Wir begleiten Jakob auf die Jagd nach dem tot geglaubten Meisterdieb „Der Rabe“. Ob sich das 1. Kapitel gut schlägt, zeigt unser Test.
London, 1964: In einer dunklen Nacht, bricht der für lange tot gehaltene Meisterdieb mit Spitznamen „Der Rabe“ in ein Museum ein und entwendet einen unbezahlbaren Edelstein – eins der beiden Augen der Sphinx. Dabei überrumpelt er während der Flucht zwei Wachleute, die nur knapp dem Tod entkommen.
Um den zweiten Edelstein vor einem möglichen Diebstahl des Raben zu schützen, wurde dieser in einem sicheren Safe untergebracht und an Board des Orient-Express verfrachtet, wo sich Inspektor Legrand persönlich um die Sicherheit kümmert. Unterstützung erhält Legrand dabei von einem Polizisten des Scotland Yard, der zuvor als Wachmann in dem betroffenem Museum beordert wurde und noch immer mit dem Verlust zu kämpfen hat, sowie dem Wachtmeister Anton Jakob Zellner, dessen Charakter ihr im 1. Kapitel steuert. Der Plan des Inspekteurs: Dem Raben eine Falle stellen um Ihn im Orient-Express auf frischer Tat zu ertappen und zur Rechenschaft zu ziehen.
Durchwachsene Grafik, überragende Mimik und zum größten Teil gute Animationen
Optisch ist „The Raven“ als durchwachsen zu bezeichnen. Die Zwischensequenzen sehen nicht wirklich gut aus und kommen in einer schlechten Qualität daher. Die Umgebungen wirken nicht detailiert genug und weisen an vielen stellen recht schwammige Texturen auf, wobei die verschiedenen Locations sich dennoch sehr gut in das Spiel einfügen und einen guten Gesamteindruck hinterlassen. Gelegentlich vermitteln jedoch manche Objekte einfach falsch am Platz zu sein, da die Textur-Qualität nicht harmoniert. Das gilt auch für sehr viele Objekte, die aus der Nähe betrachtet werden. Eine stärkere Kantenglättung und die Wahl besserer Texturen hätte hier vielleicht etwas Abmilderung geschafft. Bei der Mimik haben sich die Entwickler jedoch wirklich ins Zeug gelegt. Selten habe ich so gut umgesetzte Gesichtszüge sowie Ausdrucksweisen gesehen, die alle Figuren viel lebhafter erscheinen lassen.
Ein Adventure ohne gute Synchronisation ist in meinen Augen ein Horror und hier hat sich KING Art glückerweise sehr gut geschlagen, denn die Synchronisation (egal ob deutsch oder englisch, wobei die deutsche einen Hauch besser ist) ergänzt die sonst so gute Mimik durch fast perfekte Lippenbewegungen. Die Sprecher sind gut gewählt und auch die Dialoge sind nett geschrieben, was auch für die zahlreichen Monologe gilt. Ein weiterer wichtiger Punkt in Adventures sind gute Animationen. Die Charakteranimationen im 1. Kapitel sind bei vielen Figuren sehr ansehnlich und wirken Stimmig. Leider gibt es gerade bei einigen Figuren, die keine Hauptrolle spielen, aber noch unfertig wirkende Animationen, die aber in meinen Augen nicht wirklich stören. Wirklich störend sind hingegen einige Kollisionsabfragen (speziell im Orient-Express), die Anton zu seltsamen Bewegungen animiert. Ein Beispiel: Auf dem Weg zu einer Tür geht eure Figur zunächst in die gewünschte Richtung, bremst abrupt ab, dreht sich ein paar mal um die eigene Achse um dann endlich zur gewünschten Position voranzuschreiten. Dies wäre sicherlich etwas für einen Breakdance-Wettbewerb, aber nicht für ein Adventure. Nichtsdestotrotz ist dies nur ein harmloser Bug, der sicherlich durch einen Patch behoben werden kann.
Vertraute Steuerung, durchaus gelungen Rätsel und sprechlustige Figuren
Im 1. Kapitel von „The Raven“ steuert ihr Wachtmeister Jakob Anton Zellner in gewohnter Point & Click Manier. Das Handling wirkt vertraut und einfach, so dass ihr euch durch einen Klick der rechten Maustaste Erklärungen zu Gegenständen anhören und diese mit der linken Maustaste aufnehmen könnt, um sie zu benutzen oder mit anderen zu kombinieren. Weiterhin startet ihr per Linksklick auch Unterhaltungen. Die Konversation mit anderen Charakteren ist in „The Raven“ ein wichtiger Bestandteil, so dass ihr wirklich über alles mit den Figuren reden solltet. Es kommen öfter nur neue und für eine spezielle Interaktion wichtige Objekte zum Vorschein, wenn man zuvor mit einem bestimmten Charakter redet, der euch daraufhin den Gegenstand der Begierde aushändigt.
Leider ist es nicht immer möglich, Gegenstände sofort aufzunehmen oder zu benutzen, ohne zuvor eine oder mehrere Erklärungen zu erhalten. Auch müssen Objekte so mehrmals angeklickt werden um wirklich alle Informationen darüber zu erhalten. Ein weiteres Problem stellt auch die oftmals schlechte Wegführung dar. Die Bewegung von einer Szene zur nächsten ist meist umständlich, weil man einfach nicht weiß, wo man hinklicken soll. Dies hätte man in erster Linie mit einem größeren Hotspot oder Cursor verhindern können. Hat man den Punkt zum Wechseln der Szene gefunden, lässt euch ein Doppelklick direkt zur nächsten Szene springen, ohne die gesamte Bewegungsanimation abzuwarten. Jedoch ist diese „Schnellreise-Funktion“ nicht überall verfügbar, was zumindest mir nicht verständlich ist.
Während der Spielzeit zwischen drei und fünf Stunden trifft man auf viele Standard-Rätsel, die nicht allzu komplex daher kommen und logisch erscheinen, sofern man das Adventure mit voller Aufmerksamkeit verfolgt. Die Ausnahme könnte das Rätsel zum knacken eines Türschloss machen, das etwas schwieriger ausfällt, jedoch kein großes Problem für versierte Adventure-Spieler darstellt. Lediglich ein eher witziger Logik-Fehler ist mir während der Spielzeit aufgefallen, wo eure Figur Anton ein bereits mitgenommenen Krimi-Roman später noch einmal an sich nimmt. Die Möglichkeiten mit den Gegenständen oder der Umgebung zu interagieren sind recht überschaubar, so dass ihr nach einer kurzen Schnupper-Phase auch alle wichtigen Punkte in einer neuen Location verinnerlicht habt.
Solltet ihr dennoch an Stellen festhängen, hilft euch die Hotspot-Funktion weiter, die euch gegen ein kleines Entgelt in Form von Adventure-Points, alle Punkte der aktuellen Szene anzeigt. Die Adventure-Points verdient ihr euch durch lösen von Rätseln während des gesamten Kapitels und werdet nahezu damit überschüttet. Die Hotspot-Funktion nicht zu nutzen, könnte für den ein oder anderen Prestige-Jäger eine zusätzliche Herausforderung darstellen. Euren Fortschritt könnt ihr jederzeit speichern und müsst diesbezüglich keine Abstriche hinsichtlich der Speichergrenze machen.
Neben den regulären Rätseln haben die Entwickler auch ein kleines Minigame eingebaut. So müsst ihr auf dem Kreuzfahrtschiff euren neuen Freund in einer Runde Shuffleboard besiegen, um als Siegespreis seine Zwille zu erhalten. Zugegeben, ist das Minigame nicht wirklich Anspruchsvoll aber in meinen Augen nett gemacht.
Fazit
KING Art hat mich persönlich nach dem 1. Kapitel von „The Raven“ auf den Geschmack gebracht, so dass ich mich nun auf das nächste Kapitel freue, wo ich das Abenteuer nun aus der Sicht von Inspekteur Legrand fortsetzen kann. Zunächst baute sich die Story sehr langsam auf und brauchte etwas Zeit um richtig in Fahrt zu kommen. Die Rätsel waren nicht zu fordernd sowie logisch aufgebaut und zu keiner Zeit unüberwindbar. Gerade, als ich der Meinung war, es würde jeden Moment richtig los gehen, erschien auch schon der Abspann des 1. Kapitels, so dass ich nun sehr gespannt auf den Wechsel der spielbaren Hauptfigur und der damit verbundenen Gameplay-Änderung im neuen Kapitel bin.
Für einen Preis von 19,99 Euro (Steam) als Gesamtpaket eine klare Empfehlung für Adventure-Fans. The Raven erscheint am 23. Juli 2013.