Xbox 360: Wie gut funktioniert sie im Jahr 2023 noch?

Ein Erfahrungsbericht

Ein eher unschöner Umstand trieb mich irgendwie hin zu meinem alten Xbox 360 Controller. Zahlreiche Spiele wurden aus dem 360-Store gestrichen und können damit nicht länger heruntergeladen werden. Darunter auch große Namen, wie Assassin’s Creed 3 & 4, Left 4 Dead, Dark Souls oder Indie-Hit N+. Während der Umgang und Erhalt digitaler Inhalte ein Thema für sich ist, habe ich mir nun die Frage gestellt, wie gut eigentlich meine Erfahrung auch im Jahre 2023 noch mit der 360 ist. Sind Funktionen oder andere Inhalte bereits gestrichen worden? Funktioniert der Multiplayer noch? Wie fühlt es sich überhaupt an, die erste HD-Konsole nach modernen technischen Maßstäben zu nutzen?

Mehr als eine Konsole

Vorab muss ich gestehen, dass ich mit der Xbox 360 enorm viel verbinde. Es war die Konsole, die mich aus meinem Kindesalter heraus in mein junges Erwachsenendasein führte, mich für tausende Stunden beschäftigte und mit der ich viele schöne Erinnerung verbinde. Nostalgie ist das Stichwort. Umso gespannter war ich, wie es sich anfühlt eine Konsole herauszukramen, die seit fast 10 Jahren nun im hintersten Eck des Schranks lag. Zunächst fiel mir auf, wie ästhetisch das Design der Konsole auch heute noch ist. Der Vollständigkeit halber muss ich sagen, dass ich die Xbox 360 Slim im matten Design besitze. Die Konsole ist relativ kompakt und hat einen schönen Formfaktor. Neben der PlayStation 5 und Xbox Series X wirkt sie schon beinahe schmächtig. Ein Grund für den schönen Formfaktor ist die Tatsache, dass die Konsole noch ein externes Netzteil hatte. Zum Glück sind diese Trümmer mittlerweile integriert und versteckt. Ich bewaffnete mich nach dem Aufbau mit meinem Xbox 360 Controller, der mir unglaublich leicht vorkam. Möglicherweise, weil ich den relativ massiven Elite-Controller der Serie 2 gewohnt bin. Doch das Feeling ist nach wie vor gut. Die Druckpunkte passen auch heute noch, die der Bumper finde ich sogar noch knackiger als bei den heutigen Eingabegeräten. Einzig die Ausbuchtung für die Batterien stört heute wie damals.

Die Xbox 360 ist in der Slim-Variante auch heute noch eine schöne Konsole.

Homecoming

Schon der Startsound der Konsole löste in mir eine Zeitreise aus und nach sehr kurzer Ladezeit befand ich mich auch schon auf dem Home-Screen. Das fühlte sich ein Stück weit so an, wie wenn ich nach längerer Zeit wieder meine Eltern besuche und das Haus, in dem ich aufgewachsen bin, betrete. Homecoming. Nach wie vor lächelt mich das Kachel-Design an. Dieses war eher ungeliebt. Als die Konsole 2005 auf den Markt kam, setzte man noch auf die Blade-Optik, die sich übersichtlich, aber sehr spartanisch gab. Für Konsolenverhältnisse war es jedoch schon bahnbrechend, wie viele Optionen sich dort fanden. Die 2007 enthüllte „Next Xbox Experience“ sorgte dann für eine komplette Umstrukturierung des Dashboards und ist sicherlich eines der beliebtesten. Das 2011 eingeführte Dashboard war dann an Windows 8 angelehnt. Ich mochte das Design mehr, als die wahrscheinlich meisten Besitzer*innen der 360.

Im Kern sieht das Design auch heute noch so aus, mit einigen Änderungen. Die Navigation läuft flüssig und allein der Sound beim Wischen durch die Menüs zauberte mir ein Grinsen ins Gesicht. Doch die Erfahrung ist nicht mehr ganz so uneingeschränkt befriedigend. Insbesondere der Store ließ im Laufe der Jahre Federn. So manche Filterfunktion gibt es nicht mehr und auch die ganzen Indiespiele von damals sind größtenteils weg. Lediglich die Arcade-Games sind mehrheitlich erhalten geblieben. Doch die Navigation durch den Store ist auf der heutigen Xbox deutlich intuitiver und übersichtlicher. Jedoch ist die restliche Steuerung durch das Dashboard angenehmer, als auf der One und Series. Trotz des Alters empfinde ich das Design kohärenter und stimmiger. Nicht alle Features sind im Guide geparkt und lassen mich bewusst werden, dass sogar das Metro-Design von damals eine bessere Figur macht, als das moderne Dashboard. Auch weil es so viele schöne Themes gibt, die meinen Home Screen verschönern.

Das Metro-Design war nicht sonderlich beliebt, durch eine Vielzahl an Themes aber sehr anpassbar.

Es funktioniert

Doch genug davon, es geht doch um die Spiele. Immerhin ist meine Schublade noch prall gefüllt mit Titeln, die ich kurzerhand installierte. Das ist aber optional, denn damals konnte man Spiele auf DVD auch noch so spielen. Verrückte Zeiten. 7 GB Speicherplatz für ein AAA-Spiel? Heute kann man eine 0 dahinter schreiben. Call of Duty: Black Ops 2 ließ sich problemlos starten und nach erneuten Nostalgie-Wallungen versuchte ich mich an einer Multiplayer-Partie. Und tatsächlich gelangte ich nach einer Minute Wartezeit in eine Lobby. In der Erwartung ein Cheater-Festival zu erleben, wurde ich aber eines Besseren belehrt. Ich war nicht gut, aber es machte Spaß. Nicht aber so sehr wie zu Hochzeiten, als die Server prall gefüllt waren und jeder Spielmodus gleichermaßen sofort abrufbar war. Aber hey, es ging!

Auch ein kurzer Ausflug in die Welt von GTA IV sorgte, nebst nostalgischen Glücksgefühlen, für eine Menge Spielspaß. Gute Spiele sind einfach zeitlos. Unverkennbar nagt jedoch der Zahn der Zeit an der Optik. Während sich mein Auge an 1440p und 4K-Auflösung gewöhnt hat, die detaillierte und hochauflösende Texturen zu bieten haben, wirken die Spiele von damals visuell etwas angestaubt. Ein Feature, welches ich seit der PlayStation 4 und Xbox One zudem lieben gelernt habe, ist das Multitasking. Einfach ein Spiel pausieren und währenddessen in die Einstellungen oder die Spielebibliothek gehen, das ist schon großartig. Ganz zu schweigen davon, dass meine Series X sogar gleich mehrere Spiel im Hintergrund laufen lassen kann.

Der Store ist bereits geschrumpft, im Gegensatz zur Blütezeit der 360.

Wenn schon, denn schon: Was ist eigentlich mit Kinect?

Um aber meine Erfahrung aber komplettieren zu können, kramte ich noch ein ganz besonderes Stück Hardware aus meinem Zauberschrank hervor: Xbox Kinect! Die bessere Eye-Toy-Kamera machte mir schon damals mehr Spaß, als ich es selbst je für möglich gehalten hätte. Insbesondere Kinect Sports sind richtig coole Minispiel-Sammlungen gewesen. Nach der kurzen Einrichtung begann die Magie erneut. Auch heute noch machen Kinect Sports 1 + 2 richtig Laune!  Die Übertragungen der realen Bewegungen funktionieren ziemlich genau und gewissermaßen fühlte es sich sogar wie eine neue Spielerfahrung an. Dafür war ich auch schnell aus der Puste. Ich sollte wohl mal wieder, fernab der virtuellen Welten, etwas mehr Sport machen. Mit der Zeit gewann ich wieder Lust daran meine Xbox 360 zu nutzen. Trotz in Auflösung und Framerate verbesserter Titel für die Nachfolgekonsolen bin ich irgendwie dazu geneigt, diese Spiele doch wieder auf meiner 360 zu spielen.

Ja, ich stehe dazu. Kinect Sports macht mir Spaß!

Paradox: Denn die eigentlich bessere Spielerfahrung verspricht die 18 Jahre alte Xbox 360 nämlich nicht. Vielmehr ist es das wohlige Gefühl in eine vergangene Zeit einzutauchen und die Vibes von damals nachzuempfinden. Sicherlich wird nicht jeder Mensch gleich empfinden. Wer aber ebenfalls eine starke Bindung zu Microsofts zweiter Heimkonsole hegte, könnte ähnlich fühlen. Auch wenn mich der Nostalgietrip glücklich stimmte, so ganz wie damals ist es eben nicht. Es ist, wie das alte, verlassene Kinderzimmer zu betreten, in dem alles so stehen gelassen wurde, wie man es auch verließ. Ein Strom an Erinnerungen übermannt dich, aber es ist eben nicht so wie damals. Der Store ist leerer, die Lobbys ebenso. Was bleibt, ist eine nostalgische Zeitreise, ins Jahr 2013, also ich Konsole, Netzteil und Controller in den besagten Schrank verstaute, um Platz zu machen für einen dicken, schwarzen VHS-Rekorder mit dem Namen: Xbox One.

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