Vier Jahre nach dem ersten Teil von Curious Expedition folgte Anfang dieses Jahres der Nachfolger des deutschen Entwicklerstudios Maschinen-Mensch. Ganz in der Manier des Vorgängers macht sich der Spieler auf Erkundungsreise zu fernen Inseln und trifft auf seinem Weg Freunde, aber auch bekannte (oder weniger bekannte) Nebensacher, die dasselbe Ziel haben: Wissensdrang, Ruhm und Ehre. Ob Curious Expedition 2 ebenso gut ankommt wie sein Vorgänger, haben wir uns angesehen.
Der zweite Teil der Curious Expedition-Reihe ist kein bloßer Nachfolger, sondern kommt vielmehr aufgefrischt und mit ein paar Anpassungen daher. Wo Curious Expedition Teil 1 noch in charmanter Pixelgrafik designt war, wurde dem zweiten Teil ein farbenfroheres und detailliertes Setting gegönnt mit neuer Grafik, neuer Story und neuen Spielelementen. Beginnend im Jahr 1886 befinden wir uns in Paris zu Hochzeiten des europäischen Kolonialismus, dessen Thematisierung im Spiel jedoch nicht wirklich vorkommt. Stattdessen begeben wir uns auf die Suche nach dem Geheimnis hinter plötzlich auftauchenden Inseln und einem mysteriösen, purpurnen Nebel, der alles verschlingt.
So farbenfroh und enthusiastisch, wie dieses rundenbasierte Strategiespiel visuell daherkommt, so anspruchsvoll entpuppt es sich in seiner Spielweise. Als Entdecker begeben wir uns auf große Erkundungstour mit der Aufgabe, besagte Inseln zu bereisen und ihr mysteriöses Entstehen sowie die Geheimnisse der vor Ort lebenden Kulturen zu ergründen.
Bereits zu Beginn können wir entscheiden, welche Fähigkeiten unser Hauptcharakter haben soll. Und während beim ersten Durchgang nur drei verschiedene Charaktere zur Verfügung stehen, schalten wir im Laufe des Spiels durch Erfüllen von Aufgaben wie bspw. dem Stehlen von Artefakten bis zu fünf weitere Optionen frei. Als Anthropologin haben wir so z.B. einen Vorteil in der Kommunikation mit Einheimischen während wir als Großwildjäger besser mit den Gefahren der Wildnis zurechtkommen.
Natürlich können wir unsere kräftezehrenden Reisen nicht allein durchstehen und so gibt es immer wieder die Möglichkeit, unsere Crew mit verschiedensten Professionen zu verstärken.
Auf der Suche
Und während wir uns in Paris noch mit Gegenständen und Ausrüstung, entweder bei unseren Sponsoren (drei Organisationen an der Zahl) oder beim zwielichtigen aber günstigeren Händler in einer dunklen Seitenstraße, eindecken und eine letzte feucht-fröhliche Nacht verbringen können, finden wir uns auf unserer Reise schnell in der harten Realität wieder.
Um diese zu überleben, ist vorausschauende Planung der Schlüssel zum Erfolg. Neben der richtigen Teamkomposition in Bezug auf Fähigkeiten und Persönlichkeit, sollte man auch für alle Eventualitäten gewappnet sein. Denn auf den prozedural generierten Maps lauern die unterschiedlichsten Gefahren auf uns, die nicht immer vorhersehbar auch durch Zufallsereignisse ausgelöst werden – ob wilde Tiere, Fallen, Sandstürme, Krankheiten, Widersacher, die Möglichkeiten dafür sind zahlreich.
Und kommen oft, wenn man sie nicht erwartet. So kam es für uns nicht nur einmal vor, dass wir gerade noch einem Mitstreiter eine Beförderung gegönnt haben und nach der nächsten Nacht ist dieser auf einmal über alle Berge (und mit ihm auch ein Großteil unserer Sachen).
Curious Expedition 2 lebt von diesen, oftmals humoristischen, (Zufalls-)Ereignissen, die aber einen großen Einfluss auf den Spielverlauf haben. So müssen wir an einer Stelle entscheiden, ob wir den Avancen eines Teammitglieds nachgeben oder ihn abweisen; an anderer müssen wir uns nach einem Streit zwischen zwei Mitstreitern für einen von beiden entscheiden – was uns in jedem Fall ein Mitglied kosten wird.
Gerade auf langen Reisen kann das ein schwerer Schlag sein und nicht immer war uns dabei ersichtlich, wie diese Konflikte oder auch Loyalitätsverluste zustande gekommen sind. Und häufiger als wir zugeben wollen, sind wir mit voller Teamstärke an einen fremden Strand angelegt, um am Ende mit einem verbliebenen Mitstreiter zurückzukehren – wenn überhaupt.
Keine Gnade
Je nach Einstellungen können wir uns entscheiden entweder komplett von vorne anzufangen oder nur einen Teil der Kampagne/des Jahres zu wiederholen. Egal, welche Option wir letzten Endes wählen, sterben tut immer weh.
All dies muss man im Auge haben und dabei noch die eigene Geistige Gesundheit aufrechterhalten. Auf unseren Reisen ist diese nämlich das Maß aller Dinge, um sich auf den Inseln fortbewegen zu können. Anteilig an dem zurückgelegten Weg und der Umgebung (unwegsames Gelände verbraucht mehr Geistige Gesundheit als flaches Gebiet) verringert sich diese und kann vor allem durch Whiskey, Schokolade und ein gutes Nickerchen wieder aufgefüllt werden.
Fällt sie jedoch auf 0, passieren allerlei merkwürdige Dinge und wir finden gerne mal eine Person unseres Teams an einem Knochen nagend vor, während von anderen Mitgliedern weit und breit keine Spur mehr zu sehen ist…
Der Zufall spielt auch in Kämpfen eine Rolle. Wie an anderen Stellen im Spiel, bspw. wenn wir in Schreinen Fallen ausweichen müssen, kommt hier das Würfelprinzip zum Einsatz. Rundebasiert pro Gruppe stehen wir entweder Tieren, Menschen oder anderen Kreaturen gegenüber, die es niederzuringen gilt. Jeder unserer sechsseitigen Würfel hat rote, blaue und grüne Oberflächen – und blanke Seiten -, die entweder offensive, defensive oder unterstützende Handlungen erlauben, oder eben gar keine.
Dabei gilt: je mehr Mitstreiter desto mehr Würfel und gleiche Farben führen zu verstärkten Fertigkeiten. Wenn man jedoch die blanke Seite würfelt, hat man Pech gehabt, und so kann es auch mal passieren, dass man in einer Runde gerade mal 4 Punkte Schaden gegen drei Gegner gemacht hat.
Es geht immer weiter…
Einfacher wird es im weiteren Verlauf nicht und man sollte kein allzu niedriges Frustrationslevel haben, wenn man die Inseln in Curious Expedtion 2 erkunden will. Die Entscheidungsoptionen und möglichen Begegnungen, die den Spieler erwarten, sind zahlreich und bieten ein hohes Maß an Unterhaltung. Doch selbst die ansprechend gestaltete Geschichte tritt in den Hintergrund, wenn wir überlegen, wie wir am Effizientesten und möglichst ohne Verluste unsere als im Wind wackelnde Scherenschnitte animierte Truppe über die Insel zum Ziel führen können – und dabei auch noch unsere Widersacher ausmanövrieren wollen.
Die prozedural gestalteten Inseln bieten auch bei erneuten Spieldurchläufen Abwechslung, jedoch kommt einem die Logik im Aufbau schnell bekannt vor, sodass wir fix raten könnten, in welchem Bereich sich mögliche interessante Orte wie Dörfer oder das Ziel unserer Expeditionen befanden und dementsprechend planen konnten.
Dass das Spiel keine Audioausgabe spendiert bekommen hat, ist zwar schade, jedoch wird das Strategiespielfans nicht stören dürfen, da die Textpassagen knapp genug gehalten sind und sich auch bei Bedarf überspringen lassen. Frustrierender ist da schon das hoch erscheinende Würfelpech. Gerade in Kämpfen gegen starke Gegner bringt es einen Zufallsfaktor ins Spiel, den man nicht immer mit guter Planung ausbalancieren kann. Aber Paris ist ja auch ganz schön…