Was war das für ein Durcheinander – erst der Release der Digital-Version und ganze vier Wochen später folgte die Retail-Fassung. Nun ist es endlich da: Dead Is…ups…ich meine natürlich „Dying Light“. Das Techland nicht mit den sonstigen Entwickler-Studios aus Polen zu vergleichen ist, die leider sehr viel Schrott produzieren (Stichwort: Fließband-Shooter), konnte man bereits anhand der früheren Titel sehen. Ob das neue Zombie-Survival-Abenteuer jedoch an die ersten Eindrücke der gamescom 2014 anknüpfen kann, kläre ich in diesem Review der Xbox One-Version.
Eigentlich schien es eine „normale“ Mission für euch und somit eurem spielbaren Hauptprotagonisten Kyle Crane zu werden. In einem Transport-Flugzeug erhaltet ihr ein kurzes Briefing und den Auftrag Kadir Suleiman zu finden, um eine gestohlene sowie hochbrisante Datei zu bergen, deren Inhalt veröffentlicht wird, sofern ihm etwas zustoßen sollte. Nüchtern betrachtet wäre dies zunächst nicht weiter tragisch, doch Schauplatz des ganzen bildet die verseuchte Stadt „Harran„, dessen Virus viele Bewohner in Zombies mutieren lies und sich nun stark ausbreitet. Die zu beschaffene Datei beinhaltet ein unfertiges Heilmittel gegen den Virus, das in derzeitiger Form jedoch extrem giftig ist, sowie eine vollständige Beschreibung der Virion-Struktur. Der Einsatz des Gegenmittels würde unzählige Todesopfer mit sich führen und muss um jeden Preis verhindert werden.
Gefiltert wäre die Kurzform eures Auftrags also: „Person finden, Datei bergen und zurück nach Hause.“, was spätestens nach eurer Landung einfacher klingt als es in Wirklichkeit ist. Das liegt vielleicht nicht unbedingt daran, dass ihr bereits nach den ersten zehn Sekunden von drei bewaffneten Männern angegriffen werdet, sondern vielmehr an den Zombies, die wenige Sekunden später eintreffen. Völlig überrascht von der Situation könnt ihr den Angriff eines Untoten zwar abwehren, aber werdet von diesem im Eifer des Gefechts gebissen. Glücklicherweise kommen euch zwei Kämpfer einer anderen Fraktion zur Hilfe, wovon einer bei dem Versuch euch zu retten der Zombiescharr zum Opfer fällt. Eure Verletzungen sind so groß, das ihr irgendwann ohnmächtig werdet und nichts mehr mitbekommt.
„Schick, schick, schick!“
Direkt nach dem tollen sowie stimmungsvollen Intro, wacht ihr in einem Gebäudekomplex auf und befindet euch in einer alten Wohnung bzw. das, was zumindest mal eine Wohnung war. Der nahtlose Übergang vom Intro zum eigentlichen Gameplay fällt direkt positiv auf, da Techland das Intro sowie sämtliche Zwischensequenzen in Echtzeit von der Engine rendern lässt. In meinen Augen die beste Entscheidung zu Gunsten der Spieltiefe und Atmosphäre, da so die grafische Präsentation einheitlich bleibt. Auch die Kameraführung wurde überaus gut umgesetzt und trägt wesentlich zur Dramatik bei, da die Bewegungen von Kyle somit optisch nachvollziehbar und glaubhaft sind. Eine kleine Kostprobe davon erhaltet ihr direkt zu beginn, wenn sich euer Protagonist noch völlig benommen aus dem Bett quält und fast erneut zusammenbricht. Glücklicherweise festigt sich sein Stand schnell, so dass ihr euch endlich zum ersten Mal selbst bewegen könnt. Es mag einige Zeit her sein, das ich die Preview-Version gespielt hatte, aber die Steuerung bzw. Haptik der Bewegungen blieb mir ganz anders in Erinnerung. Es ist schwierig das in Worte zu fassen, aber ich habe da Gefühl, dass die Umsetzung zwischen Befehl und Ausführung leicht verzögert vonstattengeht, was aber vielleicht auch durch an der Bewegungsunschärfe liegt, die bei Richtungswechseln ihren Einsatz findet. Mir persönlich gefällt dies nicht so und auch wenn ich mich in einer laufenden Spielesession nach einer Zeit daran gewöhne, werde ich an einem anderen Tag oder nach einer längeren Pause erneut damit konfrontiert. Doch kommen wir nun zum angenehmen Teil – der Grafik!
Man mag es kaum glauben, aber die Grafik sucht auf der Xbox One in puncto Sichtweite ihres Gleichen – zumindest gegenwärtig. Höchstens das aktuelle Assassin’s Creed Unity könnte noch mithalten, aber das war’s dann auch schon. Sobald ihr euch in eurem „Schlafzimmer“ nach rechts dreht und zum Fenster geht, könnt ihr von dort fast ganz Harran erblicken. Glaubt mir, es ist ein Stück wie Urlaub – zumindest aus der Ferne. Dabei ist ein derartiger Ausblick in Dying Light keine Seltenheit, da ihr dank Kyles überaus guten Parkour- sowie Kletterfähigkeiten auf unzählige Dächer oder höhere Ebenen gelangt, die euch so einen weitreichenden Blick erlauben. Man müßte nun eigentlich der Auffassung sein, das sich derartige Sichtweiten negativ auf die Performance auswirken, doch hier kann ich Entwarnung geben. Egal, ob man sich in Ruhe auf eine Erkundungstour begibt, oder von einer Horde Zombies gejagt wird und die Konsole durch stetige Richtungswechsel zum raschen nachladen von Visuals gezwungen wird, sind bei Techland’s Zombie-Titel zu keiner Zeit Ruckler zu bemerken. Dabei bietet das Areal rund um Harran alles andere als trostlose Kost, denn es wimmelt nur so von Gebäuden, diversen Vegetationen, Fahrzeugwracks ect. und natürlich zahlreichen Zombies. Diese Umstände sollten selbst bei der etwas geringeren nativen Auflösung von 1536×1080 mit konstanten 30fps für mächtig Arbeit in der Konsole Sorgen. Bevor einige „Hater“ jetzt direkt wieder auf die Xbox One einschlagen, ist zu erwähnen, dass es ja noch den Upscaler gibt und die Texturen bei anisotropischer Filterung um einiges besser als auf der PlayStation 4 aussehen. 😉 Wo wir gerade schon bei den Texturen sind, muss ich vorab ein Wort loswerden: „Grandios!“ Im Ernst, die in Dying Light verwendeten Texturen sind wirklich schick und wirken zum allergrößten Teil authentisch! Klar, bestätigen auch hier Ausnahmen die Regel, aber ich wette mit euch, das ihr bereits spätestens nach fünf Minuten der gleichen Ansicht seid. 🙂 Ganz gleich, ob es sich um einen glänzenden Lack auf der Hausflur Wand samt Struktur handelt oder um eine eigentlich völlig uninteressante Matratze mit feinen Maserungen sowie Einzelkammern – man hat sich überaus viel Mühe gegeben, eine glaubhafte Umgebung zu schaffen. Dies spiegelt sich auch bei vielen Charakteren wieder, denen man im Laufe der Story begegnet. Natürlich gibt es auch einige, die nicht zu mehr Spieltiefe führen, aber dennoch für etwas mehr „Leben“ Sorgen. Ansonsten wirken die Charaktere in meinen Augen wirklich stimmig und überzeugen auch bei deren Bewegungen sowie Mimiken, wobei man im Gegenzug einigen das starre Scripting ansieht. Nähert ihr euch z. B. zwei KI-Protagonisten, die sich einen gemeinsamen Monolog liefern und mit denen man ansonsten interagieren kann, schauen euch diese nicht einmal an oder verfolgen euch mit ihren Blicken. Das mag jetzt kein gravierender Kritikpunkt sein, aber er ist nun mal vorhanden. 😉
„Good night, good luck“
Ganz anders sieht es hingegen bei den infizierten Gestalten aus, die stets eure volle Aufmerksamkeit haben, wenn ihr euch nicht ruhig und Unauffällig verhaltet. Dabei spielt es eine überaus große Rolle, zu welcher Tageszeit ihr auf die Zombies trefft, denn der Untertitel „Good night, good luck“ trifft bei Dying Light wie die Faust aufs Auge. Am Tage bewegen sich die Untoten eher gemächlich durch die Straßen von Harran und lassen sich sehr leicht angreifen oder ablenken. Das macht es euch durchaus leichter, auf Loot-Reise zu gehen oder die Fallen rund um die Stadt vorzubereiten, die euch speziell in der Nacht einen enormen Vorteil verschaffen können. Auch wenn es verflucht viel Spaß macht, den Zombies so richtig eins auf die Rübe zu geben, solltet ihr euer Verlangen aus zwei Gründen etwas im Zaum halten. Zum einen nutzen sich eure zusammengebasteteln Nahkampfwaffen nach einer Zeit ab, was während eines Kampfes mit den Untoten ziemlich schlecht ist – speziell wenn es gleich mehrere auf euch abgesehen haben. Solltet ihr dann noch über andere Waffen verfügen, mag das kein Problem darstellen, aber falls nicht, müßt ihr die kaputten Waffen zunächst reparieren. Dafür benötigt ihr jedoch Inventargegenstände wie z. B. Panzertape. Solltet ihr genug davon haben, könnte man der Auffassung sein, dass das doch alles kein Problem ist. Sobald die Waffe kaputt geht, repariert man diese einfach und alles ist wieder im Lack. 🙂 Falsch gedacht, denn die Nahkampfwaffen in Dying Light lassen sich nur einige male reparieren, bevor diese endgültig hinüber sind. Abseits dessen mögen die Zombies am Tage zwar ungefährlich sein, aber wenn ihr euch sehr auffällig verhaltet, viele Geräusche produziert oder andere mitinfizierte vermöbelt, regt das die anderen Untoten an, die sich dann in eure Nähe bewegen. Viele auf einmal können so auch zu einem Problem werden und diese tauchen meist überraschend auf. Ich weiß gar nicht, wie oft ich mich schon völlig unverhofft umgedreht hatte und plötzlich einen der Untoten vor mir sah, aber ich habe mich auf jeden Fall so gut wie immer tierisch erschrocken. Ob ihr also nach Lust und Laune zu euren Fernkampfwaffen greift, solltet Ihr euch gut überlegen. 🙂 Den Tag könnte man aber auch für wirklich wichtigere Dinge nutzen, wie z. B. dem sammeln von Inventargegenständen, das einnehmen von neuen Basen sowie dem vorbereiten der zuvor erwähnten Fallen. Im Laufe der Story werdet ihr auf sehr viele Kisten treffen, die mittels Dietrichen in einer Art „Minigame“ geknackt werden müssen. Je nach Schwierigkeitsgrad des Schlosses bedarf es mehr oder weniger Geschick, um die Kiste zu öffnen. Ihr müsst aber auch hier mit viel Feingefühl an die Sache heran gehen, denn die Dietriche können sehr schnell brechen, was ich zum Teil auch nachvollziehen kann. Allerdings finde ich es sehr unlogisch, das man selbst bei feinen Bewegungen des Controllers keinen Einfluss auf die Umsetzung hat. Der Dietrich bricht nämlich nach drei Mal falscher Kombination unabhängig davon, ob ihr ruckartig oder mit Gefühl vorgegangen seid. Wenn ich im echten Leben mit Sachen vorsichtig umgehe, mache ich diese doch nicht kaputt, liebe Entwickler. 😉 Solltet ihr genug Schrottteile gesammelt haben, dürft ihr selbst neue Dietriche herstellen, ansonsten könnt ihr nur auf eure gesammelte Stückzahl zurückgreifen. Ob sich das öffnen einer Kiste lohnt weiß man nie, denn wie im richtigen Leben auch, kann man nicht erahnen, welcher Inhalt auf einen wartet. 😉
Jetzt kommen wir aber mal zum eingemachtem, denn ihr möchtet sicher endlich wissen was es mit den ganzen Fallen und dem Einbruch der Nacht auf sich hat. Eigentlich klingt es schon fast klischeehaft, denn die Kombination „Zombies + Dunkelheit“ erwartet euch praktisch so gut wie in jedem Horror Movie, aber es passt nun mal sehr gut zum Spieldesign. 😉 Wenn es in Dying Light dunkel wird oder die Nacht herein bricht, sollte man sich so schnell wie möglich in Sicherheit bringen, da die Zombies zu dieser Zeit so richtig auf Hochtouren kommen. Sprich, es wird richtig gefährlich für euch! Nicht nur, das die sonst so trägen Gesellen, denen man auch am Tage begegnet, in der Nacht mächtig an Kraft, Schnelligkeit sowie Ausdauer zulegen, sondern man hat es im weiteren Spielverlauf noch mit anderen und viel gefährlicheren Arten wie z. B. dem Night Hunter zu tun, welchen man im Multiplayer-Modus „Be The Zombie“ auch selbst spielen darf. Mit diesen Genossen ist überhaupt nicht gut Kirschen essen, denn diese spucken nicht nur einfach Kerne auf euch, sondern bringen die anderen Infizierten durch „Spuck-Markierungen“ dazu, euch zu jagen. Während ihr dann mit Sicherheit gut beschäftigt seid, euch die Horde Zombies vom Leib zu halten, kann sich der Night Hunter in Ruhe auf einen Angriff vorbereiten, der sogar aus weiter Ferne erfolgen kann, selbst wenn ihr euch nach einem Sprung mitten in der Luft befindet. Das waren nur zwei kurze Beispiele zu den Angriffsmöglichkeiten, aber wenn ihr im Multiplayer selbst mit dieser Rasse spielt, wird euch der großzügig ausbaubare Fertigkeitenbaum begegnen, der das enorme Gefahrenpotential und die Vielfältigkeit bei den Angriffen komplett aufdeckt. Alleine aus den genannten Gründen sollte klar sein, dass das aufsuchen des nächsten Unterschlupfs die beste Option bei Nacht darstellt. 😀 Solltet ihr euch am Tage gut vorbereitet und möglichst viele Fallen präpariert haben, könnten diese euch in harten Nächten von großem Nutzen sein, um die Zombiescharr auf Distanz zu halten und eure Flucht zu sichern. Das Repertoire reicht dabei von Elektroschocks, explodierenden Fässern und Feuerfallen sowie über die Ferne ausgelösten Fahrzeugalarmen, die enorm tödliche Schockwellen erzeugen. Zusätzlich dazu findet ihr rund um Harran noch viele Möglichkeiten diverse Environmental Kills auszuführen und könnt Untote z. B. mittels kraftvollem Kick in einen Holzbalken voller tödlicher Nägel katapultieren oder von schweren Betonelementen überrollen lassen.
„Bessere Chancen durch Fertigkeiten“
Im Laufe des Spiels werdet ihr oft zu dem bereits erwähnten Fertigkeitsbaum navigieren, den Ihr mittels Menü-Taste aufrufen könnt, da ihr hier einen gravierenden Einfluss auf Kyles Charakterentwicklung nehmen könnt. Die Fertigkeiten sind in die drei Kategorien „Überlebensrang“, „Wendigkeitsstufe“ sowie „Kraftstufe“ unterteilt und behandeln jeweils ein elementares Thema. Unterhalb jeder Kategorie finden sich die einzelnen Fertigkeiten, die man gegen Punkte eintauschen bzw. freischalten kann, sobald man die erforderliche Stufe erreicht hat. Die Punkte erhält man auf verschiedenste Weise wie z. B. nach erledigen von Quests, retten von Überlebenden, meistern diverser Herausforderungen, töten von Zombies sowie nach netten Free-Running-Einlagen. Welche Fertigkeiten ihr zu welcher Zeit ausbauen wollt, bleibt ganz euch und eurem Spieltyp überlassen. Solltet ihr eher der „Schleicher“ sein, der so gut wie jeder Konfrontation mit dem Feind aus dem Weg geht, könntet ihr euer Hauptaugenmerk auf die Wendigkeit legen. In dieser Kategorie finden sich alle Optimierungen hinsichtlich Kyles Bewegungen, die euch beim Rennen, Klettern, Springen sowie Ausweichen helfen. Alle Zombie-Killer unter euch werden sich vermutlich erst der Kraft widmen, um die Untoten mit neuen sowie stärkeren Angriffen zu überraschen. Wer bereits einige Stunden in Harran verbracht hat, wird sicher auch der Meinung sein, das etwas mehr Platz im Inventar oder die Möglichkeit manche Gegenstände selbst herzustellen nicht verkehrt wäre. Diese Dinge können unter der noch verbleibende Kategorie Überleben ausgebaut werden. Damit ihr eure wertvollen Punkte nicht gegen Fertigkeiten eintauscht, die entweder gar nicht oder unzureichend erklärt sind, erhaltet ihr zu jedem Punkt eine Beschreibung und oftmals sogar ein zusätzliches Beispielvideo, um sich den Einsatzzweck mancher Verbesserung besser vorstellen zu können.