Ein Jogger, eine sonnige Strandpromenade und haufenweise Zombies, die sich im Hintergrund über die anderen Passanten hermachen. Dies ist Inhalt eines mittlerweile schon kultigen Trailers zu Dead Island 2, der im Juni 2014 für Begeisterung sorgte. Knapp 9 Jahre später ist es nun endlich da. Meist ziehen sich mir aber tiefe Sorgenfalten durchs Gesicht, ähnlich wie bei den untoten Kollegen im Spiel, wenn ich mir Spiele mit einem derart problematischen Entwicklungszyklus zu Gemüte führe. Dabei sah das Gameplay-Material zum mehrfach aufgeschobenen Zombie-Gemetzel durchaus potent aus und versprach spaßige Kloppereien. Nun konnte ich den Titel ausführlich spielen und wurde mit etwas Zwiespalt zurückgelassen.
Zum Lachen in den Keller
Dead Island lässt sich tatsächlich schon mit wenigen Worten zusammenfassen: Es geht darum, sich durch Zombies zu prügeln. Das war schon 2011 so und das ist es scheinbar auch 2023. Doch bevor ich mich im Nachfolger überhaupt die ersten Zombie-Körperteile zerlegen kann, werden mir in einem hastigen Clip sehr viele spielbare Figuren präsentiert. Mir wird nicht erklärt, woher diese kommen, was ihre Hintergründe sind, was für eine Vergangenheit sie haben und bleiben damit auch bis zum Ende blasse Charaktere. Aber immerhin wird mir direkt vorgehalten, wie cool doch alle sind. Während alles um sie herum im Chaos versinkt, fallen natürlich reihenweise coole Sprüche. Wahrscheinlich als witziger Kontrast angedacht, saß ich mehr oder weniger irritiert vor dem Bildschirm und fragte mich: „Bin ich zu langweilig oder einfach nur zu alt für sowas?“. Anders als Hi-Fi Rush, welches sich auf sehr geschickte Weise an vielen Stellen sehr gekonnt selbst nicht ernst nimmt und mit Klischees arbeitet, versagte der Humor in Dead Island 2 von Anfang bis Ende größtenteils bei mir. Manche werden sicherlich mit der überzogenen Badass-Mentalität der Figuren ihren Spaß haben, ich für meinen Teil hatte eher das Gefühl eine sehr ausgelutschte Art dieses Humors zu erleben. Selbst auf der Ebene eines Trash Movies funktioniert es nicht, weil es dafür nicht zu „schlecht“ gemacht ist. Dabei hätte ich durchaus meine Freude mit ein paar richtig „dummen“ und plumpen Jokes gehabt. Doch Dead Island 2 ist einfach nicht lustig. Das muss diese „Geschmackssache“ sein.
Erwartet einfach keine Story
Schnell werde ich mit den Kernmechaniken des Spiels vertraut gemacht, die sich aber sehr schnell und unkompliziert erlernen lassen. Springen, ducken, treten und einen der umliegenden Gegenstände als Waffe benutzen. Das geht schnell in verwestes Fleisch über und bietet damit einen sehr zugänglichen Einstieg. Seicht ist ebenfalls das Story-Gerüst, welches mir präsentiert wird. Inszenatorisch solide wird mir eine sehr dünne Geschichte geboten, die leider nicht mehr aus dem Setting zu schöpfen vermag. Es gibt keine interessante übergeordnete Handlung, die mich aus den Socken gehauen hat, stattdessen schickt mich das Spiel aus sehr erzwungenen Gründen von A nach B und präsentiert mir stets neue Charaktere, die aber auch genauso kurzfristig wieder irrelevant werden. Auch die lassen aber Tiefe vermissen und sind eher dem „Charaktereigenschaften-Basisbaukasten“ entnommen. Keine Twists, keine Überraschungen, keine Kreativität. Klar, wäre schön gewesen, aber ich merke schnell, dass das Spiel sehr bewusst einen ganz anderen Fokus zu besitzen scheint.
Immer druff
Es geht nicht um eine epische Geschichte oder ambivalente Figuren. Es geht einfach darum Zombies abzumetzeln. Doch funktioniert das auch? Dead Island 2 gibt mir allerhand Möglichkeiten, den humpelnden Nagern eines überzubraten. Ob Katana, Billardqueue, Schraubenschlüssel, Hammer oder allerlei Schusswaffen. Die Auswahl bereitet Freude. Hier reicht die Bandbreite von sehr klassischen Nahkampf- und Fernschusswaffen bis hin zu einer mit Schweißbrennern besetzten Axt. Dass man hier auch ins Absurde geht, empfinde ich als extrem Willkommen, eigentlich sogar schon als notwendig. Denn die Kämpfe spielen sich über weite Strecken sehr unspektakulär. Die zahlreichen Basiswaffen ähneln sich in ihrem Handling mehr als sie sollten, sodass es oftmals nur wenig Motivation erzeugt mal eine neue Waffe auszuprobieren, da sich diese enorm ähnlich spielen. Die Kämpfe zeichnen sich zudem sehr simpel. Mit RT (auf der Xbox getestet) attackiere ich in Skyrim-Manier und schwinge beispielsweise meine Axt. Die Angriffe sind nur etwas lahm animiert, sie sind auch ziemlich träge und haben wenig Impact. Ich erwarte in einem Spiel, welches sich rundum auf actionreiche Zombie-Kämpfe fokussiert, dass sich Attacken auch ebenso wuchtig anfühlen und mir ein sehr gutes Treffer-Feedback geben. Da beginnt jedoch mein Zwiespalt. Während sich das Feeling mit einem „solide“ zufriedengibt, überzeugt der Gore-Effekt auf ganzer Linie. Herumfetzende Körperteile stehen hier an der Tagesordnung. Dabei funktioniert die Physik erstaunlich gut, denn ich kann präzise anvisieren, welches Körperteil ich an welcher Stelle abtrennen, bzw. beschädigen will. Der visuelle Effekt dessen ist hervorragend umgesetzt, sodass sich irgendwie allerdings auch eine Diskrepanz zwischen dem ergibt, was ich sehe und dem was ich beim Spielen fühle. Während ich Untote optisch stark inszeniert zerteilen kann, fühlt es sich dabei jedoch „nur“ semi-wuchtig an. Gerade aufgrund der relativ trägen Animation hätte ich mir etwas mehr Gewicht in den Attacken gewünscht. So hatte ich mit den Kämpfen durchaus Spaß in den ersten 2-3 Stunden, doch die Motivation wird nicht allzu lange hochgehalten.
Immer nur das Gleiche?
Der Gameplay-Loop von Dead Island 2 setzt sich wie folgt zusammen: Waffe sammeln, prügeln, Waffe geht kaputt. Dadurch, dass sich die Mehrheit der Waffen aber kaum in ihrer Spielbarkeit unterscheidet, ermüdet sich das repetitive Gameplay sehr schnell. Denn das ist es, was man von Anfang bis Ende macht. Erweiterungen des Gameplays, zumindest mit größerer Tragweite, gibt es hier nicht. Da helfen auch nicht die Fähigkeitskarten, mit denen man die ein oder anderen Skills freischalten kann. Doch das System bleibt alles in allem eher oberflächlich und öffnet das Gameplay in seiner Tiefe nicht sonderlich. Hinzu kommt ein enorm uninspiriertes Missionsdesign. Immer wieder soll ich Batterien von A nach B schleppen, um irgendeine Tür zu öffnen. Das ist dann neben dem Gemetzel auch im Großen und Ganzen der Kern der Missionsstrukturen, wenn man es denn so nennen kann. Das führte dazu, dass ich nach den ersten 2-3 Stunden anfing mich zu langweilen, weil die Kämpfe immer gleich abliefen, keinen neuen Anstrich boten und darüber hinaus weder Missionen noch Story mich zu unterhalten versuchten. Aber ich will auch ein paar lobende Worte verlieren. Der Dropkick etwa ist großartig und in der Umsetzung mein Highlight, weil er einfach tatsächlich mal auf eine humoristische Art und Weise funktioniert, aber auch, weil das Feeling dahinter sehr befriedigend ist, sich auf eine sehr alberne Art mit einem wuchtigen Kick den Zombies entgegenzustellen. Es ist das einzige Mal, dass etwas in diesem Spiel für mich positiv lustig wirkte. Aber auch die kreativeren Waffen im späteren Verlauf möchte ich loben. Sie heben sich nämlich auch spielerisch vom Rest etwas ab, weil beispielsweise auch Elektroschocks verteilt werden können. Aber es vermag leider nicht nachhaltig die Langzeitmotivation aufrecht zu erhalten. Dafür zieht der Rest aufgrund seiner immer gleichen Mechaniken zu sehr runter. Auch gibt es keinen höheren Schwierigkeitsgrad, der mich dann vielleicht mehr fordern könnte.
Die Sache mit der Spielwelt
Anders, als ich es persönlich vermutete, gibt sich Dead Island 2 in seiner Welt eher linear. Auf sehr geebneten Pfaden begibt man sich von Location zu Location, ohne dass es groß Raum für Erkundung nach links und rechts gibt. Was ich an der Stelle schon beinahe lobend unterstreichen würde, gibt sich hier leider etwas unstimmig. Denn einerseits begeisterten mich zuletzt eher lineare Titel, die nicht mit aufgeblasenen Welten um sich werfen. Ich denke da an Evil West oder erneut Hi-Fi Rush. Ich habe hier wenige Pfade, auf denen ich wandeln kann, dafür sich diese durchdacht und bieten mir damit ein insgesamt konzentriertes Spielerlebnis. In Dead Island 2 jedoch beißt sich hier eine Sache. Denn ganz integral ist die enorme Flut an Loot (reimt sich sogar). Hier Klebeband, da ein Snack zum Heilen, dort noch ein paar Teile und da hinten liegt noch eine neue Waffe. Es gibt enorm viel zu sammeln. Doch dadurch, dass ich wenig Raum zum Erkunden habe, lädt mich das Spiel kaum wirklich dazu ein mich mit der Spielwelt intensiver befassen zu können. Und nein, eine Open World bräuchte es noch nicht einmal. Dass man lineare und spannend inszenierte Pfade mit offenen Arealen wunderbar kombinieren kann, hat bereits die letzte Trilogie von Tomb Raider gezeigt. Dead Island 2 hätte meiner Meinung nach sehr von einer ähnlich Struktur profitiert, sofern man sie mit interessanten Dingen hätte füllen können. So bleibt es eher bei einem: „Linear ist gut, aber“.
Zwischen Hui und Pfui
Zwiespalt begleitet mich auch bei der technischen Umsetzung. Es gibt immer wieder Momente, in denen ich mich an der farbkräftigen und detaillierten Kulisse erfreute. Doch nur wenige Meter weiter, fühle ich mich wieder wie im Jahre 2014, als das Spiel angekündigt wurde. Trotz so mancher Resets ist die Zombie-Hatz kein visuelles Aushängeschild. Aber es birgt insgesamt ein solides Grafik-Paket. Die Effekte, und insbesondere die herrlichen Gore-Effekte, sind sicherlich die Stärke des Titels, die mich auch nach vielen Stunden noch begeistern können. Dagegen fallen die Animationen und so manche Charaktermodelle stärker ab und stören das Gesamtbild. Auch auditiv gibt es Mängel. Immer wieder ist das Stöhnen der Toten so merkwürdig abgemischt, sodass ich denke, gleich hinter mir taucht eine verweste Gestalt auf. Tatsächlich torkelt diese eine Etage unter mir und drei Räume weiter herum. Und das Phänomen beobachtete ich ständig. Immerhin dürfte das eine Thematik sein, die gut zu fixen sein dürfte. Doch während meiner Testphase fiel mir die Abmischung schon äußerst negativ auf.