Andersspiel: Figment

Ein bunter Weg durchs Trauma

Schon lange sind Spiele nicht mehr ausschließlich zur reinen Unterhaltung da, sondern stellen Fragen auf der Metaebene. In Figment (dt.: Hirngespinst oder ein Produkt der Fantasie) wird die Frage gestellt, wie man negative Erlebnisse und Emotionen eigentlich verarbeiten und lernen kann, mit diesen umzugehen.

Die Welt in Figment ist (manchmal mehr, manchmal weniger) farbenfroh und scheint auf den ersten Blick heiter und fröhlich, bis auf dessen grummeligen Bewohner Dusty, den Spieler*innen in den ersten Minuten des Spiels kennenlernen. Sie besteht aus vielen kleinen, miteinander verbundenen, schwebenden Inseln, auf denen wundersame, oft aus Instrumenten bestehenden Pflanzen und Häuser sowie Windmühlen stehen. Doch die scheinbare Idylle trügt, die in einem krassen Gegensatz zum Einstieg des Spiels steht. Zu Beginn hört man nämlich einem Dialog zwischen mehreren Personen zu, das in einem lauten Knall eines Autounfalls endet.
Schnell wird klar, die Welt, in der man sich befindet und durch die man sich mit Dusty bewegt, stellt den Geist eines traumatisierten Kindes dar, das versucht, die Geschehnisse zu verarbeiten. Alles, was man sehen und hören und was an Gefühlen, Gedanken und Erinnerungen vorhanden ist, wird metaphorisch dargestellt.

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Der grummelige, mit Maske (?) und Schwanz aber drollig aussehende und mit einem Schwert ausgestattete Dusty ist die Verkörperung des Mutes, der eigentlich in seinem Zuhause nur in Ruhe gelassen werden und nichts von den drei Albtraumwesen wissen will, die die Welt befallen haben und dessen “Bewohner*innen” terrorisieren. Als jedoch eines der Wesen sein Sammelalbum klaut, dass seine Erinnerungen enthalten, macht er sich auf den Weg, dieses zurückzuholen. Mit seiner fliegenden Begleitung Piper, die ihm mit guten Ratschlägen und Motivation zur Seite steht, nimmt er die Verfolgung auf quer über die schwebenden Inseln, die die verschiedenen Bereiche des Gehirns in vereinfachter Form darstellen, bspw. die Insel der Kreativität.

Auf dem Weg müssen Spieler*innen sich allerlei kleinen Rätsel und Puzzle stellen, denn der Weg ist nicht ohne Hindernisse und auch die drei Albträume machen einem das Leben schwer. Die Rätsel sind nicht wirklich herausfordernd, auch wenn man das eine oder andere Mal etwas um die Ecke denken muss, wenn es darum geht, die verlorenen Erinnerungen einzusammeln, die über alle Inseln verteilt sind. Im Rahmen der Geschichte, auf der definitiv der Fokus des Spiels liegt, sind sie aber abwechselnd genug, um den Spielspaß in den durchnittlich sechs Stunden aufrechtzuerhalten.
Und auch ein bisschen kämpfen ist dabei, nicht umsonst trägt der Mut ein Schwert mit sich herum. Immer wieder sieht man sich den Albträumen oder von ihnen gerufenen Kreaturen gegenüber, die den Geist infiltrieren und einen davon abhalten sollen, seine Aufgabe zu erledigen.

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Die Gegner sind aber nicht schwierig zu besiegen. Jeder folgt bestimmten Angriffsmustern und sobald man diese durchschaut und sich zwischendurch an den Ausdauersynapsen erfrischt hat, die ganz klassisch die Lebensleiste auffüllen, braucht es meist nur noch etwas Geduld und Geschick zum Sieg.
Auf die Hilfe der Bewohner*innen kann man zudem nicht hoffen, denn alle haben sich in ihre Häuser zurückgezogen und warten darauf, dass die Albträume verschwinden. Nur der Mut befindet sich also auf dem Weg. Aber es lohnt sich definitiv, an jede (!) Tür zu klopfen und das nicht nur wegen der teilweise lustigen Dialoge (bspw. beim Haus der Stumpfsinnigkeit).

Figment führt Spieler*innen recht stringent durch die Welt, mit ein paar Abweichungen für versteckte Erinnerungen, die nicht immer auf den ersten Blick sichtbar erscheinen. Die charmanten Dialoge, die es leider nur auf Englisch aber dafür mit grandiosen Akzenten zu hören gibt, werden von gut übersetzten deutschen Untertiteln (+15 weiteren Sprachen) begleitet. Und auch die Musik spielt eine große Rolle in der Erfahrung und den Begegnungen des jungen Geistes, in dem man sich befindet – jede Insel und jeder Gegner hat eine eigene musikalische Untermalung.
Der Titel des dänischen Studios Bedtime Digital Games setzt zwar keine neuen Maßstäbe, erzählt aber dennoch in einer ganz eigenen Art eine leichte Geschichte zu einem schweren Thema.

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Figment ist auf PC (Steam, GOG, Epic für Windows, Mac und Linux) und gängigen Konsolen (Nintendo Switch, Playstation 4) sowie Google Stadia und dem Apple Store erhältlich.
Und bald geht die Reise weiter: Ab Ende des Jahres 2021 machen sich Dusty und Piper zuerst auf Steam und GOG in dem Nachfolgetitel Figment 2: Creed Valley wieder auf den Weg, sich neuen Gefahren in den Weg zu stellen.

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