Andersspiel: We. The Revolution

Die Frage nach Gerechtigkeit

Einmal zurück in der Geschichte reisen und die Geschehnisse beeinflussen können, wer möchte das nicht? Verhindern kann der Spieler in We. The Revolution die Französische Revolution und ihre blutigen Auswüchse zwar nicht, doch zumindest die Vorgänge in unterhaltsamer Weise beeinflussen und selbst ein wichtiges Rädchen im Frankreich des Jahres 1794 werden.

Die Ausgangslage dafür ist gut: Als Richter des Revolutionstribunals hat man eine einflussreiche Position inne und entscheidet nahezu täglich über Leben und Tod – von armen Kleinkriminellen bis hin zu hohen Tieren aus Politik und Gesellschaft. Doch natürlich bringt so eine Stelle in diesen aufrührerischen Zeiten auch allerhand, nennen wir es, zusätzlicher Verantwortung mit sich.

Denn nicht nur Anklageschriften wollen gelesen, Zeugen und Angeklagte gehört und Urteile gefällt werden, in den Wirren der Französischen Revolution will man es sich auch mit den richtigen Leuten nicht verscherzen.
Nachdem Alexix Fidèle auf dem Richterstuhl Platz genommen hat, wird schnell klar, dass es nicht nur um die alltägliche Richterarbeit geht. Schnell wird man darauf aufmerksam gemacht, wie gut es wäre, das ein oder andere Urteil in gewisser Weise zu sprechen, um sich Pluspunkte in den richtigen Fraktionen zu verschaffen: dem Volk, den Revolutionären oder der Aristokratie.
Um Gerechtigkeit geht es bald schon lange nicht mehr.

Moralische Entscheidungen lauern in dem Spiel an jeder Ecke, die nicht nur persönliche, sondern auch nationale Auswirkungen haben können. Allen Recht machen, und vor allem alles richtig machen, kann man es dabei nicht. Den Ränkespielen kann man dabei bedingt etwas entgegensetzen. Während man vorausschauend durch Urteilsfindung, bspw. durch die Auswahl bestimmte Fragen, diese im Sinne der Geschworenen fällen kann oder bei öffentlichen Hinrichtungen die Bevölkerung auf seine Seite holt, scheinen manche Konsequenzen fast zufällig zu sein.

Doch auch das ist in dem Setting des Spiels noch nachvollziehbar, wenn auch manchmal etwas undurchsichtig.
Während man sich durchweg zwischen verschiedensten Optionen entscheiden muss, sind Geschichte und Spielprinzip vorgegeben, bieten jedoch mit der Zeit immer wieder neue Aspekte. In Zwischensequenzen, die nicht vollanimiert sind, sondern die Vorkommnisse in Stil von Comicheften erzählt, erlebt der Spieler den Alltag auf den Straßen von Paris – die meiste Zeit verbringt man aber im Gerichtssaal.
Zum täglich Brot wird das Lesen von Anklageschriften, Befragungen und Urteilssprechungen, von denen jeder Schritt manuell bearbeitet werden muss.

Und als ob das Balancieren öffentlicher Meinung und Arbeit noch nicht schwierig genug ist, muss man sich nach einem schweren Arbeitstag auch noch um die Familie kümmern, in der sich wie überall zu dieser Zeit verschiedene Fronten gegenüberstehen. Das Händeln von Gerüchten und übler Nachrede durch Widersacher und Nachbarn überlässt man den eigenen Handlangern, bevor diese einem noch zum Verhängnis werden.
Und so beginnt der Aufstieg…

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Das Spiel des polnischen Entwicklerstudios Polyslash konzentriert sich auf das Erzählen der Moral von der Geschicht’, bietet aber durch die verschiedenen, sich bedingenden Entscheidungsebenen auch ein durchaus komplexes Strategieelement.
Das polygone Grafikdesign gibt We. The Revolution darüber hinaus noch einen ganz eigenen Stil, der aber nicht aufgesetzt wirkt, und mit der atmosphärischen Sounduntermalung, bspw. durch dumpfes Stimmengemurmel im Gerichtssaal oder die Schreie auf den Straßen Paris’, ein einheitliches Bild erschafft.
Obwohl stringent aufgebaut, gibt sich das Spiel Mühe, mit immer neuen Elementen den Spieler zu motivieren, bspw. wenn es aus dem Gerichtssaal raus und durch die Bezirke Paris’ geht, um Anhänger zu finden.

Leider gibt es We. The Revolution bis heute nicht in deutscher Sprachausgabe, unterstützt aber alle gängigen Betriebssysteme.

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