Wer in den Bereichen rund um die Musikproduktion unterwegs ist, wird mit Sicherheit schon Mal von M-Audio gehört haben oder sogar mindestes ein Produkt der Firma besitzen. Mit dem „Uber Mic“ hat das Unternehmen jedoch ein USB Mikrofon im Portfolio, welches perfekt in den Gaming-Bereich passt und einem wahren Traum für Gamer, Streamer und Podcaster gleichen könnte. Ob mich das Gerät überzeugt hat, verrät dieser Test.
In den späten 90ern wurde das Unternehmen Music Soft von Tim Ryan gegründet, der im Übrigen auch bei der Entwicklung des Advanced Digital Synthesizers sowie der MIDI-Software für die damaligen Commodore– und Apple-Computer mitgewirkt hatte. Aufgrund der Besitzrechte an dem Namen Music Soft seitens der Yamaha Corporation, wurde das Unternehmen in Midiman umbenannt und Ryan konzentrierte sich fortan auf die Entwicklung von Audio-Hardware zur Musikproduktion, um MIDI im Einsatz mit dem Computer weiter voran zu treiben. Im Jahr 2000 erschienen die erste Generation der berühmten Delta PCI-Soundkarte für den PC und gleichzeitig wurde auch der heute bekannte Name M-Audio als neuer Markenname etabliert. Mit der Zeit wurde das Portfolio von M-Audio stetig erweitert und so kam neben immer besseren MIDI-Keyboards auch Produkte wie Studio-Monitore, Kopfhörer, Audio-Interfaces und Mikrofone hinzu. Der Fokus liegt zwar nach wie vor im Bereich der Musikproduktion, allerdings wurde mit dem Uber Mic nun ein höchst interessantes USB Mikrofon veröffentlicht, welches sich perfekt im Gaming-Bereich durchsetzen könnte und im Vergleich mit der direkten Konkurrenz auch preislich deutlich attraktiver erscheint.
Bei dem Uber Mic handelt es sich im Detail um ein Großmembran Kondensatormikrofon mit drei 16 mm Kapseln (Kondensatorkapseln), das durch den weiten Frequenzgang von 30 Hz – 20kHz einen sehr natürlichen sowie genauen Klang verspricht und per USB mit dem Rechner verbunden wird. Ein passendes USB-Kabel (Mini-USB zu USB Typ-A) mit einer Länge von 3 Metern ist hierzu bereits im Lieferumfang enthalten. Aufgrund der Bauart und des Looks könnte man vermuten, dass das Uber Mic als reines Tischmikrofon zur Aufnahme von Podcasts oder Live-Streams konzipiert wurde und somit komplett dem Gaming-Bereich zugesprochen werden kann, aber das ist nicht ganz richtig. Zugegeben, für die Aufnahme von Instrumenten und Gesang würde man mit Sicherheit zu einem anderen Mikrofon greifen, welches aufgrund der Bauart den wahren und einzigen Einsatzzweck vermittelt, aber dieses wäre dann z. B. für Podcasts weniger geeignet, falls die Stimmen von mehreren Positionen kommen. Hier entpuppt sich das Uber Mic als wahrer „Hybrid“ zwischen diesen beiden Welten! Zum einen ist der gesamte Tischständer entfernbar, so dass das Mikrofon an anderen Aufbauten wie z. B. Auslegerständer montiert werden kann. Mögliche Probleme mit der USB-Verkabelung, die aufgrund der engen Montage auftreten können, werden durch eine mitgelieferte Ständererweiterung gelöst. Zum anderen verfügt das Uber Mic über insgesamt vier Richtcharakteristiken, die bequem mittels Wählschalter eingestellt werden können.
Die grundsätzlich beste Auswahl für Podcasts, Voiceovers sowie der Aufnahme von Gesang und Instrumenten wäre „Nierenförmig“, da der Klang hier ausschließlich nur von vorne aufgenommen wird. Etwaige Signale von den Seiten oder von hinten werden komplett ausgeblendet. Das folgende Hörbeispiel (Auszug aus „RESPAWN #002 – Hype und Hysterie: Wenn Erwartungen zu hoch sind„) wurde mit dieser Einstellung aufgezeichnet und die aufgenommene sowie unbearbeitete Tonspur des Uber Mic beginnt ab 00:08 Min.
Möchte man das Uber Mic z. B. in der Mitte postieren und für Interviews mit Gesprächspartnern nutzen, die einem Gegenüber sitzen, bietet sich die Auswahl „Dipole“ an, da der Klang bei dieser Auswahl von vorne und hinten aufgenommen wird. Die Seiten werden hier ebenfalls nicht aufgezeichnet. Will man das Ambiente eines Raums bzw. Außenbereichs festhalten oder eine Großraumkonferenz abhalten, bietet sich die Auswahl „Omni“ an, da hier der Klang von allen Seiten gleichzeitig erfasst wird. Die letzte Auswahlmöglichkeit „Stereo“ führt logischerweise dazu, dass nur die Signale beider Seiten aufgezeichnet werden. Dies könnte bei guter Positionierung ideal für die Aufnahme eines Chors oder Orchesters sein.
Was bereits zu diesem Zeitpunkt überaus positiv auffällt, ist die einfache Handhabung und die wirklich zentrale Steuerung am Gerät selbst. Die Regel sieht eigentlich meist vor, dass man vor der Inbetriebnahme einer neuen Hardware zunächst den Treiber gefolgt von einem umfangreichen Software-Paket installieren muss, welches zukünftig für die gesamte Verwaltung des Geräts zuständig ist. Mit ganz viel Glück findet man höchstens einen Mute-Button sowie einen Lautstärkeregler am Gerät selbst und der Rest läuft über die Software. Beim Uber Mic spielt die Software jedoch eine absolut untergeordnete Rolle, denn sofern man die Speichergröße des Puffers oder die Abtastrate nicht verändern möchte, benötigt man für den eigentlichen Betrieb gar keine Software. Letzteres kann auch über die regulären Sound-Eigenschaften unter Windows eingestellt werden.
Auf der Rückseite des Mikrofons fällt als erstes der blau beleuchtete Schriftzug mit der Aufschrift „M-AUDIO UBER MIC“ ins Auge, der neben der netten Optik gleichzeitig die Einsatzbereitschaft signalisiert. Direkt darunter findet man den zuvor erwähnten Drehregler zur Auswahl der Richtcharakteristik sowie einen weiteren Regler zur Einstellung der Mikrofonverstärkung (Gain) für das Ausgangssignal. Diese Einstellungen nimmt man in der Regel nur wenige Male vor weshalb M-Audio genau die Funktionen, die öfter benötigt werden, auf die Vorderseite verfrachtet hat. In meinen Augen eine sinnvolle Entscheidung, zumal man die beiden Regler auch „blind“ nachjustieren kann. 😉 Die Vorderseite begrüßt den Nutzer mit einem kleinen Display, welches neben der aktuellen Lautstärke des Kopfhörers auch die gewählte Richtcharakteristik in Form eines Symbols anzeigt. Das nächste beleuchtete Element, welches die Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist der blau beleuchtete Mute Button, der das Mikrofon wahlweise an- oder ausschaltet. Während ein durchgehendes blaues Licht die Sendebereitschaft signalisiert, zeigt ein blinkendes blaues Licht die Stummschaltung an. Sofern man den Kopfhörer oder das Headset über die 3,5 mm Klinkenbuchse des Uber Mics betreibt und die Audio-Ausgabe durchschleift, kann man mit beiden verbleibenden Drehreglern die Lautstärke des Kopfhörers regeln und die Wichtung zwischen der eigenen Stimme und dem Output des Computers festlegen. Mir hilft es z. B. meine eigene Stimme zu hören, damit ich ein Gefühl dafür habe, wie diese bei anderen Gesprächspartnern ankommt und ob ich aufgrund der fehlenden Wahrnehmung dazu neige vielleicht zu laut zu werden.
Dem ein oder anderen mag vielleicht eine gewisse Ähnlichkeit zu dem nicht mehr erhältlichen Razer Seiren Pro aufgefallen sein, denn das Uber Mic verfügt nicht nur über die gleichen vier Richtcharakteristiken wie das Seiren Pro, sondern auch das kleine Display wirkt von der Optik und vom Aufbau her verdächtig ähnlich. Da Razers Mikrofon bereits 2015 auf den Markt kam dürfte klar sein, dass M-Audio sich in diesem Fall die Inspiration von Razer geholt hat, was allerdings auch nicht verwerflich ist. Zum einen ist das Seiren Pro nicht mehr erhältlich und zum anderen bekommt man für mit dem Uber Mic für aktuell 120,- Euro faktisch mindestens die gleiche Leistung, wofür man bei Razer seiner Zeit rund 299,- Euro auf den Tisch legen musste. Einzig das Razer Seiren X kämpft mit rund 109,- Euro in der gleichen Preisliga, allerdings eignet sich dieses aufgrund der fest eingestellten Nieren-Richtcharakteristik ausschließlich für Stimmaufnahmen.
An der Verarbeitung des Uber Mics gibt es im Grunde auch nichts auszusetzen, denn das gesamte Mikrofon samt den Drehreglern wirkt sehr hochwertig. Weiterhin garantiert der rund 1 kg schwere Sockel des Tischständers optimalen halt, so dass man die gesamten 1,7 kg nicht mal eben versehentlich wegbewegt. Wirklich verbesserungswürdig ist allerdings die Stabilität des Frontdisplays, denn selbst wenn man den Staub in dieser kleinen Nische behutsam mit einem Wattestäbchen entfernen möchte, bewegt man die Verglasung des Displays hin und her. Es bedarf hier mit Sicherheit keiner großen Ingenieurskunst, um so etwas bereits bei der Konstruktion zu unterbinden. Auch hätte man dem Lieferumfang ein USB-Kabel mit abgewinkeltem Stecker beilegen können, damit man beim auf und abrichten des Mikrofons nicht ständig mit dem Kabel an den Mikrofonständer kommt und Gefahr läuft, die USB-Buchse auf langer Sicht zu beschädigen.
Ein guter Klang ist bei einem Mikrofon natürlich der wichtigste Aspekt und hier erlaubt sich M-Audio gewohnt keinen Patzer. Der Klang der Stimme wirkt klar und überaus detailliert, so dass auch kleinste Nuancen wie z. B. ein leichtes schnalzen oder das Geräusch beim öffnen des Mundes bedingt durch den Speichel, hörbar sind. Das Uber Mic ist hierbei gnadenlos empfindlich, da es z. B. bei der nierenförmigen Charakteristik wirklich sämtliche Signalquellen von vorne erfasst. Das schließt auch etwaige Geräusche wie Gehäuselüfter ein, die von einem PC am Boden ausgehen, obwohl das Mikrofon rund 60 cm weiter oben steht. Dies soll jedoch nicht als negativer Kritikpunkt gewertet werden, sondern vielmehr als eine Information die Umgebung dem Einsatz entsprechend anzupassen. Möchte man keine Störgeräusche im Audio-Stream wahrnehmen, dürfen am vorderen Bereich eben keine ankommen.
Gemeinsam mit dem Uber Mic hat man nach der Produktregistrierung bei M-Audio kostenlosen Zugriff auf die Pro Tools Software-Suite sowie einem gebündelten Paket Audio-Loops. Diese Software ist jedoch nicht Bestandteil dieses Tests, da für mich ganz klar der Gamer im Vordergrund steht und für Podcasts, Voiceovers und Video-Streams keine Erfahrung mit professionellen Audio-Tools notwendig ist. Musik-Produzenten könnten es jedoch wichtig empfinden, dass ihnen eine kostenlose Studio-Software zur Verfügung steht. 😉