Nach gut 23 Staffeln mit über 500 Anime-Folgen fand der Dauerbrenner Naruto im vergangenen Jahr endlich sein verdientes Ende. Der Trennungsschmerz der Fangemeinde sollte allerdings nicht allzu lange anhalten, denn Serienschöpfer Masashi Kishimoto veröffentlichte mit Boruto bereits die Nachfolgeserie, die die Geschichte um unsere Lieblingsshinobi weiterführt.

Die nächste Generation an Nachwuchsshinobi ist derzeit nicht nur im japanischen Anime-Sektor aktiv, sondern in Videospiel-Form wirft die Sequel-Serie ihren Schatten voraus. In Bandai Namcos neuestem Streich Naruto to Boruto: Shinobi Striker sollen nun beide Generationen gemeinsam in Aktion treten und die Schlachtfelder dieser Welt unsicher machen. Dieses Aufeinandertreffen mündet nicht wie gehabt in einen storygetriebenen 2D-Brawler, sondern in eine völlig neue Multiplayer-Spielerfahrung fernab der bekannten Naruto-Ultimate-Ninja-Storm-Reihe.
Was Naruto to Boruto: Shinobi Striker hartgesottenen Anime- und Manga-Fans zu bieten hat und wie erfolgreich der neuerliche Ausflug ins Genre des Online- Multiplayers ist, erfahrt ihr in unserem Test.

Versteckspiel mit der Story

Shinobi Striker gehört in groben Zügen dem MOBA-Genre an, setzt jedoch wenig überraschend auf eine erfrischende Third-Person-Perspektive. In der Rolle eines gänzlich neuen Charakters dürft ihr euch altbekannten Freunden aber auch Feinden stellen und euch in bester Ninja-Manier actionreiche Kämpfe in weitläufigen Arealen liefern. Das Spiel beginnt jedoch zunächst ganz unverblümt mit der Erstellung eures eigenen Shinobi. Der umfangreiche Charaktereditor lässt euch dabei sämtliche Stellschrauben – vom Ninja-Dorf über die Statur bis hin zur Frisur – individuell festlegen. Die einzelnen Vorlagen stammen natürlich direkt aus dem Manga, sodass ihr eure Serienlieblinge mittels Baukasten nicht nur exakt nachbauen, sondern sogar interessante Mischgestalten erschaffen könnt.
Habt ihr euren Alter Ego erst einmal zusammengestellt, werdet ihr auch schon in das Dorf Konohagakure verfrachtet, wo uns der erwachsene Konohamaru prompt in Empfang nimmt. Wie er uns kurz darauf verrät, hat das Dorf hinter den Blättern im Laufe der Jahre eine völlig neue VR-Technologie entwickelt, die es uns ermöglicht, vergangene Kampfhandlungen und Areale mittels aufgezeichneter Daten zu simulieren und nicht zuletzt sogar totgeglaubte Charaktere ins Leben zurückzuholen.

Diese neue technische Errungenschaft bildet damit auch gleichsam die Grundlage für unser bevorstehendes Abenteuer. In Naruto to Boruto bekommen wir nämlich nicht zum x-ten Male die Origin-Story des humorvollen Jinchuuriki vorgesetzt und müssen einmal mehr die Welt von Akatsuki befreien, im Gegenteil, Shinobi Striker verzichtet nämlich gänzlich auf eine eigenständige Solo-Kampagne und versucht stattdessen die folgenden Kampfhandlungen im Kontext der neuen VR-Technik mehr schlecht als recht zusammenzuhalten. Im Rahmen eines fadenscheinigen Ninja-Turniers kommen Shinobi aller Art und Dörfer in Konoha zusammen, um sich in einer sogenannten VR-Nin-Jutsu-Arena zu messen. Die Präsentation ist dank fehlender Zwischensequenzen denkbar schwach, das ohnehin schon wackelige Storygerüst wird lediglich durch trockene Dialogboxen und einseitige Monologe aufrechterhalten. Naruto to Boruto setzt optisch auf einen einfachen und reduzierten 3D-Cell-Shading-Stil. Während Charaktere ihren Vorbildern stellenweise kaum wirklich ähneln, wirken die wenigen verfügbaren Umgebungen leblos und clean, was aber wiederum im genannten VR-Kontext mehr schlecht als recht zu entschuldigen ist.
Und dennoch: Ein kompletter Reinfall ist Naruto to Boruto: Shinobi Striker in keinem Falle, liegt der Fokus des Spiels doch ganz klar auf seiner Koop- und Online-Komponente.

Der Weg des Shinobi

Im weiteren Spielverlauf dient uns das kleine Dorf Konoha als Ausgangsort und Hub-Welt, von wo aus wir Missionen starten, Spieler treffen oder unsere Charaktere individualisieren können. Das Herzstück von Shinobi Striker sind dabei sicherlich die 4-vs-4-Arena-Kämpfe, die ihr in Ranglisten-Matches oder aber in ungezwungenen, schnellen Spielen austragen könnt. Für welchen Typ ihr euch auch entscheidet, die Auswahl an verfügbaren Spielmodi ist komplett identisch. Angehende Shinobi Striker müssen sich mit Team-Deathmatch, Capture The Flag und Domination zufrieden geben – eine eher enttäuschende Bandbreite, bedenkt man, dass die Modi nicht nur innovationslos, sondern auch noch allzu gleichförmig daherkommen.
Ähnlich verhält es sich da mit dem PVE-Part des Spiels, der in den zahlreichen sogenannten VR-Missionen zum Tragen kommt. Hier könnt ihr gemeinsam mit anderen Spielern Missionen aus den verschiedensten Zeitepochen absolvieren und so Belohnungen aller Art einsacken.
Schade nur, dass auch dieser Teil des Spiels auf Dauer kaum Abwechslung bieten kann. So sehen wir uns immer wieder mit einem Haufen an Klonkriegern konfrontiert, den es innerhalb eines vorgegebenen Zeitlimits zu bezwingen gilt, sollen markierte Gebiete einnehmen oder brüchige Barrieren vor unseren Feinden verteidigen. Kleinere Minibosse stellen dabei noch das Highlight der Missionsreihe dar. Auch das Matchmaking lässt von Zeit zu Zeit zu wünschen übrig und zieht die Spielersuche stellenweise unnötig in die Länge.

Build your own Ninja

Trotz dieses überschaubaren Umfangs und der eher drögen Präsentation profitiert Naruto to Boruto immens von der Inszenierung seiner actiongeladenen Kämpfe sowie seinem durchdachten und vollständig individualisierbaren Klassensystem. Jede Spielfigur kann dafür auf vier Angriffssets zurückgreifen, die den vier Grundklassen zugeordnet sind und innerhalb jedes Matches nach Belieben gewechselt werden können. Die Riege der verfügbaren Klassen ist ähnlich wie die Spielmodi an wenig originelle Standards angelehnt und lässt einmal mehr an Einfallsreichtum oder Wagemut vermissen. Von Damage-Dealern über Tanks und Fernkämpfern bis hin zum stereotypischen Heiler ist jede der bewährten MOBA-Klassen vertreten. Wo die Klassenauswahl noch an Kreativität zu wünschen übrig lässt, kommt auch schon der eigentliche Charaktereditor ins Spiel.

Ein jeder Avatar verfügt nämlich über zwei individuelle Fähigkeiten, die ihr fast beliebig zusammenstellen und mit Hilfe eurer Chakra-Ressource einsetzen könnt. Von normalen Standardattacken bis hin zu den ikonischsten Jutsus aus der Serie bleibt annähernd kein Fanwunsch mehr offen. Diese speziellen Fertigkeiten erlernt ihr derweil von sogenannten VR-Meistern, die euch ihre Jutsus mit fortschreitendem Spielverlauf beibringen.
Das Roster der verfügbaren Sensei ist allerdings recht überschaubar, wenngleich auch vollkommen ausreichend. Gerade mal 20 Shinobi aus dem Naruto-Universum stehen euch im gesamten Spiel zur Verfügung, darunter natürlich zahlreiche Fanlieblinge wie Naruto, Pain oder Shikamaru. Entwickler Soleil will in naher Zukunft aber weitere Charaktere in Form von separaten DLCs nachliefern – gegen eine zusätzliche Gebühr, versteht sich.

Genin haben viel zu lernen

Abseits der beiden ausgerüsteten Jutsus können wir ein spezielles Ninja-Werkzeug, eine Ultimative Fähigkeit, eure Rüstung sowie Zubehör inklusive Boni festlegen und entsprechend justieren. Neue Ausrüstung erhaltet ihr dabei aus sogenannten Schieferrollen – dem Ninja-Pendant zu den altbekannten Lootboxen. Diese könnt ihr euch entweder durch das Abschließen von Quests oder durch den Kauf mittels Ingame-Währung erarbeiten. Ein Kauf durch den Einsatz von Echtgeld ist allerdings nicht möglich.
Habt ihr erst einmal an all diesen Stellschrauben gedreht, ist euer Frischling auch schon bereit für das Kampfgetümmel. Dank der Fähigkeit Chakra in bestimmten Körperteilen zu sammeln und punktuell zu entladen, kann jeder Charakter bereits von Grund auf enorm weite Sprünge zurücklegen, an Wänden laufen und sich mit Shuriken an entfernte Objekte heranziehen. Mittels Tastendruck lassen sich Angriffe zudem schnell und einfach blocken oder kontern, während ihr gefährlichen Kombos über das Tausch-Nin-Jutsu entfliehen könnt. Naruto to Boruto setzt mit diesen Mechaniken auf ein angenehmes und rasantes Kampftempo, das seiner Vorlage in Dynamik und Geschwindigkeit in sicherlich Nichts nachsteht. Insbesondere in Team-Kämpfen mit mehr als zwei Mitspielern offenbart sich aber bereits eine weitere Schwachstelle des Spiels: Dank der vielen, wenngleich auch schönen Effekte wirkt das Kampfgeschehen zeitweise recht unübersichtlich, zumal auch die Kamera nicht immer in all dem Actiongewusel mithalten kann.

Dennoch entpuppen sich die zahlreichen Ninja-Fertigkeiten trotz ihrer stellenweise unübersichtlichen Effektfeuerwerke als eine der größten Vorzüge des Spiels, hat man sich hier doch so nah wie nur irgend möglich am Anime orientiert und eine große Varianz der beliebten Vorlage abgebildet. Das Zusammenspiel der Charaktere, die Zusammenstellung der Klassen und die Absprache bezüglich ihrer Fähigkeiten ist dabei nicht zuletzt in Ranglistenspielen von enormer Bedeutung. Mit den insgesamt vier verfügbaren Skillsets lässt sich darüber hinaus immer wieder flexibel auf bestimmte Ereignisse reagieren, was Naruto to Boruto gerade in höheren Schwierigkeitsgraden zu einem soliden Teamspiel verkommen lässt.

Wertungskasten
Präsentation
5
Spieldesign
7
Atmosphäre/Story
4
Balance
8
Umfang
6
test-naruto-to-boruto-shinobi-strikerNaruto to Boruto: Shinobi Striker ist ein erfrischendes Multiplayer-Experiment im Naruto-Universum, das auf den ersten Blick weder durch seinen Umfang noch durch seinen Einfallsreichtum aus dem Einheitsbrei der Anime-Brawler hervorstechen kann. Shinobi Striker setzt zwar auf einen geringen Spielumfang, insbesondere im Bezug auf die Missionsauswahl, Klassen und die verfügbaren VR-Meister, kann jedoch gerade mit seiner Multiplayer-Komponente und dem motivierenden Fertigkeitensystem punkten. Die reduzierte grafische Qualität, das belanglose Storygerüst und die überschaubaren Inhalte geben dem Titel allerdings einen zusätzlichen faden Beigeschmack, der konsequent an der Langzeitmotivation nagt. Naruto to Boruto ist ein nettes Beiwerk für alle Fans des quirligen Jinchuuriki und für diejenigen, die die Wartezeit auf den nächsten ernstzunehmend Naruto-Prügler kaum abwarten können. Allen anderen wird der Arena-Prügler angesichts des überschaubaren Umfangs auf kurz oder lang zu wenig Mehrwert bieten.