Test

Test: Battlefield 2042

Nach guten drei Jahren Abstinenz kehrt das populäre Battlefield-Franchise zurück auf den hartumkämpften Shooter-Markt. Mit Call of Duty und Halo wartet allerdings gerade in diesem Jahr ernstzunehmende Konkurrenz auf DICE‘ AAA-Projekt, das mit neuen Spielmodi, noch größeren Massenschlachten und einem umfangreichen Map-Editor dagegenfeuert. Warum es EAs Vorzeigeprojekt aber gerade zum Start enorm schwer haben wird und was sich DICE hat einfallen lassen, um dem Shooter einen neuen Anstrich zu verpassen, klären wir in unserer Review.

Krieg im Jahr 2042

Battlefield 2042 setzt seinen Fokus anders als noch seine direkten Vorgänger ausschließlich auf Multiplayer-Schlachten. Einen Kampagnen-Modus im herkömmlichen Sinne gibt es im neusten Ableger der Reihe nämlich schlichtweg nicht mehr. Der Singleplayer spielte in allen möglichen Iterationen von Battlefield zwar seit jeher eine untergeordnete Rolle, dennoch hat das Actionspektakel immer wieder seine Anhänger gefunden. Eine Geschichte versucht 2042 aber natürlich dennoch zu erzählen, wenngleich diese recht seicht und oberflächlich ausfällt: In nicht allzu ferner Zukunft hat der Klimawandel die Welt bereits nachhaltig verändert. Die Supermächte USA und Russland kämpfen in einem aussichtslosen Krieg um die verbleibenden Rohstoffe, während heimatlose Söldner, sogenannte „No-Pats“, den Kampf auf beiden Seiten unterstützen. So spannend die Prämisse der Geschichte rund um den Klimawandel und dessen Auswirkungen auch ist, einen roten Faden verfolgt sie leider nicht. SpielerInnen müssen sich vielmehr selbst kleinere Storyhappen über Blogposts, kurze Videoschnipsel oder sogar Charakterbeschreibungen zusammensuchen. Wer auf eine actiongeladene und brachiale Storyline mit vielen Auf und Abs hofft, der wird hier definitiv enttäuscht.

Helden anstatt Klassen

Battlefield 2042 sagt nicht nur dem gängigen Singleplayer-Content ab, sondern wandelt auch spielerisch auf neuen Pfaden: Anstatt auf die vier klassischen Soldatenklassen zu setzen, die bei Battlefield seit jeher zum Einsatz kommen, springt das Studio auf den aktuellen Hype rund um dedizierte Helden auf. Ähnlich wie die Operator in Rainbow Six Siege oder die Heroes in Overwatch kreiert DICE zehn SpezialistInnen, die zwar jeweils auf einen vordefinierten Perk sowie ein Gadget zugreifen können, davon abgesehen aber komplett individualisierbar sind. Das reicht natürlich von deren Optik und Skins bis hin zu Items und sogar das vollständige Waffenloadout. Als Söldnerin Maria Falck besitzt ihr beispielsweise eine Heilpistole, mit dessen Hilfe ihr Gesundheit wiederherstellen könnt, während ihr als MacKay mitunter einen Greifhaken zur Hand habt. Die SpezialistInnen sind im Multiplayer zudem keinerlei Limitierungen unterworfen, sodass ihr in den Standardmodi häufig genug einer Schar an Klonkriegern begegnen werdet, die dank zahlreicher Skins im laufenden Spiel nicht allzu sehr auffallen. Battlefield 2042 schafft mithilfe des Helden-Features zwar deutlich mehr spielerische Freiheiten, bricht das gelernte Teamplay aber gerade in den Massenschlachten deutlich auf und gibt Einzelgängern so eine größere Bühne. Da nun jede/r Soldat*in jedwede Ausrüstung mitnehmen kann, ist eine Absprache innerhalb des Squads eigentlich kaum noch relevant.

Ein Beispiel: Anstelle des sonst so beliebten Medipacks als zusätzliches Gadget wählen die meisten Spieler*innen die viel nützlichere Panzerfaust, mit der sie den zahlreichen Fahrzeugen auf der Map im Notfall Herr werden können. Der nächste Spawn ist ohnehin nur wenige Sekunden entfernt. Hinzu kommt, dass DICE unverständlicherweise die Boni für das Heilen eurer Teamkameraden sowie für Unterstützungsfeuer deutlich reduziert hat. Wirklich lohnend ist der Support zumindest punktemäßig damit kaum noch – nur logisch also, dass ihr eher von euren Kameraden links liegen gelassen werdet, als dass man wertvolle Zeit darin investiert, euch zu Hilfe zu eilen. Abseits davon kann Battlefield 2042 aber einmal mehr mit einem gelungenen Gunplay und befriedigendem Spielgefühl punkten. Die Abschüsse machen durchweg Laune, die Gefechte spielen sich abwechslungsreich und die Fähigkeiten wirken gut ausbalanciert. Selbst das Levelsystem ist weitestgehend motivierend und erlaubt euch Modus-übergreifend Erfahrungspunkte zu sammeln. Mit jedem neu erlangten Level warten zudem gleichsam neue Goodies oder Waffen auf euch, die ihr anschließend nach Belieben ausrüsten könnt. Einzig die magere Waffenauswahl von gerade einmal 20 Schießeisen lässt aktuell zu wünschen übrig.

Level-Baukasten und Altbekanntes

DICE hat sich für Battlefield 2042 auf drei umfangreiche Spielmodi konzentriert, die auf den ersten Blick eine große Bandbreite abdecken: Zunächst einmal hätten wir den klassischen Multiplayer-Part, genannt All-Out-Warfare. Spieler*innen können hier in den gewohnt wuseligen Massenschlachten auf riesigen Maps gegeneinander antreten. Auf PC und Next-Gen-Konsolen sind dabei bis zu 128 Teilnehmer*innen gleichzeitig erlaubt, während Last-Gen-Besitzer*innen auf die standardmäßigen 64 Plätze begrenzt sind. Die insgesamt 13 unterschiedlichen Karten mit verschiedensten Terrains sorgen für den bekannten Battlefield-Mix aus Fahrzeugschlachten, Deckungskämpfen und die übliche Portion Chaos. Mit Panzern, Jet-Skis oder Helikoptern rast ihr gemeinsam mit eurem Trupp über die Map und schießt auf alles, was sich bewegt. Während ihr im fast schon ikonischen Modus ‚Eroberung‘ so viele Flaggenpunkte wie möglich halten müsst, geht es in ‚Durchbruch‘ schon etwas taktischer zur Sache. Hier muss ein Angreiferteam bestimmte Sektoren einnehmen, während die Verteidiger den Bereich sichern. DICE setzt dabei verstärkt auf schnellen, kurzweiligen Spielspaß: Die Spielersuche geht rasch von der Hand, die Ladezeiten fallen kurz aus und große Einstellungsmöglichkeiten gibt es nicht. All-Out-Warfare ist der Modus für ein schnelles Ründchen zwischendurch, spielerischen Tiefgang oder taktische Raffinesse finden hier nur wenig Platz. Dafür erwarten euch bisweilen die gewohnt witzigen und spektakulären Spielmomente, die jedoch aktuell deutlich schwerer zu finden sind als noch in früheren Ablegern.

Unter dem Namen Hazard Zone hat DICE dem Franchise sogar einen komplett neuen Spielmodus spendiert, der offensichtlich EAs halbgare Antwort auf den Battle-Royale-Trend darstellt. Das Konzept ist zwar nicht mehr ganz so frisch, bringt aber für Battlefield-Verhältnisse einige nette Twists mit sich: In bester PvPvE-Manier werden gleich mehrere Squads auf einer weitläufigen Karte entlassen und sollen geheime Datenlaufwerke bergen. Pro Match können allerdings maximal zwei Teams via Heli evakuiert werden, heißt im Umkehrschluss: Alle gegnerischen Squads und sämtliche KI-Soldaten sind unermüdlich auf der Jagd. Die Entscheidung weg von Klassen hin zu Spezialist*innen fühlt sich hier gleichsam deutlich sinnvoller an und ist wesentlich besser ins Spielprinzip eingewoben. Pro Team darf jeder Held nur einmal ausgewählt werden, was die Absprachen innerhalb des Squads umso bedeutender macht. DICE versucht ganz offensichtlich einen Counterpart zu bereits erfolgreichen Genre-Vertretern wie Hunt Showdown oder gar Warzone zu schaffen, ist damit jedoch nur bedingt erfolgreich. Das Spielprinzip ist gerade so neu, dass es in den ersten Runden zu fesseln weiß, wirkt allerdings mindestens auch genauso schnell auserzählt. Habt ihr einmal die ersten Runden mit euren Freunden überstanden, eure ersten taktischen Squadkills hingelegt und die ersten Datenträger eingesammelt, schleicht sich schnell das Gefühl von Gleichförmigkeit ein. Generell winkt das Spiel mit nur wenig Belohnungen: Siegerteams erhalten Punkte, mit denen sie sich im nächsten Match bessere Ausrüstung kaufen können, Verliererteams gehen hingegen leer aus, was deutlich an der Motivation nagt. Einen Ranked-Modus oder gar alternative Einstellungsmöglichkeiten gibt es schlichtweg einfach nicht. Hazard Zone birgt auf dem Papier eine große Portion Potenzial, ist stellenweise aber viel zu kurz gedacht und verkommt so ungerechterweise nur zu einem Kurzintermezzo mit euren Freunden.

Der dritte und zugleich letzte große Spielmodus im Bunde ist Battlefields Portal. Hier appelliert DICE ganz klar an die Kreativität und den Einfallsreichtum der Fans, denn mit Portal erhalten SpielerInnen einen mächtigen Level-Editor mitsamt Logikbaukasten, der vor allem Freunde früherer Teile anspricht. Das Tool wartet dabei mit zahlreichen modernisierten Bausteinen und Versatzstücken älterer Semester auf, darunter Bad Company 2, Battlefield 3 oder 1942. Die EntwicklerInnen haben sich sichtlich Mühe gegeben, populäre Maps wie Valparaiso, Noshar Kanäle oder El Alamein in neuem Glanz erstrahlen zu lassen und diese bravourös in die aktuelle Spielergeneration gehoben. Alteingesessene SpielerInnen erwartet hier nicht weniger als ein wohlig warmer Nostalgie-Trip. Doch damit nicht genug, mit den altbekannten Karten kehren auch die ikonischen Spielumgebungen zurück: Alte Klassen, Waffen, Fraktionen und natürlich die geringere TTK machen Portal zu einer Spielwiese für Kreative. Portal ist aktuell mit Abstand der interessanteste Modus des Dreiergespanns und trägt leider auch als Einziger wirklich dem Battlefield Gefühl Rechnung. Letztlich hängt die Langlebigkeit des Modus aber maßgeblich von der Akzeptanz der Community ab – denn nur wenn diese mitzieht, kann Portal langfristig guten Content bieten. Andernfalls erwartet uns hier nicht mehr als ein weiterer, belangloser Rohrkrepierer.

Massig Bugs

Battlefield 2042 hat definitiv mit größeren Problemen zu kämpfen als nur mit der fehlenden Langzeitmotivation. Dass DICE dem Multiplayer-Shooter weit mehr Zeit für Feinschliff hätte einräumen müssen, wird leider insbesondere auf technischer Seite nur allzu deutlich. Die Massenschlachten werden von haufenweise Bugs und Glitches geplagt, die das Spielgeschehen schon fast zu einer Parodie seiner selbst verkommen lassen. Von fragwürdiger Physik über miserables Clipping bis hin zu instabiler Online-Anbindung – die fast schon schlampige Umsetzung sorgt nicht nur für Frust, sondern auch für die ein oder andere unfreiwillig komische Situation. Wenn ihr beispielsweise plötzlich mit einem Panzer eine senkrechte Häuserwand hochfahren könnt, wie ein Pantomime gegen unsichtbare Wände ankämpft oder Kameraden in der Luft festhängen, dann lässt sich das häufig genug nur noch mit einem Lachen aushalten. Das ist gerade deswegen so schade, da DICE diese offensichtlichen Patzer hätte mit ein wenig mehr Entwicklungszeit einfach umschiffen können. Immerhin sollten sich die meisten Probleme mittels Patch problemlos adressieren lassen.

Abseits davon kann zumindest die grafische Präsentation überzeugen. Die weitläufigen Maps trumpfen mit abwechslungsreichen Arealen auf: Von südkoreanischer Metropole über Schiffsfriedhof bis hin zur eisigen Antarktis wird gleich eine breite Palette an Schauplätzen geboten. Die vielen Schlachtfelder werden zudem durch zahlreiche Bauwerke aufgelockert, die bisweilen allerdings recht karg und steril ausfallen. Gerade hier wäre ein wenig mehr Liebe zum Detail wünschenswert gewesen. Auch im Hinblick auf die Zerstörbarkeit der Umgebung hat DICE einen deutlichen Rückschritt gemacht: Viele der Gebäude stehen auch nach massivem Beschuss mit einem Raketenwerfer noch wie am ersten Tag. Ein ausgeklügeltes Schadensmodell gibt es hier schlichtweg nicht. Besondere Ereignisse wie Tornados oder Stürme, die über die Maps hinwegfegen, sind zwar kleine Highlights, große Auswirkungen auf das Spielgeschehen haben diese aber kaum. Bis auf eine eingeschränkte Sicht und eine veränderte Physik habt ihr selbst inmitten des Unwetters kaum etwas zu befürchten.

Fazit

Battlefield 2042 ist aktuell allenfalls ein kleiner, ungesunder Snack für unterwegs, den man sich zwar unbedingt kaufen musste, allerdings immer in dem Wissen, dass er niemals wirklich statt macht noch besonders gut schmeckt. Die drei großen Spielmodi bieten zwar ein buntes Potpourri, bei dem für jeden Spielertypen etwas dabei sein dürfte, wirklich ausgereift ist aber keines der Konzepte. Große Langzeitmotivation bleibt schon kurz nach Release aus: Der Verzicht auf das Kassensystem wirkt stellenweise unausgereift, zahlreiche Bugs bremsen den Spielfluss aus und fehlende Scoreboards sowie Ranked-Matches nehmen dem Gameplayloop noch mehr Spannung. Battlefield 2042 ist so sehr auf kurzweiligen Spielspaß getrimmt, dass es seine Möglichkeiten völlig aus den Augen verliert. Der Fokus liegt ganz klar auf mehr Chaos und weniger Spieltiefe, mehr Trends und weniger Teamplay, neue Superlative aber leider weniger Battlefield. Battlefield 2042 ist ein rascher Spaß für das Ründchen zwischendurch, wird es aber schwer haben sich auf dem hartumkämpften Shooter-Markt zu behaupten.

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Battlefield 2042 ist aktuell allenfalls ein kleiner, ungesunder Snack für unterwegs, den man sich zwar unbedingt kaufen musste, allerdings immer in dem Wissen, dass er niemals wirklich statt macht noch besonders gut schmeckt. Die drei großen Spielmodi bieten zwar ein buntes Potpourri, bei dem für jeden Spielertypen etwas dabei sein dürfte, wirklich ausgereift ist aber keines der Konzepte. Große Langzeitmotivation bleibt schon kurz nach Release aus: Der Verzicht auf das Kassensystem wirkt stellenweise unausgereift, zahlreiche Bugs bremsen den Spielfluss aus und fehlende Scoreboards sowie Ranked-Matches nehmen dem Gameplayloop noch mehr Spannung. Battlefield 2042 ist so sehr auf kurzweiligen Spielspaß getrimmt, dass es seine Möglichkeiten völlig aus den Augen verliert. Der Fokus liegt ganz klar auf mehr Chaos und weniger Spieltiefe, mehr Trends und weniger Teamplay, neue Superlative aber leider weniger Battlefield. Battlefield 2042 ist ein rascher Spaß für das Ründchen zwischendurch, wird es aber schwer haben sich auf dem hartumkämpften Shooter-Markt zu behaupten. Test: Battlefield 2042