Hmm…Sommer, Sonne, Strand & Cocktails…wer denkt nicht an seinen letzten Jahresurlaub und muss mit entsetzen feststellen, das es draußen schon fast winterlicht zugeht. Warum nicht einfach einen zweiten virtuellen Urlaub im Süden inkl. dem Geruch von Gummi und Benzin mächtiger Rennboliden buchen? Playground Games liefert uns mit ihrem neuen Nachfolger Forza Horizon 2 das Ticket und ich habe mir den Kurzurlaub auf der Xbox One gegönnt.
Mit dem Vorgänger Forza Horizon habe ich persönlich sehr spät auf der Xbox 360 angefangen und zuvor mit der normalen Forza-Serie vorlieb genommen, die sich ausschließlich auf Rennstrecken abspielt. Zu diesem Zeitpunkt war ich etwas voreingenommen und sah das Horizon nicht als „echten“ Forza-Titel, sondern eher mehr einen Versuch, die Freizügigkeit eines Test Drive Unlimited 2 in einen abgespeckten Ableger unterzubringen. Weit gefehlt, denn ich musste meine Zweifel später über den Haufen werfen, nachdem ich sehr viel Spaß mit dem Open World-Titel hatte. Umso mehr freute ich mich über die Ankündigung von Forza Horizon 2 und war spätestens nach den Gameplays der Current-Gen-Version überaus angetan. Nun liegt es vor mir und ich habe bereits etliche Stunden im (meist) sonnigen Süden verbracht. Hat Playground Games im Nachfolger alles richtig gemacht?
Ten *Whisper*
Nachdem sehr stimmungsvollen Intro seht ihr bereits die Grafikpracht von Forza Horizon 2 (kurz: FH 2), denn während euer Profil geladen wird, dürft ihr einige Rennboliden wie z. B. den Lamborghini Huracán (LP 610-4) aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Diese Ladesequenzen sind nicht vorgerendert und werden von der Engine in Echtzeit mit 1080p (nativ) aufgelöst, allerdings kommt es bei manchen Ladevorgängen oft zu kleinen Rucklern. Das Problem liegt hier nicht in der Performance der Konsole, sondern vermutlich an der langsamen Festplatte, die Mühe hat, die Daten schnell genug zu liefern – in meinen Augen ein zu verschmerzender Punkt. Wurde euer Profil vollständig geladen und ihr spielt FH 2 zum ersten Mal, dürft ihr von einer netten Präsentation begleitet, mit einem Lamborghini Huracán zum Horizon-Festival fahren. Während dieser Autotour, könnt ihr euch direkt einen Eindruck der Freizügigkeit verschaffen, denn ob ihr wie ein Wahnsinniger Fahrzeug für Fahrzeug überholt, oder gemächlich zum Ziel fahrt um die Umgebung zu genießen, bleibt ganz euch überlassen – ausgenommen natürlich bei Renn-Events, wo ihr schon gut Gummi geben solltet. 😉
Jeder fängt mal „langsam“ an
Habt ihr einmal den Weg zum ersten Horizon-Festival gefunden, dürft ihr euch quasi als kleines „Dankeschön“ für die Anlieferung des Lamborghinis, eins von drei verschiedenen Fahrzeugen aussuchen, mit dem ihr entweder direkt an den Rennen der ersten Meisterschaft teilnehmt, oder zunächst die Insel unsicher macht. Wer bereits den Vorgänger gespielt hat, wird auch die Freizügigkeit in FH 2 lieben, denn wo bei vielen ähnlichen Spielen gewisse Bereiche zunächst gesperrt sind, kann hier die gesamte Insel sofort erkundet werden. Allein die asphaltierten Strassen sowie Schotterpisten fassen zusammen rund 375km – Acker und freies Gelände nicht mitgezählt. Natürlich kann man in FH2 einfach tun, was man möchte und muss nicht dem eigentlichen Ziel entgegen streben, aber auch beim Nachfolger von Forza Horizon geht es eigentlich „nur“ darum, am Finale des Horizon-Festivals teilzunehmen und dieses zu gewinnen. Bevor man allerdings das erste Mal an der Startlinie dieses Finales steht, vergehen mindestens 76 Rennen, denn man muss zuvor als Sieger der 19 Meisterschaften mit jeweils 4 Rennen hervorgehen. Die Auswahl der Meisterschaften ist nie vorgegeben und man darf selbst wählen, auf welche Kategorie man gerade Lust hat, allerdings sind an verschiedenen Meisterschaften auch bestimmte Fahrzeugklassen gebunden.
Somit muss man sich in FH2 sehr häufig für neue Fahrzeuge entscheiden, die gegen Credits gekauft werden. Dabei ist die Auswahl mit 200 an der Zahl bereits zu beginn nicht von schlechten Eltern und es sollen noch mehr via Download folgen. Eine andere Alternative bilden die sog. Wheelspins, denn nach jedem Stufenaufstieg darf man am „Rad des Glücks“ drehen und kommt so zu verschiedenen Geldpreisen sowie auch neuen Fahrzeugen. Eine neue Stufe erreicht man automatisch, sobald die benötigten XP geknackt wurden. Diese erhält man für die Zerstörung von XP-Schildern, bei finden von Fahrzeugen (Scheunenfund) und nach Abschluss jedes Rennens – auch gegen Drivatare und Rivalen. Die Höhe der XP ist dabei an bestimmte Faktoren gebunden. Natürlich erhält man als Sieger mehr Punkte als ein Verlierer, aber auch das Setting hinsichtlich der Fahrhilfen nimmt dabei Einfluss. Reduziert man die elektronischen Helferlein und macht das Fahrzeughandling somit etwas schwerer, wirkt sich dies zusätzlich positiv auf die XP aus. Für Draufgänger hat man sich in Forza Horizon 2 etwas nettes ausgedacht, denn besonders riskante und solide Fahrweisen werden mit Fertigkeitspunkten belohnt, die man zum freischalten von einigen Bonis verwenden kann. Somit könnt ihr z. B. einen dauerhaften Rabatt auf Tuning-Teile bekommen, bei gewonnene Rennen gegen Drivatare 10% mehr XP abstauben oder erhaltet mehr tägliche Credits durch Siege, die euer Drivatar einfährt, um nur einige Beispiele zu nennen. Für einen schnellen und gemeinsamen Erfolg, könnt ihr entweder selbst einen Club Gründen, oder einem bestehenden beitreten. Als Club-Mitglied seit ihr Freund und Feind zugleich, denn schneidet ihr wöchentlich im Ranking besser ab als andere Mitglieder, winken nette Credit-Bonis. Weiterhin steigen die XP aller Mitglieder gemäß der gemeinsamen Club-Leistung an.
Partyinsel oder langweilige Absteige?
Renn-Events absolvieren und Schilder kaputt fahren, ist das denn schon alles was Forza Horizon 2 zu bieten hat? Natürlich nicht! Obwohl man bereits mit den Meisterschaften viele Stunden im virtuellen Frankreich verbringen könnte, bleibt es nicht – ACHTUNG SPOILER – bei einem einzigen Horizon-Finale. 🙂 Allein um die 168 Meisterschaften zu gewinnen, müsstet ihr nämlich mindestens 672 Rennen absolvieren, was den ein oder anderen gut beschäftigen dürfte. Zusätzlich dürft ihr nach jedem Rennen noch gegen einen Rivalen auf der gleichen Strecke antreten, falls ihr das möchtet. Wer natürlich keine Lust auf einen Meisterschafts-Marathon hat, darf in FH 2 auch ein paar anderen Dingen nachgehen. Wie wäre es z. B. mit dem Auffinden von Fahrzeugen, denn insgesamt gammeln 10 echte Klassiker in verlassenen Scheunen vor sich hin, die auf der Insel verstreut sind. Dies klingt zunächst nach einem einfachen Abenteuer, jedoch gestaltet sich die Suche in dichten Wäldern alles andere als leicht – besonders Nachts. 🙂 Wer es etwas ruhiger mag und sich ein wenig was dazu verdienen möchte, darf sich als Paparazzi versuchen und auf der Insel besondere Fahrzeuge fotografieren. Es geht aber auch eine Nummer härter, denn wer bereits Forza Horizon gespielt hat, kennt die sehr kniffligen Rennen gegen Kunstflugzeuge, die auch in FH 2 Einzug erhalten haben, nur wurde das Inventar an Gegnern etwas aufgestockt.
Ihr könnt nämlich noch gegen ein Transportflugzeug, einen Heißluftballon sowie einen Schnellzug antreten. Auf den Strassen findet ihr regelmäßig andere Drivatare mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden, die meistens den Gamertag eurer Freunde tragen. Dies verleitet zusätzlich dazu, öfter mal die eigenen Freunde herauszufordern. 🙂 Eine ziemlich nette Idee sind die Parkplatztreffen, wo ihr schicke Fahrzeuge bestaunen und sogar direkt kaufen könnt, oder den jeweiligen Drivatar zu einem Rennen herausfordert. Übrig sind dann nur noch die Blitzer-Passagen, wo ihr entweder so schnell wie möglich an einem Blitzer vorbei brettert, oder eure Geschwindigkeit in einer Tempo-Zone so hoch wie möglich halten müsst. Ansonsten könnt ihr natürlich auch einfach nur durch die Weltgeschichte fahren – in ständiger Begleitung von der netten Navigationsstimme „Anna„. Sie sorgt öfter mit Tipps und Nachfragen dafür, das euch nicht langweilig wird und schlägt Events sowie Aktionen in der Nähe vor, die ihr mittels Spracheingabe bestätigen oder ablehnen könnt, sofern ihr Kinect besitzt. Ebenfalls könnt ihr Anna auch selbst zu jeder Zeit rufen, um ein wenig weibliche Führung zu genießen. 🙂 Neben all dem sind da auch noch eure Fahrzeuge, die ihr in gewohnter Forza-Manier optisch sowie technisch aufpolieren könnt. Das heißt konkret, das ihr nicht nur einfach Tuning-Teile in eure Fahrzeuge einbaut, sondern auch je nach Ausbauart selbst Hand an nahezu dem gesamten Setting anlegen könnt. Mehr Bremsdruck hier, mehr Sturz da, verbesserte Zündzeitpunkte, andere Getriebeübersetzung….ihr merkt, austoben ist auch hier das wohl beste Paradewort. Damit es nicht beim „Innen Hui und außen Pfui“ bleibt, muss ein Vehikel natürlich auch schick aussehen, wenn man andere überholt. 😉 Daher könnt ihr allen Fahrzeugen neben normalen Lacken auch ganze Designs verpassen, die bereits von anderen Community-Mitgliedern angefertigt wurden. Wer selbst gerne besonders kreativ sein möchte, darf natürlich auch hier dank Farben sowie Stickern ein eigenes Design herzaubern und sogar mit der Community teilen.
Mehrspieler-Modus ohne Splitscreen
Wie bereits im Vorfeld schon bekannt wurde, bietet Forza Horizon 2 nicht mehr den klassischen Splitscreen an, wie es noch beim Vorgänger der Fall war. Somit finden Mehrspieler-Partien ausschließlich Online statt. Streng genommen gibt es eigentlich keinen reinen Solo-Modus, denn auch im Einzelspieler werden die Grenzen leicht vermischt, da hier bereits Rennen gegen Rivalen und Drivatare möglich sind und auch die Synchronisation der KI-Fahrer, die aus den Profilen anderer Gamer stammen, notwendig ist. Das Betreten der Multiplayer-Modis „Online-Autotour“ sowie „Freie Fahrt Online“ passiert nahtlos aus dem Einzelspiel heraus und wird über das Pause-Menü unterhalb des Punkts „Social“ initiiert. Alternativ kann man natürlich auch an einer Sitzung via Party-Chat teilnehmen oder gar einrichten. Wählt man einen Online-Modus aus, suchen die Server eine freie Sitzung und man darf während dieser Zeit weiterhin in Frankreich durch die Gegend cruisen. Steckt man in einem Menü fest, bekommt man 20 Sekunden Zeit, nachdem eine Session gefunden wurde, um auf die Strasse zurückzukehren. Anschließend kann man der zuvor freigehaltenen Session ganz einfach betreten. In der freien Fahrt dürft ihr euch Online so richtig austoben und findet auf den Strassen andere Mitstreiter. Ob ihr einfach durch die Gegend fahrt und andere Mitspieler zu Duellen herausfordert, an den wirklich zahlreichen Renn-Events teilnehmt oder euch auf Parkplatztreffen rumtummelt, bleibt völlig euch überlassen. Wer eher Lust auf eine gemeinsame Autotour mit Freunden oder anderen Mitspielern verspürt, kann an der Online-Autotour teilnehmen. Hier dürft ihr dann gemeinsam mit anderen um die Meisterschaften kämpfen und quer durch Frankreich reisen. Hinsichtlich der Multiplayer-Performance macht FH 2 eine wirklich gute Figur, denn es kommt eigentlich so gut wie nie zu kleineren Verzögerungen, während dem Gameplay. Zumindest konnte ich in meinen Sitzungen selbst an Wochenenden keine Probleme ausmachen, die mich in irgendeiner Form behinderten.
Forza-Feeling in Perfektion?
Forza Horizon 2 ist einer der schönsten Racing-Titel für die Xbox One und daran gibt es eigentlich nichts zu rütteln. Schaut man sich alleine die Fahrzeugmodelle an, die größtenteils über ein solides Schadensmodell verfügen, verliebt man sich öfter aufs neue und die wirklich tolle und Abwechslungsreiche Insel bietet nicht nur tolle Strecken, sondern teilweise auch richtig schöne Ecken mit weitem Ausblick – quasi wirklich ein wenig Urlaub, auch wenn es dank des dynamischen Wetters öfter mal schüttet. Natürlich ist aber leider nicht immer alles schön, denn die größte Schwäche zeigt FH 2 bei den matschigen sowie nicht flüssig wirkenden Schatten, was speziell beim Tag/Nacht-Wechsel sichtbar wird sowie bei einigen ebenfalls groben Texturen, wenngleich diese nur in einem kleinen Rahmen vorkommen. Gelegentliche Pop-Ups von Vegetationen und anderen Objekten stören den Spielfluß zusätzlich, speziell wenn man mit richtig schnellen Vehikeln unterwegs ist. An der Umgebung gibt es eigentlich nur sehr wenig auszusetzen und nur wenn man kleinlich wird, dürfte man Animationen wie Sträucher, die beim durchfahren zu Blättern transformieren, beanstanden und warum man keine Tiere, kein Leben und noch nicht mal eine verfluchte Baustelle in Frankreich sieht. 🙂
Anders sieht es da bei der KI aus, deren Fahrweise annähernd richtigen Spielern entspricht. Hier kann ich über den besonders starken „Gummiband-Effekt“ einfach nicht hinweg sehen, der natürlich auch immer wieder bei Titeln anderer Studios zum Tragen kommt. Bei FH 2 hat man jedoch oft das Gefühl extrem vorgeführt zu werden, wenn in einem Rennen plötzlich KI besetzte Fahrzeuge der gleichen Klasse mit weniger Leistung an einem vorbei ballern (nicht nur knapp überholen) und ca. 900 Meter später nur noch mit 50 Sachen ala Kaffee-Fahrt locker um die Kurve cruisen – gleiches gilt auf offener Strasse. Wenn man von einem Vauxhall Corsa VXR überholt wird und bei 290 km/h in einem Lamborghini Aventador LP700-4 noch nicht ganz ran kommt, kann irgendwas nicht so ganz stimmen. Noch Kurioser wird es, wenn man sich den Corsa dann im Fotomodus einmal genauer ansieht und dieser mit Serienbremsen und fehlendem Ladeluftkühler unterwegs ist. Playground, aufwachen bitte. 🙂
Vom Radio bis zum Auspuff
Wirklich gelungen ist dieses Mal die Auswahl der 7 Radiosender, denn die Songauswahl ist sehr ausgewogen und teils auch mit aktuellen Titeln bestückt. Mir persönlich hat es der Sender „Hospital Radio“ einfach angetan und ich habe Drum & Bass neu für mich entdeckt, aber von Klassik und Pop bis hin zu Hip-Hop sowie Rock, ist auch für jeden eigentlich etwas dabei. Wer gar keine Musik hören möchte, kann das Radio natürlich auch ausschalten. Soundtechnisch kommt Forza Horizon 2 eigentlich erwartet solide daher, wenngleich ich noch viel zu verwöhnt von anderen Titeln bin. Es dürfte für meinen Geschmack alles etwas Kerniger sein, denn nicht immer spiegelt das Klangbild das jeweilige Fahrzeug wieder und Gänsehaut-Feeling durch den Sound stellt sich in meinen Augen nicht ein.