Der König des Eishockeys ist zurück? Nun ja, bei so wenig Konkurrenz in dieser Sportart kann man ruhig von einem König sprechen und für die Current-Gen-Konsolen, ist es sogar der einzige Eishockey-Titel überhaupt. Ob die erstmals in NHL eingesetzte „IGNITE-Engine“ bei EA’s diesjährigem NHL 15 für mehr Auftrieb sorgt, klärt mein Test der Xbox One-Version.
Unfassbar wie schnell die Zeit vergeht. Noch vor einem Jahr, hatte ich die Xbox360-Version von NHL 14 im Test und verbrachte viele Stunden auf dem virtuellen Eis, da beglückt uns EA nun mit dem neuen NHL 15 – sogar endlich für die Current-Gen! Somit darf man doch automatisch davon ausgehen, das der neue Ableger um einiges schicker aussehen wird und dank der IGNITE-Engine auch spielerisch und KI-Technisch eine gute Schippe drauflegt, oder?
Spielmodis – Weniger ist mehr?
Bereits vor dem Release sorgten einige News für hitzige Diskussionen, denn im neuen NHL 15 sollten gegenüber dem Vorgänger weniger Spielmodis Platz gefunden haben, was leider auch zutrifft. Während man bei NHL 14 noch insgesamt auf 20 Spielmodi kam, sind im neuen NHL 15 lediglich 7 übrig geblieben und somit stolze 13 Spielmodis dem Rotstift zum Opfer gefallen. Vorhanden sind demnach „Schnelles Offline-Match„, „Online (Vs.)„, „Training„, „NHL Moments Live„, „Be A GM„, „Be A Pro“ & „Hockey Ultimate Team„. Speziell bei den letzten beiden genannten, sollte sich der ein oder andere NHL-Fan wieder etwas beruhigt haben, denn natürlich sind die beiden wichtigsten Modis noch integriert. 😉 Fans der Serie sind alle erwähnten Spielmodis natürlich ein Begriff, aber für Neuankömmlinge gehe ich nun kurz auf die genannten Modis und deren Inhalte ein.
Eigentlich sind zumindest drei der zuvor genannten Modis „Schnelles Offline-Match„, „Online (Vs.)“ und „Training“ ziemlich selbsterklärend. Möchtet ihr einfach schnell ein 1-gegen-1-Spiel gegen die KI oder einen Freund bestreiten, ist das schnelle Offline-Match die richtige Option. Sitzt euer Freund gerade nicht mit euch im Zimmer, oder ihr wollt einfach gegen andere Online-Spieler antreten, könnt ihr dies im Online-Modus tun. Um zuerst ein Gefühl für die Steuerung zu bekommen, bietet sich das Training gerade zu an, wenngleich der Umfang wie immer spärlich ausfällt. Ihr habt weder die Möglichkeit einen zweiten Spieler auf das Eis zu zitieren, um One-Timer oder ähnliches zu üben, noch könnt ihr z. B. Bullys trainieren. Ihr seid quasi alleine unterwegs und dürft mit Schüssen auf den gegnerischen Torwart einhämmern. Euer Keeper selbst steht zwar unten auch noch im Tor, aber sein einziger Zweck besteht da drin, gut auszusehen und euch gelegentlich den Puck zurück zu spielen. 🙂 Ich persönlich habe die Klassiker NHL 94 & NHL 95 bis zum Untergang gesuchtet und liebe daher die klassische Steuerung. Natürlich bieten euch gerade die Skill-Sticks in der regulären Steuerung eine Vielzahl an Möglichkeiten, doch das Handling bedarf zunächst etwas Übung, wofür sich der Trainings-Modus hier natürlich anbietet. Wer schon immer tolle Momente aus der NHL nachspielen oder sogar verändern wollte, darf auch dieses Jahr wieder einige Passagen aus der Saison 2013/2014 in „NHL Moments Live“ nachspielen – die Saison 2014/2015 ist natürlich noch nicht verfügbar und wird später als Download bereitgestellt. Zu jedem der verfügbaren Spiele gibt es erneut eine kleine Zusammenfassung zum Spielverlauf, wie das Spiel am Ende ausgegangen ist und was eure Aufgabe ist. Wenn es also in einem Spiel 3:3 stand und ein bestimmter Spieler der Siegermannschaft noch das 4:3 im letzten Drittel erzielte, werdet ihr vermutlich als genau dieser Spieler aufs Eis dürfen um die Geschichte nachzuspielen. Vielleicht gelingt euch dann sogar mehr als das eine Tor. 😉
In einigen Foren tauchte ein gewisser Spieltyp besonders oft auf der Wishlist auf – der General Manager-Modus, der im aktuellen NHL „Be A GM“ genannt wird. Wer nun denkt: „Moment mal, ein reiner Manager-Modus in NHL? Wie geil…„, den muss ich leider etwas bremsen. 😉 Ja, EA geht hier zumindest schon einen großen Schritt in die richtige Richtung, aber setzt diesen nicht ganz konsequent durch. Nichts desto trotz, lässt euch dieser Modus immer noch einiges an Gestaltungsfreiraum um euer Team zu Formen, wobei ihr nebenbei natürlich auch die Matches selber bestreiten müsst. So seid ihr Herr über das Budget und könnt Spielerverträge verlängern, kündigen oder nach derzeitigen Angeboten Ausschau halten. Wollt ihr das Team ein wenig verändern, aber findet auf dem Markt keinen Spieler, der euren Vorstellungen entspricht, könnt ihr einen Scout auf Reisen schicken, der euch einige Spieler für bestimmte Positionen vorschlägt. Natürlich könnt ihr auch Spieler traden, falls es derzeit nicht so gut in der Kasse aussieht, oder man schnell einen zeitlich begrenzten Ersatz für verletzte Eiskämpfer benötigt. Zu guter Letzt, dürft ihr auch den „bösen“ Manager raus lassen und in der Kader-Verwaltung gewisse Spieler von ihren Funktionen entledigen, die nicht die erwartete Leistung bringen und auch deren Rückennummern ändern, oder die Reihen komplett neu strukturieren. Das war auch schon im Grunde alles, was ihr in „Be A GM“ tun dürft. Einfluss auf die Einnahmen, wie z. B. Eintrittsgelder, Werbeverträge oder Preise für Speisen, Getränke und Merchandising habt ihr natürlich nicht, da man in NHL 15 nicht in den wirtschaftlichen Teil eingreifen kann.
Ich persönlich liebe den bereits in NHL 14 eingeführten „Be A Pro„-Modus und freue mich, das man auch im neuen NHL-Ableger eine Karriere als einzelner Eishockeyspieler durchleben kann. Allerdings wurden einige Features dieses Spieltyps gegenüber NHL 14 gestrichen, was ich persönlich fraglich sowie teilweise nicht nachvollziehbar finde und ihr könnt leider noch immer nur aus vordefinierten Gesichtern wählen. Dabei gäbe es mit einer Kinect oder PlayStation 4-Kamera perfekte Optionen, um sein Ebenbild einscannen zu lassen. Nehmen wir als Rotstift-Beispiel mal den Entry Draft, wo man sich als „Amateur“ in der Regel mächtig ins Zeug legt, um auf sich aufmerksam zu machen und hoffentlich Angebote von Mannschaften zu erhalten. Während man beim Vorgänger noch selbst in den Drafts spielen konnte, um quasi Einfluss in die Entscheidung zu nehmen, kann man diese in NHL 15 nur noch per Tastendruck simulieren. In meinem Fall drückte ich auf den Knopf und durfte bei den San Jose Sharks unterkommen – na herzlichen Glückwunsch zum „Geschenk“. Die nächste Ernüchterung folgte dann nach der ersten Auswechslung, denn obwohl ich schon beim NHL 14-Review mehr Interaktivität begrüßt hätte, hat man beim aktuellen Ableger sogar noch das „normalste“ von der Welt einfach gecancelt, denn man kann sich nun nicht mehr frei umsehen, wenn man auf der Bank platz nimmt. Sprich, da wo der Puck hinzeigt, da wird hingeguckt, basta! Jetzt, wo man doch endlich richtige Zuschauer vorfindet, die teilweise noch nette Schilder hoch halten und verkleidet sind, würde man sich doch sehr gerne einfach mal umsehen! Die Formung seines Charakters nimmt ebenfalls seltsame Züge an und ich habe auch nach einigen Stunden noch nicht durchblicken können, wie sich die Vergabe von Experience Points (kurz: EXP) zusammensetzt. Nach jedem Spiel erhält man aufgrund seiner gezeigten Leistung mal mehr oder weniger EXP, was auch völlig plausibel ist. Diese EXP kann man dazu nutzen um die Fertigkeiten seines Spielers in diversen Bereichen zu verbessern. Je höher der Level einer Fertigkeit ist, desto mehr EXP müssen investiert werden, um diesen weiter nach oben zu treiben. Soweit klingt das alles noch ziemlich logisch, aber zum unverständlichen Teil komme ich nun. Hat man 1.200 EXP für die Spielerentwicklung zur Verfügung und benötigt rund 360 EXP um z. B. die Schlagschuss-Präzision zu erhöhen, könnten man mit den vorhandenen EXP doch locker zwei Punkte in der Fertigkeit steigen, oder? Nein, das wäre in NHL 14 noch möglich gewesen, aber nicht hier. In NHL 15 werden die Verfügbaren EXP automatisch auf die sechs Teilbereiche „Schuss„, „Puckbeherrschung„, „Sinne„, „Skating„, „Physis“ und „Verteidigung“ aufgeteilt. Im zuvor genannten Beispiel habt ihr dann ca. 300 EXP übrig und könnt daher in keiner Eigenschaft aus dem Teilbereich „Schuss“ leveln, bevor ihr nicht noch ein paar Spiele absolviert habt. Warum das Charakter-Design so verabschiedet wurde, ist mir ein Rätsel, aber es riecht stark nach künstlichem Ausdehnen der Spieler-Entwicklung.
FIFA-Fans werden mit dem Begriff „Ultimate Team“ sicher etwas anfangen können und EA hat auch den bereits in NHL 13 eingeführten Modus „Hockey Ultimate Team“ natürlich beibehalten, da es sich immerhin um den am meist gespielten Online-Modus in NHL handelt. Dieser Modus erlaubt es euch eine eigene Traum-Mannschaft auf die Beine zu stellen und mit dieser gegen andere Mitstreiter, oder der KI anzutreten. Für jedes gewonnene Match gibt es Coins, die z. B. im Store für Sammelkarten-Packs ausgegeben werden können. In diesen Packungen befinden sich Sammelkarten von Spielern und anderen Items um z. B. auf Verträge einzuwirken. Diese Sammelkarten sind jedoch nicht einfach nur hübsche Karten für die virtuelle Vitrine, sondern bilden auch die in eurer Mannschaft einsetzbaren Spieler. Der Inhalt der Karten-Packs ist zufallsgeneriert und wie bei fast allen Dingen des richtigen Lebens, befinden sich die Perlen meist hinter den teuren Packs. Natürlich würde es eine gewisse Zeit dauern, bis ihr genug Coins zusammen habt um bei den höherwertigen Paketen zuzuschlagen, daher könnt ihr ich diese alternativ auch gegen echtes Geld erwerben. Bei vielen Paketen sind manchmal natürlich auch unbrauchbare Karten bei, die ihr entweder zur Auktion stellen oder für ein paar wenige Coins direkt verkaufen könnt. Auktion ist ein gutes Stichwort, denn falls ihr mal gezielt den ein oder anderen Spieler sucht, könnt ihr euch bei den laufenden Auktionen anderer Online-Spieler umsehen und auf die Spielerkarten bieten. Mit viel Nervenkitzel, Fleiß, Geduld und unter Umständen auch Geld, könnt ihr am Ende vielleicht mit eurer ganz individuellen All-Star-Mannschaft glänzen und werdet zum Team der Woche gekürt. 🙂
„And he scores….“ – Ab aufs Eis
Habt ihr euch einmal durch das sehr aufgeräumte aber eher träge Menü gewurschtelt und startet ein Match, wird euch nach einer recht schnellen Ladezeit vermutlich der jeweilige Austragungsort aus der Vogelperspektive präsentiert, was ich persönlich sehr nett finde. Anschließend geben die beiden Kommentatoren noch ein paar nette Worte von sich, wobei sich diese Sequenz bereits nach dem dritten Match wiederholt und kurz darauf geht es schon aufs Eis. Mein erster Eindruck war kurz gesagt: „Wow„, denn so schön hat ein NHL-Hockey bislang noch nie auf einer Konsole ausgesehen. Das Eis, noch mal eine Ecke realistischer als beim Vorgänger und der Detailgrad der Charaktere lässt in meinen Augen keine Wünsche mehr offen. Je länger man sich auf dem virtuellen Spielfeld aufhält, desto öfter frage ich mich, wie man die Grafik zukünftig noch besser machen könnte und selbst wenn, ob das überhaupt notwendig wäre. Wenn jetzt noch das Gameplay passt, wäre eigentlich alles perfekt und glücklicherweise ist auch dieses durchweg gelungen. Die Animationen und das Handling der Protagonisten läuft butterweich von der Hand und Befehle werden zackig ausgeführt. Von Spiel zu Spiel kommen immer mehr Details zum Vorschein und auch ich werde nach wie vor öfter überrascht. So kommt es nicht selten vor, das ein Spieler nach einem heftigen Bodycheck zu Boden fällt und dabei seinen Helm und/oder andere Teile seiner Ausrüstung verliert. Wenn dies noch im Rahmen des erlaubten war, läuft das Spiel weiter und selbst die verlorene Ausrüstung reagiert dann auf Kollisionen, so dass z. B. Helme durch das Eis geschleudert werden. Dabei ist dieses Muster nicht immer gleich, denn oft bleibt nach einem Sturz auch noch alles am Körper befestigt. Auch an kleine Details hat man gedacht, denn seid ihr einmal unachtsam mit eurem Spieler und fahrt einem Gegner quasi auf, stolpert ihr oft und je nach Statur auch der Gegner. Das ist manchmal schon nervend, aber nicht im negativen Sinne, denn im wirklichen Leben wäre das vermutlich nicht anders, nur ist natürlich dann vielleicht gerade eine gute Konterchance ins Wasser gefallen. 😉 Auch bewegen sich nun die Trikots und selbst Schüsse oder Checks haben sichtbaren Einfluss auf die Kleidung. Das erzielen von Toren macht auch in NHL 15 wieder richtig Spaß und man darf hier als Schütze per Tastendruck eine von vier verschiedenen Siegesposen abrufen. Wenn ihr richtig gut seid, werden die Fans euch lieben und sogar selbst gebastelte Schilder mit verschiedenen Aufschriften wie z. B. in meinem Fall „Martin’s biggest Fan“ hochhalten. Das ist toll und sorgt natürlich zusätzlich für eine euphorische Stimmung. Schießt einer eurer KI-Kollegen ein Tor und ihr wart im besten Fall der Vorlagengeber, könnt ihr euch einfach in Richtung des Schützen begeben, woraufhin eine automatische Umarmung mit glücklich aussehenden Gesichtern stattfindet. Natürlich sind auch wieder Schlägereien mit von der Partie, die jedoch bis auf den Verlust von mehr Ausrüstungsgegenständen nach einem guten Hieb kaum Neuerungen bieten. Negativ auffällig ist aber, das die Gesichter nach der Rauferei weniger mitgenommen aussehen als bei Vorgänger und ein blaues Auge ist am nächsten Spieltag auch nicht mehr zu sehen.
Mit Sicherheit kommen im späteren Verlauf noch ein paar neue Features oder Optimierungen hinzu, denn ihr könnt in NHL 15 erstmals zwischen verschiedenen Gameplay-Updates wählen, die vom Spielkern getrennt zu sein scheinen. Während meines Tests, gab es ein Update auf die neuere Version, wobei die genauen Details für mich nicht ersichtlich waren. Sollte jemandem das neue Gameplay-Update und die damit verbundenen Veränderungen jedoch nicht gefallen, kann man in den Optionen auf eine andere Version wechseln und so mit einem älteren Stand spielen. Diese Möglichkeit finde ich sehr interessant und gut gelöst, da man in der Vergangenheit mit dem Gameplay des angewandten Patches leben musste und nun die Wahl hat.
Von Zuschauern, Fans und Ordnern – Die Atmosphäre
EA hat es auch dieses Jahr wieder geschafft, die bereits tolle Atmosphäre von NHL 14 in das neue NHL 15 zu übertragen und durch das einbringen von Ordnern und richtigen Zuschauern, anstatt den lieblos animierten Pappkameraden, noch merkbar zu verbessern. Die erneut tolle sowie dramatische Akkustik untermalt das ganze und bildet mit dem tollen Gameplay und der überaus guten Grafik eine gelungene Kombination. Die wenigen Bugs, wie z. B. das gelegentliche verschwinden von Spielern in der Bande oder des Konditionsbalkens im „Be A Pro„-Modus, stören die Stimmung nur minimal und sind mit Sicherheit dank Updates zu beheben. Zukünftig sollte man jedoch noch weiter in die Detailkiste greifen und weitere wichtige Elemente hinzufügen, denn es ist in der NHL üblich, das Fans nach einem Hattrick mit Schals, Mützen und Cappys werfen, um ihren Star zu feiern.