von insgesamt acht der erfolgreichen Horror-Serie The Dark Pictures Anthology. Nach den Abenteuern in den Vorgängerspielen Man of Medan auf hoher See und der Reise der besonderen Art durch das titelgebende Dorf Little Hope geht es nun für wieder einmal fünf Protagonist*innen im vergangenen Irak-Krieg in unterirdischen Tempelruinen, wo nicht nur allerhand Statuen und schöne Architektur auf sie warten… Nach den gemischten Kritiken der bisherigen Teile, kann House of Ashes überzeugen?

Um zwei Dinge gleich mal vorneweg zu klären: Storylastige Spiele (still lovin‘ Telltale) und das Genre Horror haben definitiv zwei Steine in meinem Brett. Da ich dazu auch noch ein Angsthase bin und regelmäßig bei Jump Scares und Quick-Time-Events in Schwitzen komme, ist die Mischung, die die Spiele der The Dark Pictures Anthology bieten, eigentlich genau mein Ding: gruselige Atmosphäre, ein bisschen Buttongeklicke und viele Zwischensequenzen.
Auch im neuesten Teil der Anthologie bleiben die Entwickler*innen von Supermassive Games dem altbekannten Spieleschema treu: je nach Entscheidungen der Spielenden verändern sich die Schicksale der fünf Hauptfiguren, die alle überleben können oder auch nicht. Es finden sich Vorahnungen und Geheimnisse über das Spiel hinweg verstreut und auch der Kurator, der sich selbst „Bewahrer der Geschichte“ nennt und in mal mehr mal weniger kryptischen Monologen den bisherigen Prozess zusammenfasst, darf nicht fehlen.

Stilsicher beginnt der Prolog mit einer Cutscene, die auf einem Altar drapierte Köpfe von Menschenopfern zeigt, umgeben vom roten Schein der Fackeln. Wir schreiben das Jahr 2231 v. Chr. in Akkad. Vor den Toren des Tempels stehen die Feinde aus Gutiam bereit zum Angriff, die im Tempel selber noch zur Reinigung als Opfergaben dargebracht werden. Gerüchte tummeln sich, dass der König mit der goldenen Maske verrückt geworden sein soll, doch als guter Soldat tut man, was einem befohlen wird. So können Spielende auch gleich entscheiden, ob sie einem davoneilenden Mädchen, das laut einer königlichen Bemerkung überraschende Ähnlichkeit mit der Tochter des Generals hat, einen Speer in den Körper jagen oder sich dagegen entscheiden. Dies hat zwar keinen nennenswerten Einfluss auf das Schicksal des armen Mädchens und den unausweichlichen Untergang des Tempels, sind aber die ersten wegweisenden Schritte in das Spielgeschehen und zum zum Erlernen der Steuerung.
Am Ende wird sich auch noch herausstellen, dass nicht die Feinde vor den Toren, sondern innerhalb dieser das eigentliche Problem darstellen und zum Untergang einer ganzen Zivilisation führen werden…

Unglücklicherweise führt über fast 4000 Jahre später ein Erdbeben gerade während eines Einsatzes amerikanischer Soldaten, die eigentlich nur ein Waffendepot Saddam Husseins ausheben wollten, dazu, dass ebendieser bis dato unter dem irakischen Wüstensand vergrabene Tempel wieder zum Vorschein kommt. Und mit ihm, was alles seit Jahrhunderten verborgen lag…

Neues Spiel, altes Prinzip

House of Ashes setzt im Gegensatz zu den Vorgängerspielen weniger auf den klassischen Gruselhorror, sondern lässt Spielende mit mehr Action und Schießereien (ah, Krieg…) auf die blutsaugenden Riesenfledermäuse reagieren, die jahrhundertelang in den dunklen Abgründen gelebt haben. Und nicht nur die machen es ihnen in den unterirdischen Tempelanlagen schwer, sondern auch einige NPCs, die aber nicht allzu lange überleben, und wie so oft auch zwischenmenschliche Beziehungen. Jede Entscheidung, die in Gesprächen mit anderen Hauptfiguren oder für bestimmte Handlungen getroffen wird, hat Einfluss auf die sozialen Beziehungen und ultimativ auch darauf, wie sich die Geschichte entfaltet. Vorschnelles Handeln kann einem später das Leben kosten, wie wir in unserem ersten Durchlauf leider schmerzlich erfahren mussten (was vielleicht auch daran lag, dass aufploppende Quick-Time-Events manchmal das Erschreckendste waren).

Die bereits erwähnten Steine in meinem Brett wiegen einiges in diesem Titel auf, aber vielleicht hätte man anstelle für bekannte Gesichter (aka Ashley Tisdale als Rachel King) das Geld lieber in technische Verbesserungen stecken können. Keiner der bisherigen Teile der The Dark Pictures Anthology war bisher für seine unglaubliche Grafik bekannt und auch House of Ashes macht da keine Ausnahme. Es zeigt, was gezeigt werden muss, ohne zu glänzen, was im Halbdunkeln unter der Erde noch verzeihbar ist. Aber gerade bei Nahaufnahmen der Charaktere und der nicht-englischen Synchronisation zeigt sich noch Luft nach oben. Während über die Asynchronität der Lippenbewegungen noch hinweggesehen werden kann, wirken die starren Mimiken und Bewegungen trotz Motion-Capture-Technologie deplatziert.
Dass mehr geht zeigen überraschend echt aussehende Reaktionen, die zwischendurch immer mal wieder auffallen, aber auch schnell wieder vergehen, bspw. wenn Rachel dem auf einem Recorder abspielenden Nachricht zuhört, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Generell spielt sich das Spiel nicht sehr flüssig und hakelt gern mal gerade im Übergang von Sequenzen oder nervt mit NPCs, die einem den Weg blockieren. Auch Texturen sind keine Freundin des Spiels, die an einigen Stellen sichtbar nachladen oder auch gar nicht erst vorhanden sind.
Im direkten Vergleich lassen sich einige Fortschritte im Vergleich zu den Vorgängerteilen erkennen, vor allem die frei rotierbare Kamera in der Third-Person-Ansicht ist ein Schritt nach vorn. Ansonsten bleibt alles beim Alten. Es können verschiedene Gegenstände gefunden werden, die die Geschichte weitererklären, man kann Geheimnisse aufdecken, die an einigen Stellen des Spiels noch relevant werden, oder Vorausahnungen ansehen, deren Bedeutung es zu interpretieren gilt.
Auch die Struktur der Geschichte bietet wenig Neues. Den „Goldenen Weg“ (alle Charaktere überleben) haben wir im ersten Durchgang zwar nicht betreten können, aber irgendwo hat es uns schon leidgetan, wenn der eine oder die andere dann doch gestorben sind, auch wenn Supermassive Games laut Kritiken anscheinend generell ein paar Probleme damit hat, tatsächlich sympathische Charaktere zu erstellen. Dabei helfen auch die Dialoge zumindest in der deutschen Übersetzung der etwas abgeschmackt wirkenden Geschichte nicht, die durchweg hölzern klingen und teilweise sogar gar keinen Sinn ergeben. Ach ja, und eine obligatorische Liebesgeschichte darf auch nicht fehlen, ob sie nun zur Geschichte beiträgt oder nicht.

Verschenktes Potenzial

Wer ernste Untertöne ob des Settings der Geschichte erwartet, wird auch hier enttäuscht. Generell erscheint es, dass eher kreative Wege gesucht werden, um die verschiedenen Teile voneinander abzugrenzen, die letztendlich jedoch dieselbe einfache Gruselstory in verschiedenen Varianten erzählen. Zwar sind Themen wie Kriegstraumata (Nick kann einfach nicht loslassen, dass er eine Zivilistin erschossen hat) oder die Frage nach dem Sinn (Salim will eigentlich nur zum 18. Geburtstag seines Sohnes, als der Angriff kommt) präsent, werden aber eher ungeschickt eingebaut. Nach einiger Zeit nervt es schon ein wenig zum bereits dritten Mal über dasselbe Thema zu sprechen.
Aber es scheint, dass das Spiel im Grunde ja auch nicht mehr sein will und tut zumindest auch nicht so.
Durch die verschiedenen Schicksale und sich etwas verändernde Geschichte, den Curator’s Cut, der nach dem ersten Durchgang freigeschaltet wird und ein paar zusätzliche Szenen enthält, drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden in Bezug auf Aktionen (bspw. Reaktionszeit bei Quick Time Events) sowie den bereits bekannten lokalen oder Online-Mehrspielermodi bietet sich für Fans der Serie einiges an Mehrspielwert.

Supermassive Games hat sich mit der achtteiligen Reihe einiges vorgenommen und mit den ersten drei Teilen trotz allem solide vorgelegt. Die zwei Steine im Brett bleiben und wir sind gespannt, was uns Teil 4 bringen wird.

Fazit

Eigentlich bleibt nicht viel zu sagen. Man spielt House of Ashes nicht, weil es gut aussieht oder aufgrund seiner innovativen Spielmechaniken - man spielt es, wenn man gut aufgemachte Geschichten mit minimalem Selbsteinsatz und ein bisschen Horror (im weitesten Sinne) mag. Wer irgendwas zwischen Kinofilm und klassischen Spielprinzipen sucht und sich als Fan des Genres bezeichnet, für den lohnt sich das dritte Kapitel der Dark Pictures Anthology. Unentschlossene Fans des gepflegten Gruselns wird der Titel allerdings wohl nicht gänzlich überzeugen, dafür hakelt es weiterhin an zu vielen Stellschrauben auf einmal.

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Eigentlich bleibt nicht viel zu sagen. Man spielt House of Ashes nicht, weil es gut aussieht oder aufgrund seiner innovativen Spielmechaniken - man spielt es, wenn man gut aufgemachte Geschichten mit minimalem Selbsteinsatz und ein bisschen Horror (im weitesten Sinne) mag. Wer irgendwas zwischen Kinofilm und klassischen Spielprinzipen sucht und sich als Fan des Genres bezeichnet, für den lohnt sich das dritte Kapitel der Dark Pictures Anthology. Unentschlossene Fans des gepflegten Gruselns wird der Titel allerdings wohl nicht gänzlich überzeugen, dafür hakelt es weiterhin an zu vielen Stellschrauben auf einmal.Test: The Dark Pictures Anthology - House of Ashes