Call of Duty: Black Ops 6 tritt an, um die Scharte des enttäuschenden Modern Warfare 3 auszuwetzen. Treyarch investierte vier Jahre Entwicklungszeit – für CoD-Standards eine Ewigkeit. Doch kann der Shooter wirklich Neues bieten?
Woods muss mal wieder ran
Der gewohnte Dreiklang aus Kampagne, Multiplayer und Zombies lockt erneut. Die Story zieht mich zuerst in ihren Bann, denn Black Ops ist für packende Erzählungen bekannt. Im Jahr 1991, nach dem offiziellen Ende des Kalten Krieges, agiert die Schattenorganisation Pantheon im Verborgenen. Als wortkarger Protagonist “Case” bekämpfe ich sie an der Seite von Serienurgestein “Woods” und dem deutschen Hacker “Felix”.
Überraschenderweise wagt Black Ops 6 Ungewöhnliches. Die Kampagne jongliert mit übernatürlichen Elementen und psychologischen Manipulationen, katapultiert mich teils in wahnhafte Abgründe und hebt sich damit nochmal von seinen Vorgängern ab. Kämpfe gegen Monster, Untote und Puppen klingen befremdlich, entpuppen sich aber als unterhaltsam. Neben klassischer Action gibt es Enterhaken-Einsätze und horrorartige Schleichpassagen. Diese Abwechslung erfrischt das CoD-Erlebnis spürbar. Diese Passagen strecken sich auch nicht zu sehr, sodass eine ausgewogene Balance herrscht und ich stets in einem guten Flow verschiedenster Spielelemente bin.
Ein bulgarisches Versteck dient als Basis, bleibt aber auf Storytelling und Waffenupgrades beschränkt. Die Erzählung springt zwischen typischen CoD-Szenarien: Schneemission, Helikoptereinsatz, Wüstenabenteuer – alles dabei, aber oft erzählerisch wirr verknüpft.
Trotz ganz viel Mut ist noch Luft nach oben
Die Stealth-Mechaniken bleiben oberflächlich. Meist konzentriert sich der Kern auf Schleichen, Schalldämpfer und Kills von hinten. Doch darüber hinaus gibt es kaum Möglichkeiten sich spielerisch auszutoben oder auszuprobieren. Unlogische Grenzen stören: Körper lassen sich tragen und werfen, aber nicht über hüfthohe Brückengeländer befördern. Im Vergleich zu ausgereiften Schleichspielen wie Hitman fehlt es an Tiefe und Freiheit. Diese Freiheit vermisse ich auch bei vermeintlichen Rollenspielelementen, die mir hier und da präsentiert werden. Doch so richtig greifen die nie und fühlen sich dann halbgar an.
Die “Open World Mission” enttäuscht ebenfalls. In öder Wüstenlandschaft fahre ich Ziele an und sprenge sie. Statt abwechslungsreicher Umgebungen und cooler Fahrzeuge (ich kann nicht einmal in fremde Fahrzeuge einsteigen…), bietet sich hier nur Einöde. Schlimmer noch: Die Mission lässt sich durch simples Durchfahren, Verstecken und Sprengsatzwerfen absolvieren und macht das Dasein einer offenen Welt damit relativ obsolet.
Rätsel in der Kampagne sind eher ein Abarbeiten als echte Herausforderungen. Sie wiederholen sich oft, sodass man die Lösungen schnell durchschaut. Positiv fallen hingegen die Entscheidungsmöglichkeiten auf, die den Missionsverlauf beeinflussen und den Wiederspielwert erhöhen. Bei einer Wahlkampfveranstaltung gab es beispielsweise drei verschiedene Möglichkeiten die Mission anzugehen und sich deutlich voneinander unterscheiden.
Insgesamt hinterlässt die Kampagne gemischte Gefühle. Die Kreativität und der Mut zur Veränderung sind lobenswert. Nicht alle neuen Elemente überzeugen, als hätte man zu viel in eine zu kurze Kampagne umsetzen wollen. Dennoch zählt sie definitiv zu den besseren Call of Duty Kampagnen und kommende Teile dürfen gerne darauf aufbauen.
Was nach wie vor oben aufspielt ist die Inszenierung. Auch nach etlichen CoD’s schafft man es immer noch diese “Wow-Momente” zu erzeugen, die Hollywood nicht hätte besser machen können. Das passiert vor allem dann in den lineareren Passagen des Spiels.
Der Multiplayer wird noch flotter
Der Multiplayer, das Herzstück des Spiels, bringt eine entscheidende Neuerung: Das Omni-Movement erlaubt Sprinten in alle Richtungen ohne Blickwinkeländerung. Das Gameplay wird merklich schneller, was Geschmackssache ist. Persönlich bevorzuge ich das langsamere Tempo älterer Teile.
Das neue Bewegungssystem kollidiert mit dem traditionellen Kartendesign. Die kompakten 3-Lane-Layouts, ursprünglich für langsameres Gameplay konzipiert, passen nicht optimal zum beschleunigten Tempo. Viele Karten wirken dadurch unausgewogen, nur wenige bieten ein rundes Spielerlebnis. Trotzdem überzeugt das gewohnt präzise Waffenhandling, sodass die Runden nach wie vor immer wieder Laune machen.
Erfreulicherweise kehrt das klassische Prestige-System zurück. Die Gesamtstruktur bleibt vertraut, doch das rasantere Gameplay teilt die Spielerschaft. Manchen gefällt die gesteigerte Dynamik, andere – mich eingeschlossen – sehnen sich nach dem gemäßigteren Tempo früherer Titel.
Die Untoten bleiben
Der Zombie-Modus, ein Serienklassiker, zeigt Ermüdungserscheinungen. Er orientiert sich an bewährten Strukturen, nicht an MW3’s Experimenten. Klare Zielvorgaben und Herausforderungen begleiten die Gegnerwellen. Trotz des vertrauten Spielprinzips fesselt der Modus erneut, oft länger als geplant. Dennoch fehlen echte Innovationen, und im Vergleich zur aufwändigen Kampagne wirkt die Präsentation fast antiquiert. Hier braucht es neue Impulse und nicht nur neue Maps. Dass das Spielprinzip nach wie vor funktioniert, liegt an dem zeitlos zugänglichen Prinzip, welches die Koop-Komponente auch einfach clever ausspielt.
Die Sache mit dem Sound-DLC
Technisch bewegt sich Black Ops 6 auf dem Niveau seiner Vorgänger. Die beeindruckenden Zwischensequenzen in der Kampagne sind nach wie vor das große Highlight und liefern Blockbuster-Feeling. Die Ingame-Grafik begeistert manchmal, aber nicht immer. Atemberaubende Lichteffekte in Innenräumen stehen flach wirkenden Texturen in Außenarealen gegenüber. Die Performance dagegen überzeugt durchgehend und liefert ein durchweg sauberes Erlebnis. Das gilt übrigens auch für den Multiplayer. Ich habe sogar einige Sessions über die Cloud-Funktion des Game Pass auf dem Steam Deck gespielt. Klingt abenteuerlich? War es aber gar nicht. Während ich in vergangenen Jahren immer mal Performanceprobleme mit insbesondere schnellen Spielen über das Cloud-Streaming hatte, läuft hier alles mehr als rund!
Die Audioqualität schwankt jedoch. Der unausgewogene Soundmixer erfordert ständiges Nachregeln. Nicht alle essenziellen Sounds lassen sich über die Audiosteuerung einstellen, sodass sich nie das richtige Balancing findet. Die deutsche Synchronisation bleibt wie in früheren Teilen mittelmäßig und wirkt etwas aufgezwungen. Besonders ärgerlich: Der angepasste Surround-Sound versteckt sich hinter einer 20€-Paywall – eine unverständliche Entscheidung. Immerhin begeistert der Soundtrack mit mitreißenden Kompositionen, die perfekt zur Action passen.