Prince of Persia: The Sands of Time – Ein Meisterwerk wird 20

Vor fast 20 Jahren erschien mit Prince of Persia: The Sands of Time eines der bedeutendsten Spiele der frühen 2000er. Mit dem insgesamt vierten Spiel der Reihe, allerdings dem ersten unter Ubisoft, erschuf der französische Publisher eine Marke, über die damals Land und Leute voller Euphorie sprachen. Heute, knapp 20 Jahre später, feiert das besagte Spiel den eben 20. Geburtstag. Doch angesichts des immer noch nebulösen Remakes, welches vor beinahe drei Jahren angekündigt wurde, lohnt sich ein Blick auf das Spiel umso mehr. Wir reisen zurück in die Vergangenheit und schauen uns die Geburt eines Fan-Lieblings an und wie es so weit kommen konnte, dass das geplante Remake nach wie vor einem Autounfall mit Ansage gleicht.

Sands of Time war ein Reboot

Jordan Mechner ist quasi der Gründer des Franchise. 1989 veröffentlichte er das erste Prince of Persia, welches noch ein 2D-Platformer war, der zunächst nur für den Apple II erschien. Nach weiteren, aber finanziell schwachen Spielen, sollte die Marke einen neuen Anstrich erhalten. Ubisoft erwarb nämlich den bisherigen Spielekatalog, die Rechte an der Marke hielt aber Mechner. Der hatte jedoch eigentlich gar keine Lust mehr, nachdem dieser bereits wenig Einfluss auf den letzten Teil hatte, Prince of Persia 3D. Ubisoft jedoch pitchte quasi erste Entwürfe und Mechner ließ sich am Ende doch umstimmen.

Als Designer und Writer wurde er schließlich mehr und mehr in die Entwicklung eingebunden und hatte großen Einfluss auf die kreative Ausrichtung des Titels. Das Spiel entstand unter Ubisoft Montreal, die sogar parallel noch am ebenfalls legendären Splinter Cell werkelten. Kaum vergleichbar mit dem heutigen Zustand des französischen Publishers. Ein Team von 60-70 Leuten erschuf einen Titel, der später große Wellen schlagen sollte und Top-Wertungen einstrich. Aber wie entstand das Spiel eigentlich genau?

The Sands of Time orientierte sich deutlich am ersten Prince of Persia

Kreative Freiheit

Man legte sich bereits früh darauf fest, dass man sich im Game Design nicht an Prince of Persia 3D orientieren wolle. Und das, obwohl man hier bereits eine Vorlage hätte nehmen können. Doch der Titel kam bei Kritikern und an den Kassen nicht gut an. Das Spiel erinnert sehr an alte Tomb Raider Teile und hat wenig von dem inne, was das schnelle, responsive und akrobatische Feeling von The Sands of Time beinhaltete. Ubisoft und Mechner kristallisierten schnell 4 Kernmechaniken heraus, die sie für essenziell hielten. Akrobatik, Kämpfe, das Konzept von Ort & Zeit, als auch die Rückspulfunktion. Damit orientierte man sich eher an den Wurzeln der Reihe und nahm die Platforming-Elemente des Erstlings zum Vorbild.

PoP 3D ist spielerisch eher ein Tomb Raider Klon, welcher an den Kassen aber wenig Erfolg hatte.

Die Mobilität des persischen Prinzen sollte sich auch in den Kämpfen widerspiegeln. Flüssige Action trifft auf beindruckende Animationen. Diese sollten nicht weniger als Maßstäbe für das Medium und das Genre setzen. Dafür wurden extra Motion-Capture-Aufnahmen in Hülle und Fülle angefertigt. Nicht zuletzt dienten sogar noch Ico und Donald Duck: Goin‘ Quackers als Inspiration. Letzteres Spiel inspirierte das Team dazu die Rückspulfunktion einzubauen, weil man es in Donald Duck als zu frustrierend empfand, die Abschnitte nach dem Ableben immer wieder von vorn beginnen zu müssen. Zunächst als spielerisches Element geplant, um Frust durch Wiederholung von Levels auszumerzen, mauserte es sich schnell als gewinnbringende Idee für die gesamte Story, in die das Feature eingewoben wurde.

Ico analysierte man zudem, um die Verknüpfung in die Spielwelt, aber auch die Interaktion mit dem weiblichen Charakter zu manifestieren. Viele Ideen wurden während der Entwicklung kreiert, die auch währenddessen in die Optimierung der Jade-Engine einflossen. Dies war auch das technische Grundgerüst für Beyond Good & Evil. Nicht alle Einfälle fanden aber den Weg ins Spiel. Die Deadline war straff und zudem hatte beispielsweise die Entwicklung einer E3-Demo noch höchste Priorität. Kaum vorstellbar, dass das Spiel nur 2 ½ Jahre in Entwicklung war.

Aus 1000 und einer Nacht

Wir erinnern uns zurück. Zu Beginn des Spiels besiegen die Perser den Maharadscha von Indien und dringen in den feindlichen Palast ein. Dabei fällt dem persischen Prinzen ein mysteriöser Dolch in die Hände. Noch dazu karren die Bezwinger eine große Sanduhr aus dem Palast. Hintergangen durch den Wesir setzt der Prinz allerdings den Sand der Zeit frei, der das Reich zerstört und nahezu alle Menschen in Monster verwandelt. Somit beginnt ein Kampf gegen die Zeit und gegen den Wesir, bei dem er durch Prinzessin Farah unterstützt wird. Jordan Mechner entwarf dieses ganze Szenario und legte dabei Wert auf eine einfache, aber spannende Geschichte.

Neben einer zugänglichen Thematik bietet sie das klassische Dreieck zwischen Held, Feind und Liebe. Mechner wollte auch Neueinsteigern eine verständliche Story bieten. Cutscenes habe man bewusst sehr kurz gehalten, da Mechner es präferierte die Erzählung in die Welt und das Gameplay zu weben, um ein einheitliches Bild zu erzeugen. Mit der Mischung aus Erzählung, dem akrobatischen Movement, der Zugänglichkeit, der Welt und der Rückspulfunktion, erschufen Mechner und Ubisoft Montreal dann einen Meilenstein der Reihe. Die miteinander verbundenen Gameplay-Elemente waren in der Gesamtkombination bahnbrechend und abwechslungsreich.

Der Serienschöpfer hatte großen kreativen Einfluss auf The Sands of Time

Große Konkurrenz

Mutig war außerdem die starke Einbindung von Mechner, zumal die Ambitionen hier hoch waren. Fun Fact: Das Original von 1989 war in der Version für den GameCube spielbar, wenn man die Konsole mit dem GameBoy Advance verknüpfte. In Europa entwickelte sich das Spiel generell zu einem Kassenschlager. Dafür aber tat man sich auf dem amerikanischen Markt schwer. Immerhin erschienen im angrenzenden Zeitraum auch Call of Duty, Beyond Good & Evil, Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs, Simspons: Hit & Run, Mario Kart: Double Dash, Need for Speed: Underground, Final Fantasy X-2 und Max Payne 2. Spiele erschienen damals, anders als heutige, je nach Region noch zu sehr unterschiedlichen Zeiträumen. Der Oktober und November waren in den USA entsprechend gepackt mit Hochkarätern.

Insbesondere nach hinten raus konnte das Spiel dann aber mit guten Zahlen glänzen, was auch an der Legacy lag, die das Spiel damit erschuf. Zwar sollten die beiden direkten Nachfolger daraufhin schon bald im Fokus stehen, doch The Sands of Time wird immer den wahren Grundstein für eine erfolgreiche 3D-Ära bilden. Die ikonischen Wandläufe, irren Sprungpassagen, leichten Puzzle-Einflüsse und akrobatischen Kämpfe waren in der Form, innerhalb des Settings und mit den Produktionswerten ein gern gesehenes Novum. Dabei steuerte sich der Prinz so griffig und wendig. Dank der aufwändigen Animationsvielfalt war das Handling für mich wegweisend.

Wozu die Soldaten aus Titanfall futuristische Anzüge benötigen, gelingt dem persischen auch problemlos mit einfachen Stiefeln.

Das Remake-Debakel

Ich mochte den Titel seinerzeit sehr. Ich mochte, wie es sich erzählt und wie mir immer wieder neue Fähigkeiten an die Hand gegeben werden. Diese Begeisterung führte sich auch mit den beiden direkten Nachfolgern fort, die in ihrer Art nochmal düsterer daherkamen. Doch The Sands of Time wird immer ein wenig die Legacy des Prinzen tragen. Wegen der Bedeutung des Titels, war die Freude zunächst auch groß, als 2020 ein komplettes Remake des Spiels angekündigt wurde, zumindest wenn man den dazugehörigen Trailer mal ignorierte. Darin präsentierte man uns altbackene Charaktermodelle, die in großen Teilen auch nur geklont wurden.

Dazu wirkten viele Texturen sehr detailarm. So erweckte das Gesehene eher den Eindruck eines Remasters, was Fans des Klassikers in Aufruhr brachte. Die zuständigen indischen Studios Ubisoft Pune und Ubisoft Mumbai ernteten heftige Kritik. Der zunächst um zwei Monate verschobene Release schien aber nicht die Mängel behoben zu haben. So verschob man die Veröffentlichung nur grob in das Fiskaljahr 2022/2023. Doch über ein Jahr später sah sich der französische Publisher gezwungen, den Titel komplett abzugeben. Die Verantwortung erhielt Ubisoft Montreal, eben jenes Studio, welches auch das Original entwickelte. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass das Studio in Montreal riesig ist und dort zahlreiche Titel produziert werden. Daher lässt sich daran zweifeln, ob auch viele Leute von damals am Remake arbeiten.

Das Remake mutet mehr wie ein Spiel aus der Ära der PS3/Xbox 360 an und enttäuschte damit die Fans.

Kurz darauf eine neue Verschiebung, doch dieses Mal ins Ungewisse. Eine Verkettung schlechter Nachrichten. Ein Projekt komplett woanders unterzubringen, ist ein gewaltiger Schritt, der untermauert, dass man in die indischen Studios keinerlei Vertrauen mehr hatte. Darüber hinaus braucht das neue Team Zeit den bestehenden Zustand des Spiels zu analysieren. Damit einher stellen sich auch Fragen, inwieweit man bereits produzierte Dinge komplett über Board werfen muss und was man übernehmen kann. Die Übernahme des Projekts durch Ubisoft Montreal jährt sich bald und es stellt sich die Frage, wann mit dem Remake zu rechnen ist.

Ausgehend vom internen Chaos bei den Franzosen, tut sich die Sorge auf, dass wir uns noch gedulden müssen. Es wäre sicherlich schön passend zum Jubiläum zum Jahresende ein neues Sands of Time zu bekommen, was sicherlich auch seitens Ubisoft ein Wunschszenario ist. Wie schwer man sicher aber tut, ein so lineares Spiel mit modernen Möglichkeiten zu entwickeln, dürfte aber jegliche Vorfreude unter Sand begraben haben. Ob und wann das Remake erscheint, wissen wir nicht. Jedoch wird der Publisher um die Reputation des Spiels wissen, denn der Release eines enttäuschenden Remakes würde nicht nur Fans verärgern, sondern auch das übrig gebliebene Vertrauen der Aktionäre verspielen. Denn anders als deren Videospielheld hat das Studio keine Rückspulfunktion, obwohl kaum ein Unternehmen es so sehr gebrauchen könnte, wie Ubisoft.

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2 Kommentare

  1. Zunächst erstmal: Vielen Dank für dein Lob und deine Anmerkungen. Freut mich, dass dir der Artikel gefallen hat. 🙂
    Die entsprechenden „Unklarheiten“ habe ich nochmal überarbeitet. In der Tat war es so, wie du schon geschrieben hast, dass Goin‘ Quackers keine solche Funktion bot und einer der Teammitglieder das Wiederholen der Passagen nach dem Ableben als „frustrierend“ empfand. Daraus entwickelte sich die Rückspulfunktion, die danach entsprechend auch inhaltlich ausgeweitet wurde.

  2. Prince of Persia: Sands of Time ist für mich eines der besten Spiele aller Zeiten und ein super Beispiel dafür, wie sehr auch die Atmosphäre eines Videospiels vom Konzept der Einheit von Ort und Zeit profitieren kann. Danke für den schönen Artikel, der das Spiel angenehm komplett beleuchtet, ohne sich in Details zu verlieren! 🙂

    Etwas missverständlich fand ich nur die Nennung von Donald Duck: Goin‘ Quackers bzw. Quack Attack als Inspiration, da sie sich so liest, als hätte es eine vergleichbare Rückspulmechanik bereits dort gegeben. Dabei war das ja gerade *nicht* der Fall und einer der Entwickler hätte sich lediglich gewünscht, dass es so etwas gegeben hätte (wie ich erst nach etwas verwirrtem Googeln dann herausgefunden habe).

    (PS: Im Satz direkt davor sollte es vermutlich „in Hülle und Fülle“ heißen, statt nur „in Hülle“.)

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