Gab es jemals einen so großen Hype um ein Videospiel? Und ist die Vorfreude berechtigt? Wie gut ist der Multiplayer zu Battlefield 1 wirklich? Fragen über Fragen. Und auf alle gibt es eine Antwort. Unsere Review zum Multiplayer-Modus des wohl meist gehypten Spiel des Jahres.

Achtung: Diese Review beschäftigt sich nur mit dem Multiplayermodus von Battlefield 1. Die Singleplayerkampagne wird von mir mit einer separaten Review bedacht. Doch warum der ganze Aufwand? Ganz einfach: Ich finde, dass bei einem Spiel wie Battlefield 1, Singleplayer- und Multiplayer-Erfahrung stark voneinander abweichen. Ich fände es ungerecht für diese zwei grundlegend unterschiedlichen Modi am Ende des Reviews eine einzige Wertung zu erteilen.

Meine Vorfreude, als DICE und EA am 06.05.2016 endlich die Katze aus dem Sack ließen und Setting wie auch Releasetermin des neusten Ablegers der Battlefield-Reihe bekannt gaben, war ziemlich gigantisch. Mit viel Begierde sog ich in den Folgemonaten jedes noch so kleine Häppchen Information zu meinem absoluten Must-Have 2016 (Allerdings erst seit dem traurigen Tag an dem BioWare die Verschiebung von “Mass Effect: Andromeda” auf das Jahr 2017 verkündete) auf und war umso begeisterter, als ich Battlefield 1 auf der gamescom erstmals persönlich anspielen konnte. Seit dem 13. Oktober hatte ich als Origin Access-Kunde Zugriff auf das dazugehörige Play-First-Trial und ab dem 21.10. um 00:00 Uhr konnte ich dann Hand an die finale Version, die uns von EA gestellt worden war, legen. Nun, einige Spielstunden später, bin ich bereit meine finale Meinung in dieser Review zu verfassen.

Zunächst eines vorweg: DICE hat mit Battlefield 1 einen deutlich besseren Job gemacht, als seinerzeit noch mit Battlefield 4. Eine adäquate Performance direkt ab dem Start, zumindest auf dem PC, keine überlasteten Server zum Release und auch Spielmechanik und Netcode zeigen keine auffälligen Probleme. Doch der Reihe nach.

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Beginnen möchte ich mit der Spielmechanik. Veteranen der Battlefield-Reihe, zu denen ich mich persönlich auch zähle, kommen schnell zurecht mit Battlefield 1. Denn das kann man kritisieren: Auch dieses Mal erfindet DICE das Rad des Modernen First-Person-Multiplayer-Shooter nicht neu. Das gesamte Spielgefühl erinnert an die Vorgänger Battlefield 4 und Battlefield Hardline. Das ist allerdings nichts schlechtes, da zumindest Erstgenannter nach zahlreichen Patches ein rundes Gesamtpaket ergibt und dies gilt somit natürlich auch für Battlefield 1.

Im Kern beim Multiplayer steht natürlich die Auseinandersetzung mit dem Kontrahenten mittels Schusswaffen. Hierfür stehen zum Release sechs verschiedene Modi zur Verfügung. Vier davon, nämlich Eroberung, Vorherrschaft, Team-Deathmatch und Rush, kennt man bereits aus den Vorgängern oder der Genre-Konkurrenz, was nicht heißen soll, dass DICE nicht einige kleinere Tweaks und Veränderungen vorgenommen hat. Diese wirken sich aber nicht gravierend auf den jeweiligen Modus aus, sondern eröffnen vor allen Dingen mehr Möglichkeiten zur taktischen Finesse.

Vollständig neu, zumindest in der Battlefield-Reihe, sind hingegen die Operationen. Bei dieser Mischung aus Rush und Conquest muss die eine Hälfte der Spieler auf Seiten der Alliierten, Gebiete von den Mittelmächten zurückerobern. Dafür steht allerdings nur eine begrenzte Anzahl von Tickets, also Respawnmöglichkeiten, zur Verfügung. Diese Tickets sind, je nach Art, der als Mini-Kampagne gestalteten Operation, in drei bzw. vier Wellen aufgeteilt. Besonders ist, dass sich das Schlachtfeld über mehrere Karten hinweg erstreckt, man muss also als Angreifer mehrere Karten erobern. Diese sind wiederum in einzelne Sektoren unterteilt, welche es nacheinander zu erobern gilt. Die Verteidiger müssen dies logischerweise verhindern und zwar so lange, bis den Angreifern das letzte Ticket der letzten Angriffswelle ausgegangen ist.

Dieser Modus ist mein persönlicher Liebling, da er meine bisherigen Favoriten Rush und Conquest sehr gelungen miteinander vereint. So treffen die weiten Karten des Conquest-Modus auf die Asymmetrie des Rush. Dazu kommt der Nervenkitzel, wenn man mit seiner letzten Angriffswelle und noch etwa 50 Tickets die letzten beiden gegnerischen Flaggen erobern muss.

Natürlich stehen auch dieses Mal eine Vielzahl an Waffen bereit, allerdings weniger als noch in den Vorgängern. Dies ist jedoch kein Problem, da so die individuellen Vor- und Nachteile jeder Waffe besser hervorstechen. Diese gingen in der Vielzahl der Waffen des Vorgängers Battlefield 4 schlicht und ergreifend unter. Dafür konnte dieser mit einer besseren Waffenanpassung punkten. Denn in Battlefield 1 gibt es von jeder Waffe zwei oder mehrere Presets, aus denen der Spieler wählen kann. Zum Beispiel eine Waffe mit Visier und eine ohne. Bei diesen einzelnen Presets sind allerdings nur noch marginale Anpassungen möglich. So kann man zum Beispiel die Stärke des Zooms oder die Art des Visiers wählen. Die Anpassungen des Laufs, abgesehen vom Aufstecken eines Bajonetts für den Nahkampf, entfallen leider ersatzlos.

Auch das Freischalten der Waffen funktioniert anders als in den Vorgängern Battlefield 3 und 4. Das System ähnelt dem aus Battlefield Hardline. Mit jedem Levelaufstieg erhält man eine gewisse Anzahl an Kriegsanleihen. Mit diesen kann man wiederum Waffen und Ausrüstungsgegenstände kaufen. Um diese kaufen zu können, benötigt man einen gewissen Klassenrang, welcher sich analog zu den gewonnen Erfahrungspunkten mit jeder Klasse entwickelt. Spiele ich also mit dem Sanitäter und punkte, so steigt mein Klassenrang für den Sanitäter sowie mein allgemeiner Rang.

Die Waffen können nun aber, wie bereits aus Valve’s “CounterStrike: Global Offensive” bekannt, mit aus Kisten gezogenen Skins optisch angepasst werden. Da diese aber, zumindest im Moment noch nicht, unter den Spielern gehandelt werden können, hält sich ihr Wert in Grenzen. Die Battlepacks aus denen diese Kosmetik gezogen werden kann, kennt man bereits aus Battlefield 4. Dort wurden sie via Klassenaufstieg freigeschaltet. In Battlefield 1 bekommen am Ende jeder Runde einige Spieler, welche seit Anfang der Runde mitspielen, zufällig ein Battlepack. Alternativ kann man diese auch gegen die virtuelle Währung “Schrott” kaufen. Diese Währung wiederum lässt sich auch mit Echtgeld erwerben.

Wie in den Vorgängern stehen auch in Battlefield 1 wieder vier Spielerklassen zur Auswahl. Diese sind allerdings anders aufgeteilt als noch in Battlefield 4, dem letzten “richtigen” Ableger der Reihe. So entfällt zum Beispiel der Pionier. Die vier Klassen sind der Sturmsoldat, der Sanitäter, der Versorger und der Späher. Jede der Klassen hat typischerweise andere Aufgaben und damit auch Zugriff auf unterschiedliche Waffen und Gadgets.

Zunächst zum Sturmsoldat: Er ist der Close-Quarter- und Sprengstoff-Experte. Dafür bringt er die Panzerbüchse (eine Art stationäre RPG), das Dynamit und die Anti-Fahrzeug-Granate mit in den Kampf. Er hat des weiteren Zugriff auf die Schnellfeuergewehre (den Vorläufer der Maschinenpistole) und auf die Schrotflinten.

Die Hauptaufgabe des Sanitäters ist das Heilen und Wiederbeleben von Kameraden. Logischerweise hat er dafür die Medipacks und die Wiederbelebungsspritze im Gepäck. Als Waffe vertraut der Sanitäter den halbautomatischen DMR’s für mittlere Distanzen. Neu ist: Der Sanitäter kann auch Fahrzeuge reparieren.

Battlefield 1 Screen03

Der Versorger ist wieder einmal sehr vielseitig. Neben der Munitionsversorgung und der Reparatur von Fahrzeugen, zählt auch das Bekämpfen von Infantristen zu seinen Aufgaben. Dafür bringt er neben Munitionskiste und Schraubenschlüssel auch den Mörser und eine Abwandlung der allseits beliebten Claymoremine mit. Waffentechnisch ist der “Versorgungssoldat”, wie er offiziell heißt, mit den leichten Maschinengewehren (kurz: LMGs) ausgerüstet.

Zu guter Letzt gibt es dann noch den Späher. Er erfüllt die Rolle des Scharfschützen und ist somit natürlich mit den langsam repetierenden Scharfschützengewehren ausgerüstet. Theoretisch soll der Späher, ganz seinem Namen nach, auch feindliche Infanterie aufdecken, im Battlefield-Jargon sagt man “spotten”. Seine dafür vorgesehene Gadgets sind allerdings deutlich weniger attraktiv zu spielen, da sie deutlich weniger Punkte bringen als Kills durch das Gewehr. Somit spielt auch kaum jemand den Späher als tatsächlichen Aufklärer. Viele Spieler spielen ihn ganz einfach als Sniper und tragen so nicht viel zur Teamleistung, gerade im Rush-Modus, bei. Dies liegt aber weniger an den Spielern, sondern eher an DICE, da viele Gadgets des Spähers rein egoistischer Natur sind. Beispielhaft sei hier einmal das stationäre Schutzschild genannt.

Zusätzlich zur normalen Infanterie gibt es noch so genannte “Eliteklassen”. Diese sind besonders starke, aber nur auf der Karte findbare Einzelkämpfer. Von diesen Kämpfern gibt es zum Release den Flammenschützen samt Flammenwerfer, den Wachsoldaten samt Minigun und den Panzerjäger mit dem starken Anti-Panzer-Gewehr.

Battlefield 1 Flametrooper

Aber Battlefield wäre ja nicht Battlefield wenn es nicht auch noch zahlreiche Land-, Luft- und Seefahrzeuge gäbe. So gibt es unter anderem zwei Typen von Flugzeugen, nämlich den Bomber und den Jäger. Mehrere Variationen von Kampfschiffen und natürlich verschieden große Landfahrzeuge. Vom Motorad mit MG-Beiwagen, über den kleinen agilen Panzer bis zum gigantischen Landkreuzer mit sechs MG’s plus einer Panzerkanone.

Die Auswahl der Fahrzeuge erfolgt, anders als bei den Vorgängern, direkt aus dem Spawnbildschirm. Fahrzeuge spawnen also nicht mehr auf gut Glück, sondern werden nur auf Anforderung ins Spiel gebracht. Dafür kann man als Spieler nun die Art des Fahrzeuges wählen, welches eine weitere taktische Komponente hinzufügt. Auch spawnt man in einem Fahrzeug als spezielle Fahrzeugführer-Klasse, welche mit Schraubenschlüssel und Karabiner ausgerüstet ist.

Doch das ist noch nicht alles. Das zur Mitte der Runde zurückliegende Team erhält zusätzlich einen sogenannten Behemoth. Dies ist je nach Karte eine Zeppelin, ein Panzerzug oder ein Dreadnought-Schlachtschiff. Diese Fahrzeuge sind extrem stark und sollen dem unterlegenden Team eine Chance geben, das Match noch zu drehen.

Battlefield 1 Behemoth Airship

Wie man sieht, gibt es wieder extrem viele Arten, Battlefield 1 zu spielen. Dies ist für Einsteiger und gerade für komplette Neulinge in der Battlefield-Reihe zu Anfang sehr verwirrend. Zumal es von den verschiedenen Fahrzeugen noch einmal verschiedene Versionen gibt und diese auch noch individuell angepasst werden können. Wer allerdings etwas Zeit in Battlefield 1 verbringt oder bereits einen der Vorgänger gespielt hat, weiß diese Auswahl direkt zu schätzen. Denn sie erlaubt eine starke Anpassung des eigenen Spielerlebnisses. Wenn ich also partout keinen Späher spielen kann oder möchte, so wird mich Battlefield 1 trotzdem für zig Stunden unterhalten. Da bei dieser großen Auswahl an Spielstilen wirklich für jeden etwas dabei sein sollte. Wir halten also fest: Battlefield 1 bietet spielerisch verdammt viel.

Auch die Maps sind wieder von hervorragender Qualität. Sie sind abwechslungsreich und spielen mal in den französischen Argonnen, in der Sinai-Wüste oder in den italienischen Alpen. Wer lieber in Städten kämpfen möchte, kommt auch auf seine Kosten. So steht auch die Innenstadt des französischen Amiens als Schlachtfeld zur Verfügung.

Auch die Umgebungszerstörung setzt neue Maßstäbe. So lässt sich jedes Gebäude bis auf einige “ikonische Ruinen”, welche die Spielbarkeit der Karte garantieren sollen, zerlegen. Dies kann wahlweise durch Beschuss, Dynamit oder das brachiale Durchfahren geschehen. Apropos Beschuss: Erfolgt dieser aus großkalibrigen Waffen, wie Panzergeschützen oder Artillerie, so hinterlässt er eindrucksvolle Krater in der Landschaft, welche der Infanterie als Deckung dienen können. So kann man als Spieler mehr als je zuvor in der Battlefield-Geschichte, ja, sogar mehr als im in dieser Hinsicht bis dato besten Ableger “Bad Company”, der Karte einen eigenen Stempel aufdrücken. Außerdem ergibt sich durch die mögliche Zerstörung eine Vielzahl an taktischen Möglichkeiten, sodass auch Battlefield-Veteranen das ein oder andere Mal staunen werden, wenn aus dem Loch in der eben zerstörten Wand eine gegnerische Waffe lugt.

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Was man Battlefield 1 eventuell ankreiden könnte, ist die Tatsache, dass es zwar ein sehr gutes Spiel ist, aber kaum neue Ideen in die Serie einbringt. Denn der Vorgänger Battlefield 4 war,nach zugegebenermaßen etlichen Patches, ein sehr gutes Spiel und Battlefield 1 ist noch etwas besser, weil es sich runder und mehr wie aus einem Guss anfühlt. Trotzdem bringt es wenig neues, was zwar nicht auffällt, aber DICE sollte in Zukunft mehr Innovationen einführen, um nicht wie Call of Duty zu enden.

Nun aber zur Präsentation. Dort gibt sich Battlefield 1, wie bereits zu erwarten, keine Blöße. Die Grafik ist schlicht und ergreifend wahnsinnig hübsch und das selbst auf meiner, etwas in die Jahre gekommenen, GTX 760. Die Fernsicht ist gut, die Modelle detailreich und die Kantenglättung ist FXAA in Kombination mit MSAA, sei Dank, gar kein Problem. Ein besonderes Schmankerl sind aber die dynamischen Wettereffekte, eine der Neuerungen von Battlefield 1. Egal ob Sturm, Regen oder Nebel – alles wirkt ziemlich realistisch und beeinflusst tatsächlich das Kampfgeschehen. Denn bei Nebel mit Sichtweiten unter 50 Metern, soll man ja das Scharfschützengewehr im Schrank stehen lassen und dafür die Nebelschlussleuchte einpacken.

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Das Audio spielt, DICE-typisch, wieder einmal in einer Liga für sich. Egal ob leises Vogelgezwitscher, rasselnde Panzerketten oder krachende Artillerie, der Sound ist einfach der pure Wahnsinn. Vor allem wenn man in den Optionen den Modus “Kriegsbänder” aktiviert. Ein Kunststück gelingt DICE vor allem in Sachen Gegnerortung, denn trotz Stereoheadset und Ingame-Umgebungsgeräuschen kann ein aufmerksamer Spieler Schrittgeräusche und Schreie seiner Gegner erlauschen und für das eigene Spiel nutzen.

Diese mehr als gelungene Präsentation schaffen eine Atmosphäre, welche ihresgleichen sucht. Zumindest im Feld der Multiplayer-Shooter, denn klar, ein “The Last of Us” oder ein “Life is Strange” bietet, durch seinen Fokus auf eine packende Geschichte, eine noch intensivere Erfahrung. Trotzdem stellt Battlefield 1 alle von mir bisher gespielten Mutliplayer-Titel atmosphärisch in den Schatten.

Battlefield 1 ist seit dem 21. Oktober 2016 für PC, PlayStation 4 sowie Xbox One erhältlich.

Wertungskasten
Präsentation
10
Spieldesign
9
Atmosphäre/Story
10
Balance
9
Umfang
9
Jan Niklas Janssen
Videoredakteur
test-battlefield-1-multiplayerIch bin schlichtweg begeistert von Battlefield 1. Die Atmosphäre ist dicht, die Grafik extrem hübsch und der Sound haut einen vom Hocker. Dazu kommt, dass der Spielspaß nicht zu kurz kommt. DICE ist es gelungen eine gute Balance zwischen Spielspaß und Atmosphäre herzustellen. Ich kann daher jedem, der einen der Vorgänger, sprich Battlefield 3, 4 oder Hardline, mochte, Battlefield 1 uneingeschränkt empfehlen. Gleichzeitig bietet Battlefield 1 die beste Chancen, neu in die Reihe einzusteigen. Wer also von Call of Duty Infinite Warfare enttäuscht ist, der kann problemlos zu Battlefield wechseln. Um noch zu meiner ganz persönlichen Meinung zu kommen: Für mich ist Battlefield 1 mein Multiplayer-Titel des Jahres, bei guter Pflege vielleicht sogar der nächsten 3 Jahre.