Schaffe ich es einen Test zu The Crew Motorfest zu schreiben, ohne „Forza Horizon“ dabei zu erwähnen? Vergesst es! Denn der Ubisoft-Racer ist die wohl offensichtlichste Kopie der erfolgreichen Open-World-Raserei von Playground Games. Damit stellt sich bei Motorfest nun die Identitätsfrage: Wer bin ich und wer will ich sein? Die offensichtliche Antwort: Ich möchte einfach das Multiplattform-Forza-Horizon sein. Besser gut kopiert, als schlecht selbst gemacht. Aber funktioniert das?
Forza, bist du es?
Wenn ich sage, dass uns ein Rennspiel zu einem Racing-Festival einlädt, indem man mehrere Rennen absolvieren muss um am Ende der „King von dat Janze“ zu sein, dann denkt man ja unweigerlich schon an Forza. Immerhin ist es die wohl beste Umsetzung eines Open-World-Arcade-Racers, mit mittlerweile 5 Ablegern. Ubisoft will mit The Crew einfach nur etwas vom Kuchen abhaben. Daher nimmt sich Motorfest nicht nur das gleiche Setting und die gleiche Aufmachung. Nein, es nimmt auch das Prinzip der befahrbaren Insel mit all ihren Renn-Events. Die Kopie wirkt dabei so dreist, dass es zwangsläufig auch einfach echt etwas hermacht! Forza Horizon 5 sieht zugegebenermaßen noch einen Tick schicker aus, aber es herrscht Verwechslungsgefahr. Ob Automodelle oder Vegetation, The Crew Motorfest gleicht seinem großen Vorbild sehr. Und The Crew gelingt es sogar noch ein bisschen besser, durchdrehende und qualmende Reifen darzustellen. Dieses fancy coole Gehabe der Figuren mag ich allerdings weder hier noch da. Damit zieht es allerdings auch einige Stärken mit sich, nicht nur in Bezug auf die Präsentation.
Echt gut, aber
Denn der Kern ist schließlich die Insel und ihre Renn-Events. Tatsächlich wirkt die Welt ebenfalls wie eine Kopie aus der Microsoft-Reihe. Dichte Wälder, breite Strände, hohe Berge, vulkanische Landschaften und beeindruckende Prärie. Wer heizt da denn nicht gerne durch. Das Erkunden der Insel macht auch in Motorfest Laune, weil die Welt schlichtweg eindrucksvoll ist und Feel-Good Vibes liefert. Was geheime Locations und coole Orte angeht, macht FH noch etwas mehr. Eine Beobachtung, die ich häufig machte: Motorfest ist gut, aber FH macht dies und jenes noch einen Tick besser. Aber eine Sache, die mir gut gefiel, ist das Auffinden von Schätzen. Mittels eines „Dragon Ball Radars“ piept mein Navi immer schneller, je mehr ich mich der Kiste nähere.
Hat für mich ehrlich gesagt besser funktioniert, als gelb markierte Spots auf einer Karte abzusuchen. Und dass es in der Ubisoft-Kopie auch Radarfallen gibt, dürfte kaum überraschen. Eine Sache, die The Crew Motorfest allerdings fast besser gemacht hätte, ist die Map. Denn die bietet eine stufenlose Zoomfunktion. Das geht so weit, dass ich nicht nur klassisch die Map auf einen Blick einsehen kann, ich kann sogar bis auf das Blatt einer vertrockneten Pflanze am Straßenrand heran zoomen. In Ingame-Grafik! Das ist ein unglaubliches Gefühl und ist schlichtweg immer wieder beeindruckend. Leider hat man dabei vergessen eine Legende mit Filterfunktion zu implementieren, sodass ich auf den ersten Blick oft gar nicht erkenne, um was für Events es sich bei den Icons handelt. Bestimmte Events lassen sich somit auch nicht ein- oder ausblenden. Mäh.
Das Ding kann was!
Auf der Piste geht es weiter mit „Das ist gut, aber FH ist noch ein bisschen besser“. Motorfest ist noch einen Tick mehr Arcade als Forza Horizon. Das Einschneiden in enge Kurven bei hoher Geschwindigkeit geht ein bisschen leichter von der Hand, was aber nicht unbedingt positiv gemeint ist. Denn das Auto verhält sich dadurch weniger nachvollziehbar als in FH. Geschwindigkeitsgefühl, grundlegendes Handling und Bremsverhalten stimmen aber durchaus und bringen Fahrspaß! Ich sehe da auch durchaus einen Fortschritt gegenüber den Vorgängern der eigenen Reihe. Zudem cool: Mit der Zeit lädt sich die Nitro-Leiste auf und kann noch für den ein oder anderen Boost sorgen. Ein Punkt in dem Motorfest aber schwächelt, ist das Strecken-Layout.
Forza Horizon zeigte sich stets kreativ. Neben Straßenparcours ging es auch mal durch hügelige Dschungel-Passagen, enge Gebirgspässe, kurvige Städte oder auch mal an Stränden entlang. The Crew Motorfest macht das etwas zu selten. Zudem sind die Strecken nicht immer richtige gut aufeinander abgestimmt. So passiert es nicht selten, dass über eine Minute hinweg vielleicht mal 2-3 leichte Kurven kommen, die man nahezu mit Topspeed meistern kann. Auch die so abwechslungsreichen Design-Elemente aus FH, erreichen im Ubisoft-Titel nicht ganz das angestrebte Niveau, sondern sind in der Regel einfach meist „nur gut“.
Leider eine wesentliche Macke
Aber ich will eigentlich nicht zu negativ klingen. Denn The Crew Motorfest zeigt sich durchweg besser als die Vorgänger und insbesondere als das, was ich von dem Titel erwartet habe. Die Songs sind absolute Ohrwürmer und laden zum Mitnicken ein. Es gibt viele Renn-Events, die für Abwechslung sorgen. Auch die Auswahl an Autos macht Spaß, weil da einfach eine ganze Menge bei ist. Zudem kann man sich auch hinter das Steuer eines Flugzeuges oder Bootes setzen und los düsen. Man merkt jedoch, dass dieses eigentlich einzigartige Feature sehr oberflächlich bleibt und nie so wirklich den Gimmick-Status durchbricht. Da fehlt mir noch ein wenig Mut. So kommt es, dass ich mir immer denke: „Gut, aber da wäre noch mehr drin gewesen.“ So richtige Schwächen leistet sich der Titel nämlich gar nicht. Lediglich eine Sache ist meiner Meinung nach unverständlich:
Ich gewinne mit den Rennen Credits und kann mir dann nach vielen Events auch ein neues Gefährt leisten. Günstig sind die nämlich nicht. Tunen und gestalten kann ich die ebenfalls. Doch The Crew Motorfest lässt mich mein eigenes Auto nur in der offenen Welt fahren. Sobald ich bei einem Event bin, wird mir immer (Immer!!) ein Leihwagen zur Verfügung gestellt, wenn auch immer ein anderer. Aber das führt dazu, dass ich gar keine so richtige Bindung zu meinem Fahrzeug aufbauen kann und mich irgendwann auch eigentlich gar nicht mehr wirklich freue, wenn ich es verbessern kann. Weil: Wofür? Eine absolut unverständliche Entscheidung, die die Progression erheblich stört und auch die Motivation killen kann. Ein Need for Speed: Underground oder Most Wanted waren damals in dem Punkt erheblich besser.