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Test: Pokémon Mystery Dungeon: Retterteam DX

Auf großer Rettungsmission

Pokémon Mystery Dungeon Retterteam DX – unter diesem ungelenken Namen verbirgt sich das Comeback eines der wohl erfolgreichsten Pokemon Spin-offs für Nintendos Handheld-Konsolen. Mit Pokémon Mystery Dungeon Team Rot und Team Blau veröffentlichte Nintendo im Jahr 2005 zwei erfolgreiche Ableger der populären Pokemon-Formel für den Gameboy Advance sowie Nintendo DS. Rund 15 Jahre nach dessen Erstveröffentlichung und gute acht Sequels später darf die Switch sich nun über eine generalüberholte Version des Klassikers freuen. Wir haben uns die Neuauflage für Nintendos Hybridkonsole zur Brust genommen und verraten euch, ob sich das Upgrade tatsächlich lohnt.

Ein Herz für Pokémon

Anders als in Gamefreaks überaus erfolgreicher Hauptreihe werdet ihr in Pokémon Mystery Dungeon nicht in den Genuss von Trainerkämpfen kommen, geschweige denn überhaupt in die Rolle eines Menschen schlüpfen. Vielmehr stehen die putzigen Taschenmonster selbst im Mittelpunkt der Geschichte, reale Menschen oder die Jagd nach den begehrten Arenaorden finden hier nur indirekt Platz. Bevor ihr jedoch ins Abenteuer startet, hält Retterteam DX einen kleinen Persönlichkeitstest für euch bereit, an dessen Ende ihr eines von 16 möglichen Starterpokemon zugewiesen bekommt – darunter All-Time Favorites wie Pickachu, Glumanda, Tragosso oder Neuzugänge wie Eneco. Das Quiz wirkt aufgrund seiner oberflächlichen und überschaubaren Fragen allerdings eher wie ein Abklatsch der beliebten Bravo-Rubrik – nur gut also, dass ihr euer Ergebnis schlussendlich sowieso widerrufen könnt. Habt ihr euch dann für eines der Taschenmonster sowie ein entsprechendes Partner-Pokemon entschieden, wirft euch das Spiel auch schon völlig unverhohlen mitten in die Kampagne: Von unserem Partner erfahren wir just, dass wir offenbar von einem Menschen in ein Pokemon verwandelt wurden. Die Fragen nach dem wie, warum und von wem bleiben zunächst offen. Fest steht jedoch, dass die Pokemon-Welt auch so schon mit genügend Problemen zu kämpfen hat. Unser Protagonist im Pokemon-Gewand beschließt kurzerhand als Anführer eines neu gegründeten Retterteams Abhilfe zu schaffen. Fortan rettet ihr allerhand Pokemon in Not, befreit sie aus misslichen Lagen oder erledigt dringliche Botengänge für sie – immer auf der Spur eines viel größeren Mysteriums, das schon bald die komplette Pokemon-Welt bedroht. Zugegeben, die Geschichte hinter Retterteam DX ist wie auch schon anno dazumal wahrlich nicht preisverdächtig, trägt sich aber insbesondere dank seiner niedlichen Protagonisten über weite Teile der Spielzeit besser als gedacht. Gerade die liebenswerten Dialoge helfen der doch recht seichten Story über so manche Durststrecke hinweg.

Eine Prise Taktik

Um euren Artgenossen aus ihrer individuellen Misere zu helfen, gilt es für euch und euren Trupp zufallsgenerierte Dungeons zu erkunden und zu meistern. Von Wäldern über Höhlen bis hin zu Gebirgen – jeder Dungeon hat eine beliebige Anzahl Ebenen, die ihr erklimmen müsst, bevor ihr euer Missionsziel abschließen könnt. Auf eurem Weg dorthin begegnet ihr nicht nur feindlich gesinnten Pokemon, sondern auch so manchem Schatz in Form von Beeren oder Belebersamen. Diese Gegenstände sind in der Tat überaus wichtig für euer Fortschreiten, denn das Durchqueren der einzelnen Dungeonebenen zehrt im wahrsten Sinne des Wortes an der Ausdauer eurer Schützlinge. Jedes eurer Taschenmonster verfügt nämlich nicht nur über eine eigene Lebens- und Erfahrungsanzeige, sondern auch über einen individuellen Hungerstatus. Hat sich eines der Pokemon beim Herumlaufen verausgabt, zerrt jede weitere Bewegung an seiner Lebensenergie, was ihr selbstverständlich tunlichst vermeiden solltet. Die Lösung: Habt immer genügend Proviant in euren Taschen, um den (großen) Hunger zwischendurch stillen zu können. Das ressourcensparende Navigieren durch einen Dungeon wird so neben einem durchdachten Itemmangement zu dem wohl wichtigsten Spielelement/elementarer Spielbestandteil und verleiht dem Remake eine angenehme taktische Komponente. Eine jede Map ist dafür in einzelne Kacheln aufgeteilt, auf denen ihr euch wie auf einem Schachbrett frei bewegen könnt. Das Fortbewegen mit Analogstick zeigt sich hier und da zwar etwas schwammig, die Navigation per Digipad klappt demgegenüber aber anstandslos.

Die Gitternetze erfüllen allerdings noch einen weiteren Zweck: Trefft ihr auf ein feindlich gesinntes Pokemon, startet augenblicklich ein Kampf, der sich nicht erst in einem neuen Kampfbildschirm manifestiert. Vielmehr spielt die Position eurer Kontrahenten just in diesem Moment eine entscheidende Rolle. Während einige Attacken so beispielweise nur über eine begrenzte Anzahl an Feldern funktionieren, können andere nur in entsprechende Richtungen ausgeführt werden. Die Wahl der richtigen Attacke und die Lage eures bis zu dreiköpfigen Teams können schon einmal über Sieg oder Niederlage entscheiden. Damit das Taktieren jedoch nicht in einem hektischen Herumgefuchtel endet, setzt Retterteam DX ähnlich wie die Spiele der Hauptreihe auf ein rundenbasiertes Kampfsystem, wenngleich dieses auf komplett andere Art und Weise inszeniert wird. Ihr verfolgt das Geschehen nämlich permanent aus einer Isoperpektive, was die Action zwar nicht allzu bildgewaltig in Szene setzt, dafür aber einen guten taktischen Überblick schafft. Jedes eurer Teammitglieder kann immer genau einen Move ausführen, bevor euer Gegenüber an der Reihe ist. Statuseffekte sind dabei ebenso wieder mit an Bord wie das klassische Stein-Schere-Papier-Stelldichein der einzelnen Pokemon-Typen.

Die verschiedenen Quests zeigen sich in ihrer Summe wenig variantenreich, der Ablauf ist prinzipiell immer derselbe: Ihr durchlauft einen Dungeon bis zu seiner letzten Ebene, kämpft gegen zahlreiche wilde Pokemon, sammelt so viele Schätze wie möglich ein und jongliert mit diversen Items umher. Eine wirkliche Herausforderung stellen die Missionen zu kaum einem Zeitpunkt dar. Eine willkommene Abwechslung sind da schon die Bossgegner, die am Ende eines Dungeons nur allzu oft auf euch losgehen. Trotz ihrer liebenswerten Inszenierung sind auch diese Auseinandersetzungen zumeist wenig anspruchsvoll und verlangen euch so gut wie nie echtes strategisches Geschick ab. Der Schwierigkeitsgrad ist auf weite Strecken viel zu simpel, die Tutorials zu ausufernd und das Pacing erinnert schon eher an entschleunigende Sonntagabende. Habt ihr eure erste Expeditionen einmal abgeschlossen, offenbart sich auch schon ein weiterer wichtiger Teil des Spiels: der Dorfplatz. Hier könnt ihr bei der Pelipper-Post neue Nebenquests annehmen, in der Snobillikat Bank überschüssiges Geld sicher verwahren, euch in Kecleons Laden mit neuen Items versorgen oder in Makuhitas Dojo eine Runde trainieren. Die kleine Stadt bietet zahlreiche Möglichkeiten, um euch auf eure nächsten Missionen vorzubereiten und stellt auch optisch eine nette Abwechslung zu den sonst sehr kargen Dungeons dar.

Schnapp sie dir (fast) alle!

Trotz des stellenweise monotonen Spielablaufs weiß Retterteam DX die Stärken des Pokemon Franchises zu nutzen. Nintendo setzt einmal mehr auf ein motivierendes Rollenspielsystem, das euren Reken mit jedem Levelaufstieg verbesserte Statuswerte sowie Attacken verleiht. Größter Motivationsfaktor ist aber wohl wie immer der Sammelwahn. Unter den ersten drei Generationen kann sich so ziemlich jedes Taschenmonster eurer Crew anschließen – entweder über das Erreichen von Quests oder zufällig im Anschluss an einen Kampf. Habt ihr euch also einmal an das repetitive Einmaleins in Retterteam DX gewöhnt und den drögen Einstieg hinter euch gebracht, zündet das “Schnapp sie die alle” Phänomen ohne Frage ein weiteres Mal. Einen Wehmutstropfen gibt es aber dennoch: Die für das Franchise so bezeichnenden Weiterentwicklungen werden aus unerfindlichen Gründen erst nach Abschluss der gut 20-stündigen Hauptstory freigeschaltet. So ist es doch nur allzu schade um das verschenkte Suchtpotenzial, wenngleich das ausgewogene Balancing letztlich davon profitieren mag.

Schönheitskorrekturen hier und da

Kein Nintendo Remake ohne einen ordentlichen Facelift. Ähnliches hatte sich der japanische Konzern wohl auch für Pokémon Mystery Dungeon Retterteam DX gedacht und dem Remake statt des oldschooligen Pixellooks eine charmante, neue Cell-Shading-Optik verpasst, die den niedlichen Taschenmonstern gut zu Gesicht steht. Nebst einer optischen Frischzellenkur können sich Spieler zudem über einige Komfortfunktionen freuen, die sich größtenteils aber an ein eher jüngeres Publikum richten dürften. So ist es via Tastendruck ab sofort möglich, euer Pokemon völlig autonom durch die Dungeons streifen zu lassen, während ihr dem Treiben gemütlich nebenher zuschaut. Über Shortcuts könnt ihr alle Attacken neuerdings zudem rasch anwählen, während ihr durch simples Drücken des A-Knopfes dem Spiel die Entscheidung darüber überlasst, welcher der vier verfügbaren Angriffe als nächstes ausgeführt werden soll. Pokémon Mystery Dungeon Retterteam DX wird auf Wunsch also zu einem Selbstläufer. Abseits davon hat Nintendo dem Actiontitel aber auch allerlei sinnvolle Detailverbesserungen spendiert, darunter Shiny-Pokemon ebenso wie den Pokémon-Typ Fee oder neue Items wie Schatzboxen und Top-Äther. Alles in allem also nette kleine Anpassungen, die das Spiel im Kern aber nur marginal beeinflussen.

Pokémon Mystery Dungeon Retterteam DX bedient sich offenkundig einiger Rogue-Like-Elemente ohne diese jedoch allzu beharrlich zu verfolgen. Neben zufällig generierten Dungeons bestraft euch das Spiel nämlich auch mit einer Lite-Variante des Perma-Deaths. Segnet ihr in einem Kampf das Zeitliche und könnt euch auch mittels Items nicht mehr vor dem Bildschirmtod retten, verschwindet der komplette Inhalt eures Inventars in den virtuellen Jagdgründen – Items, Geld und alle rekrutierten Pokemon mit eingeschlossen. Retterteam DX schafft so einen kleinen Nervenkitzel und ermahnt euch zum ständigen Abwägen: Wollt ihr eure Erkundungstour wirklich fortführen oder zunächst abbrechen, um eure Fundstücke in Sicherheit zu wissen? In der Theorie ein nettes, kleines, spannungsförderndes Mittel, wäre der Schwiergkeitsgrad nicht ohnehin schon viel zu simpel. In der Praxis kommt dies nämlich eher seltenst zum Tragen, zumal ihr euren Tod durch die Zuhilfenahme eines weiteren Retterteams oder durch die Anfrage eine anderen Spielers rasch vereiteln könnt.

Fazit

Pokémon Mystery Dungeon Retterteam DX ist im Grunde ein gelungener Dungeon Crawler, der mit seiner über 20-stündigen Kampagne und einer schier unendlichen Liste an Nebenquests auch einen enormen Umfang bereithält. Sieht man einmal von dem trägen und einschläfernden Einstieg ab, weiß Retterteam DX dank seiner charmanten Aufmachung und der süchtigmachenden Pokemon-Mechanik zu motivieren. Das Rogue-Lite mit Pokemon Label ist gerade für unterwegs ein netter und nicht zu anspruchsvoller Zeitvertreib, der in Zeiten von Budget-Smartphone-Spielen eine willkommene Abwechslung darstellt.

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Pokémon Mystery Dungeon Retterteam DX ist im Grunde ein gelungener Dungeon Crawler, der mit seiner über 20-stündigen Kampagne und einer schier unendlichen Liste an Nebenquests auch einen enormen Umfang bereithält. Sieht man einmal von dem trägen und einschläfernden Einstieg ab, weiß Retterteam DX dank seiner charmanten Aufmachung und der süchtigmachenden Pokemon-Mechanik zu motivieren. Das Rogue-Lite mit Pokemon Label ist gerade für unterwegs ein netter und nicht zu anspruchsvoller Zeitvertreib, der in Zeiten von Budget-Smartphone-Spielen eine willkommene Abwechslung darstellt. Test: Pokémon Mystery Dungeon: Retterteam DX