Technisch innovative VR-Brillen wie z. B. “Oculus Rift” oder “Project Morpheus” sind derzeit schwer angesagt und finden zunehmend immer mehr begeisterte, doch ist ein VR-Gefühl auch mit weniger Technik zu erreichen? Ich habe die kostengünstige “Durovis Dive” Smartphone-Halterung getestet und schildere euch meinen Eindruck.

Auf der diesjährigen gamescom war der Andrang auf die VR-Systeme von Oculus VR sowie Sony sehr hoch und auch nach 5 Tagen, konnten noch immer nicht alle begeisterten selbst Hand an diese beiden Brillen anlegen. Diese Tatsache bestätigt das immer stärker ansteigende Interesse dieser Technologie, die zukünftig auf jeden Fall frischen Wind in die Wahrnehmung sowie Steuerung von Computerspielen einbringen wird. Die beiden genannten Brillen stecken voller Technik, die ihren Preis haben werden – bei der Oculus Rift ca. 300,- Euro und bei Project Morpheus derzeit um die 1000 US-Dollar. Bei diesen Summen würde man sich freuen, wenn es Alternativen geben würde und die gibt es, sogar aus Deutschland! Die Firma Shoogee aus Münster verfolgt mit ihrem Produkt Durovis Dive einen etwas anderen Weg und verwandelt nahezu jedes Android- und iOS-Smartphone in eine 3D-Brille – und das bereits für unter 70,- Euro.

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Smartphone-Halterung im Detail

Die “Dive” ist eine Smartphone-Halterung, die als virtuelle Brille getragen wird und dem Benutzer das wahrnehmen von stereoskopischen 3D-Inhalten ermöglicht. Das Gehäuse besteht aus sehr leichtem sowie biegsamem Nylon Plastik, das durch den Einsatz eines dehnbaren Gummibands am Kopf gehalten wird. Dabei wird auch, wie zu erwarten, die gesamte Gesichtspartie inkl. der Stirn durch eine Polsterung geschützt. Im Inneren befinden sich zwei spezielle Linsen, die beidseits nach außen gewölbt (bikonvex) sind und für das eigentliche Raumgefühl sorgen. Auf der Vorderseite befindet sich eine gepolsterte sowie gummierte Klappvorrichtung, in der Smartphones bis zu einer Größe von 5 Zoll eingespannt werden können.

Lieferumfang
  • Durovis Dive
  • Zwei Dive Bags (weiß und schwarz)
  • Bedienungsanleitung
  • Dive Besitzkarte

 

Einfach zum virtuellen Raumgefühl

Um mit der Dive in die 3D-Welt einzutauchen, sollte das Display des Smartphones im Idealfall zuvor gereinigt werden. Das wird zwar seitens des Herstellers nicht vorgegeben, könnte jedoch die Wahrnehmung trüben und zu einem unscharfen Bild führen. Auch die Linsen können mit den mitgelieferten Dive Bags gesäubert werden. Als Smartphone kann in der Regel jedes Android- sowie iOS-Device (ab iPhone 4) genutzt werden, welches über ein Gyroscope sowie Accelerometer (Beschleunigungssensor) verfügt und dessen Display, wie zuvor erwähnt, nicht größer als 5 Zoll ist. Eine Liste aller kompatiblen Smartphones ist auf der Durovis Dive Website zu finden. Natürlich sind gerade bei Android nicht alle Geräte aufgelistet, aber der Hersteller versicherte mir, das man sich stetig die Kommentare sowie das Feedback zur den eigenen Anwendungen ansieht. Sollten mit speziellen Geräten Probleme auftreten, schaut sich die Entwicklungsabteilung die besagten Smartphones an, denn eine funktionierende Software ist für den digitalen Tauchgang unausweichlich. Da Shoogee den Entwicklern das entsprechende SDK sehr früh zur Verfügung gestellt hat, gibt es bereits einige Spiele sowie Tech-Demos von freien Entwicklern in den Stores. Um den besten Überblick aller Durovis-Anwendungen zu behalten, empfehle ich als erste Anwendung den aus eigenem Hause stammenden Dive Launcher. Mittels Launcher werden einem alle Spiele sowie Anwendungen angezeigt, die mit der Dive kompatibel sind und im jeweiligen Store heruntergeladen werden können. Die verfügbaren Apps werden als Icons dargestellt, die weiß oder grau erscheinen. Ein graues Icon deutet darauf hin, dass die jeweilige Anwendung nicht auf dem Smartphone installiert ist, während weiß das genaue Gegenteil symbolisiert.

Durovis Dive

Hat man den Dive Launcher nun gestartet, kann man das Smartphone innerhalb der Klappvorrichtung mittig ausrichten und die Brille nach Verriegelung der Klappe sowie der Einstellung des Gummibands aufsetzen. Mit ziemlich hoher Sicherheit dürfte das wahrgenommene Bild nicht zufriedenstellen sein, da die Dive zunächst auf die eigenen Bedürfnisse angepasst werden muss. Mittels den beiden leicht zu erreichenden Schiebereglern, die an den Seiten der Brille zu finden sind, kann der Augenabstand sowie die Entfernung justiert werden. Personen, die keine Sehhilfe benötigen, können die Linsen in der Regel sehr nah vor dem Auge positionieren, während Brillen- oder Kontaktlinsenträger unter Umständen einen größeren Abstand benötigen. Hat man nun nach einigen Minuten die optimale Einstellung gefunden, ist einem bestimmt der stets präsente Punkt in der Mitte des Sichtfeldes aufgefallen. Dieser weiße Punkt bildet den Fokus und dient, neben der Orientierung, speziell als Selektor. Bleibt man nämlich mit dem Fokus einige Sekunden auf einem ausgewählten Icon oder Programmpunkt, füllt sich eine Statusleiste und die jeweilige App oder das Menü wird ausgewählt, sobald die Leiste vollständig gefüllt ist. Sollte eine App noch nicht installiert sein, fungiert das Icon als Hardlink, der die jeweilige App direkt im Store öffnet und genau hier kann man sich beim ersten Mal darüber ärgern. Hat man nämlich seine Brille nach Minuten eingestellt, kommt man nicht so leicht an das Display des eingesetzten Smartphones. Sollte eine Anwendung noch nicht installiert sein und man gelangt zur Downloadseite des Stores, kann man den Download nur mittels Touchscreen bestätigen und muss die Brille dazu wieder absetzen. Da man im Dive Launcher keine Möglichkeit hat, die Ansicht für eine Nutzung ohne Brille umzustellen, muss man sich etwas zurechtfummeln, um die Anwendungen vor dem Betrieb mit einer Brille herunterzuladen.

Virtual-Reality in Harmonie?

Ein derartiges Produkt, wie die Durovis Dive, lebt von speziell angepassten Anwendungen. Seit dem Release, haben es bis jetzt rund 35 Apps aus unterschiedlichen Bereichen in den Store geschafft. Zur Auswahl stehen Tech-Demos, wie z. B. dem Dive City Coaster, wo man als Passagier in einer Achterbahn mitfährt bis hin zu kompletten Spielen, wie Quake II oder VR MoonWalk. Bei letzterem gilt es, als Astronaut auf dem Mond verlorene Werkzeuge zu finden und zurück zur Raumkapsel zu bringen. Wenn man sich allerdings dafür entscheidet, Games in Kombination mit der Dive zu spielen, muss man noch einmal Geld in einen Bluetooth-Controller investieren, da an eine Steuerung mittels Touchscreen logischerweise nicht zu denken ist. Nachdem ich nun so viel über Spiele und Apps geredet habe, fragt sich der ein oder andere vielleicht, was denn nun mit Videos ist. Natürlich lassen sich auch diese mit der Dive wiedergeben und durch die Blickwinkelveränderung teilweise sogar anders erleben. Aber, wie ist Shoogee’s Brille denn nun eigentlich?

Durovis Dive

Nimmt man die Dive zum ersten Mal in die Hand, fällt zu aller erst das sehr geringe Gewicht von rund 250 gramm sowie die größtenteils gute Verarbeitung positiv auf. Das robuste Gummiband ist großzügig lang dimensioniert und das Gehäuse recht biegsam aber Form stabil. Zum Schutz des wertvollen Smartphones wurden an der Klappvorrichtung, wie zuvor erwähnt, Polsterungen sowie Gummierungen angebracht. Die Klappe, die ebenfalls leicht deformierbar ist, wird mittels sanften Druck in einer Plastikvorrichtung eingerastet und verriegelt. Genau, diese Verriegelung erfüllt zwar ihren Zweck, ist jedoch in meinen Augen Verbesserungswürdig – speziell, wenn man ein etwas dickeres Smartphone samt Hardcase einspannen möchte. Bei meinem Muster (DIVE-V1) hält die Verriegelung der Dicke zwar Stand, jedoch steht die Klappvorrichtung leicht unter Spannung. Die Entriegelung der Klappe ist in dem Fall mit viel weniger Kraftaufwand verbunden und wer weiß, wie sich das System im Laufe der Nutzungszeit verhält. Nachdem man das Gummiband auf seinen Kopfumfang eingestellt hat und die Dive zum ersten Mal aufsetzt, muss man als letzten Schritt die Linsen einstellen, bis die gewünschte Sehschärfe erreicht ist. Da sich die Augen erst an die Veränderung gewöhnen müssen, ist unter Umständen eine stetige Korrigierung der Sehschärfe notwendig. Die Fassungen der Linsen, die an die Schieberegler gekoppelt sind, könnten in meinen Augen etwas härter sein, da sich diese leicht biegen lassen, was die korrekte Ausrichtung der Linsen etwas erschwert. In meinem Test kam ein HTC One (M7) zum Einsatz, dessen Display mit 1920x1080px bei 4,7 Zoll auflöst. Als Anwendung für einen längeren Testzeitraum, griff ich auf die Tech-Demo Dive City Coaster zurück.

Nach einem Dauertest von rund 30 Minuten (natürlich habe ich auch davor viel mit der Dive herumgespielt) bin ich persönlich doch überrascht und hätte nicht erwartet, das spezielle Linsen in Kombination mit einer gespiegelten Bildschirmausgabe und dem Zusammenspiel von integrierten Sensoren eines Smartphones in der Lage sind, ein 3D-Gefühl aufzubauen. Sobald sich meine Augen an die Ansicht gewöhnt hatten, stellte sich bei mir während der Achterbahnfahrt wirklich ein Gänsehautgefühl ein und das Adrenalin schoss mir zeitweise durch den Blutkreislauf. Die Dive empfand ich zu keiner Zeit als störend und der Tragekomfort geht in meinen Augen völlig in Ordnung. Ich kann mir vorstellen, das Spiele mit der Brille ebenfalls viel Spaß machen können und werde mir dazu einen Bluetooth-Controller bestellen. Während meines ersten Hands On auf der gamescom, konnte ich bereits kurz Quake II mit einem Controller anspielen und das Spielgefühl ist völlig anders und sehr Gewöhnungsbedürftig – aber nicht im negativen Sinne. Natürlich ist die Durovis Dive nicht mit einer Oculus Rift oder Project Morpheus zu vergleichen, aber Shoogee ist mit ihrer Version einer VR-Brille eine Überraschung gelungen, die dazu noch sehr erschwinglich ist. Made in Germany eben!

Wertungskasten
Ausstattung
7
Tragekomfort
9
Verarbeitung
7
test-durovis-diveWo andere Hersteller noch mit Pappe arbeiten, ist man bei Shoogee längst viel weiter. Mit der Durovis Dive ist den Münsteranern eine Überraschung gelungen und man merkt dem Produkt förmlich an, das die Entwickler sich viele Gedanken gemacht haben. In Kombination mit einem Smartphone und der jeweiligen App, erreicht man ein nettes 3D-Gefühl, welches man mit einer gut verarbeiteten Brille erleben kann. Verfügt man über einen zusätzlichen Bluetooth-Controller, genießt man Spiele auf dem Smartphone in einer völlig anderen Weise - und dies zu einem günstigen Preis! Es gibt bei der Dive nur wenig Grund zur Kritik und ich denke, das Shoogee in Zukunft noch weitere Revisionen der Dive in den Handel bringen wird. Die Version 1 war schon Mal ein guter Start!

2 Kommentare

  1. Die Dive hat schon ihre Berechtigung, denn mal eben ein Smartphone angeklemmt und die Linsen eingestellt, kann man im Prinzip verschiedene Inhalte konsumieren – da Zweifle ich auch gar nicht dran. 🙂 Von einer Oculus Rift ist das Konstrukt aber weit entfernt, denn zum einen variiert das Bild sehr stark je nach Verwendung des Smartphones. Sprich, das Endergebnis einer Dive ist immer an das Smartphone gebunden. 😉

    Direkte Vergleiche zwischen einer Oculus, einer Morpheus und eben Dive zu ziehen, ist aufgrund deren Einsatzgebiete, Preise und Techniken nicht korrekt und auch völlig unfair. Erwähnt wurden die Brillen nur, da diese alle das VR-Thema behandeln.

  2. Ich finde schon das die Dive mit einer Oculus Rift mithalten kann, denn schlussendlich spielt die Auflösung eine wesentliche Rolle, da gibt es im Smartphone markt Jahr um Jahr Durchbrüche… zur Orientierung im spiel sind die gyrometer in Smartphones aber leider noch zu unpräzise. Da muss man mit einem IR Headtracker nachhelfen.

    Wenn man per Splashtop den XBMC PC zum Android streamt kann man schon erstklassige 3D filme geniessen oder per TrynusGyre eine runde Counterstrike auf dem Smartphone zocken.

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