Andersspiel: State of Mind

Was ist Menschsein?

In State of Mind beschäftigte sich 2018, vor dem ernüchternden Ausbruch des Hypes in 2020, bereits ein von Kritiker*innen gelobter Titel mit dystopischer Cyberpunk-Ästhetik und der Frage, wie weit die technologische Entwicklung gehen kann, bevor sie die Grenzen menschlicher Existenz erreicht.

Richard Nolan lebt im Berlin des Jahres 2048, stilgerecht mit fliegenden Autos, meterhohen Wolkenkratzern und überall anwesenden Robotern. Davon ist die Stadt in der Realität noch zwar noch weit entfernt, aber einige Orte wie die Freiheitsstatue und die Berliner Clubszene kommen dem geschulten Auge doch bekannt vor. Und auch für Nolan könnte die Stadt ruhig etwas anders aussehen. Als Journalist des Senders „The Voice“, dem Sender für Berlin und die westliche Welt, schreibt er in seiner Kolumne vor allem gegen die voranschreitende und allgegenwärtige Technologisierung. In State of Mind erleben der*die Spieler*innen die Tage im Leben Nolans und parallel dazu eines weiteren Charakters namens Newman, in denen sie versuchen, die Geschehnisse vor und nach einem im wahrsten Sinne des Wortes lebensverändernden Autounfall zu rekonstruieren. Denn es geschehen einige merkwürdige Dinge…

Hinzu kommt für Nolan dann noch das mysteriöse Verschwinden von Frau und Sohn, die er in dem eh schon vorhandenen Chaos aus Lügen und Geheimnissen zu finden versucht.
State of Mind legt Wert auf die Erforschung der verschiedenen Handlungsstränge und dem Zusammenfügen der Vorkommnisse, denen sich sowohl Nolan als auch Newman ausgesetzt sehen. Viele Dinge geschehen, die erst im Laufe des Spiels Sinn ergeben und sich stimmig ins Gesamtbild einfügen lassen. Das Zusammenspiel zwischen der düsteren Thematik und polygoner Grafik ist gut aufeinander abgestimmt, gerade wenn es durch die dunklen Ecken Berlins mit seinem Spiel aus Licht und Schatten geht. Die Steuerung hingegen hätte durchaus akkurater sein können. Gerade wenn der Kamerablickwinkel geändert wird, verhält sich der Charakter etwas konfus und muss erst wieder ausgerichtet werden. Zum Glück ist man in diesem Spiel nicht auf hektische Kämpfe oder Verfolgungsjagden angewiesen.

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Im Gedächtnis geblieben ist vor allem der Abschnitt im Anarcho-Club „Doomsday“, der durch seine Atmosphäre einige Erinnerungen an Vor-Corona-Nächte in den Straßen Berlins aufkommen ließ – jedoch ohne das aus dem Ruder laufende Ende im Spiel.
Viel Erkundungsspielraum erlaubt der Titel durch eng abgesteckte Areale und einer kleinen Anzahl an Hintergrund-NPCs leider auch nicht. Wer jedoch eine fesselnde Story, die zum Nachdenken anregt und auch nach einem der mehreren Enden des Spiels noch nachklingt, sucht, der sollte sich State of Mind definitiv mal anschauen.

Der Titel des – nicht überraschend – deutschen Entwicklerstudios Daedelic Entertainment greift, wie so häufig, die Diskussion auf, wie weit Technik gehen darf und ab wann das eigene Menschsein bedroht ist. Eine Debatte, die auch in den folgenden Jahren nicht an Relevanz verlieren wird.
Ganz der Thematik folgend, ist State of Mind auf GOG und Steam für Linux, MacOS und Windows in zwölf Sprachen erhältlich.

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